Sherlock - Unser Recap zu Staffel 4, Folge 3 The Final Problem

11.06.2017 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
SherlockBBC
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The Lying Detective hat uns das Warten unerträglich lang gemacht. Doch kann das große Finale der Anspannung gerecht werden? Heute Abend läuft das Finale der 4. Staffel von Sherlock ab 21:45 Uhr im Ersten.

Zuletzt hatten wir einen lügenden Detektiv. Im Finale der 4. Staffel Sherlock, The Final Problem (DT: Das letzte Problem), haben wir einen kämpfenden Detektiv. Denn das allerletzte Problem, der große, ungelöste Fall des Sherlock Holmes, erwartet uns. Im Vorfeld zur 4. Staffel wurde viel gemunkelt, ob eventuell der dritte Holmes-Bruder enthüllt werden könne. Im Cliffhanger der letzten Folge entpuppte sich dieser Bruder in einem geschickten Drehbuch-Schachzug dann als die verlorene Holmes-Schwester. Sie ist das letzte Rätsel, der große Gegner im Schatten. Doch ehe Sherlock (Benedict Cumberbatch) an sie herankommen kann, tut sie, was jeder Holmes-Gegner früher oder später tut: Sie fordert ihn zum Spiel heraus.

Eurus Holmes (Sian Brooke) ist aus gutem Grund „verloren“. Als Genie, das jedem Vergleich trotzt, ist sie leider auch die absolute, vollkommene Soziopathin. Das erfahren wir von Mycroft (Mark Gatiss) in einer ebenso aufgebrachten wie erschütternden Aussprache. Die nur als gestört zu bezeichnende Eurus wurde schon als Kind weggesperrt, auf Sherrinford, einer Insel in der irischen See. Ihr Talent, Menschen praktisch „umzuprogrammieren“, macht sie zum gefährlichsten Insassen dort. Natürlich treten wir gemeinsam mit Sherlock die Reise in dieses Askaban der Sherlock-Welt an. Schließlich hat Eurus in den letzten Folgen eindrucksvoll bewiesen, wie wenig weggesperrt sie tatsächlich ist.

Sherlock - Drei gegen Eurus

Sherlocks erste Begegnung mit seiner Schwester erinnert stark an unser erstes Zusammentreffen mit Dr. Hannibal Lecter. Hinter Glas und mit dem unguten Gefühl, von vorne bis hinten manipuliert zu werden, erwarten wir ihre ersten Worte. Kein Wunder also, dass sich der Gefängnisbesuch, schneller als uns oder Sherlock lieb ist, zu einer Falle entwickelt. Einer Mausefalle, um genau zu sein, denn John (Martin Freeman), Mycroft und Sherlock sind Eurus‘ neue Laborratten. Offenbar rein zur Befriedigung ihrer verdrehten Neugier an den menschlichen Emotionen und Gehirnen lässt sie die drei Rätsel lösen. Zu Hannibal Lecters Charakterzügen gesellt sich ein Anflug von Jigsaw. Die Aufgaben für die drei verdienen als Prädikat nämlich kein geringeres als „pervers“.

Kurze geistige Auszeit. Denkwürdig mit Queen (Bitte Video aktivieren) untermalt erscheint uns endlich der Mann, auf den wir seit dem Ende der dritten Staffel gewartet haben: Jim Moriarty (alias der unvergleichliche Andrew Scott). In (leider nur) einer Rückblende wird uns endlich der Ursprung seiner letzten Botschaft an Sherlock aufgedeckt. Wie nach diesem Folgenstart zu vermuten, ist sie lediglich eine Art Programmuntermalung für Eurus‘ Spiel. Die beiden durften einander in der Vergangenheit kennenlernen. Showrunner Steven Moffat und Mark Gatiss hätten Moriarty zur Marionette von Eurus Holmes machen können, aber sie konnten sich glücklicherweise beherrschen. Er bleibt selbständig, Eurus ist lediglich eine verwandte Seele für ihn. Trotz der Erleichterung über diesen Umstand schmälert sein immer wieder eingeblendetes Grinsen ein wenig die Begeisterung für den Napoleon des Verbrechens. Fast verkommt er zum Pausenclown.

Mit Moriarty als Countdown-Ticker zurück zum Geschehen: Ein menschenverachtendes Spiel nach dem anderen arbeiten sich Sherlock und sein Team voran. Eurus Holmes etabliert sich Stück für Stück zur Horrorgestalt. Wie Sherlock bekommt der Zuschauer das Gefühl, sich frustrierend schleppend auf kein erkennbares Ziel zuzubewegen. Hoffentlich mussten die Zuschauer über ihrer ungewohnten Hilflosigkeit nicht so sehr aus der Haut fahren wie der verzweifelte Sherlock, sonst dürften gestern Abend einige Wohnzimmertische zu Kleinholz verarbeitet worden sein. Wer durchhält bis zum Schluss, wird schließlich belohnt.

Benedict Cumberbatch in Sherlock-Denkerpose

Letztendlich kann es natürlich nur einen großen Holmes-Geist geben, und das ist der Sherlocks. Das letzte Problem wird mit rührenden und auch grausigen Enthüllungen gelöst und wir sitzen vollkommen überwältigt auf dem Sofa. The Final Problem ist strapaziös. Wer sich an The Great Game erinnert, unser erstes Staffelfinale mit Sherlock, wird das wiederverwertete Erzählprinzip schnell erkannt haben. Zu etwas Eigenem wird die Folge nicht durch die Struktur. Viel eher durch ihre Superlative, denn Eurus ist zwar mächtig wie Moriarty, doch irgendwie erscheint sie dreimal so grausam. Als Familienangelegenheit wird ihr Spiel so perfide, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Wie bei einem Staffelfinale üblich leiden, hoffen und zittern wir in höchstem Maße.

Ganz blenden kann The Final Problem trotz allem Nervenkitzel aber nicht. Das Spiel wird rund beendet. Die Folge enthält die wohl menschlichsten und intensivsten Momente Sherlocks seit Langem. Und trotzdem wird offenbar, dass Moffat und Gatiss langsam ihre Kapazitätsgrenze erreicht haben. Dass The Final Problem so sehr an The Great Game erinnert, ist Zeugnis dafür. Eine Flucht in „krasser, gemeiner, rasanter“ kann über die kreative Erschöpfung nach so viel hochgehaltener Qualität nicht hinwegtäuschen und einen Moriarty schlagen, kann das Finale nicht. Muss es auch nicht. The Final Problem ist so schöngeschliffen, so perfekt sättigend, dass es auch The Final Final heißen könnte. Die Folge wäre als Serienfinale ein wundervoll formuliertes Schlusswort. Wie die zwei Köpfe hinter Sherlock andeuteten, könnte es ab hier statt in Staffeln in gelegentlichen Einzelepisoden weitergehen. Wer nach wie vor Sherlock-typische Genialität wünscht, dürfte dieser Lösung sehr zugetan sein.

Eines steht jedenfalls fest: In der 221B Baker Street warten zwei Männer, die jedes Rätsel lösen können. Und wenn wir sie brauchen, werden sie da sein.

Wie hat euch das Sherlock-Staffelfinale The Final Problem gefallen?

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