Stolpersteine im Test zu Resident Evil Revelations 2

17.03.2015 - 16:30 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Claire Redfield – Im Fokus und dennoch unscharf
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Claire Redfield – Im Fokus und dennoch unscharf
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Die erzählerischen Ambitionen von Resident Evil Revelations 2 übertreffen alle bisherigen Franchise-Kollegen, aber kann Capcom tatsächlich eine funktionierende Mini-Serie aufziehen, die bis zur letzten Episode motiviert?

Das Comeback des Survival-Horrors ist weiterhin in vollem Gange und an der schaurigen Vielfalt der Indie-Szene stoßen sich mittlerweile auch die großen Publisher immer wieder ihre Köpfe. Da dies bekanntlich auch zum Nachdenken anregt, haben im letzten Jahr schon The Evil Within  und vor allem Alien: Isolation  zeigen können, dass der Markt auch für groß angelegten Grusel zu haben ist. Aber gerade Resident Evil, das Vorzeige-Franchise in Sachen Gänsehaut, hat sich mit falscher Panik und aufregenden Action-Sequenzen dahingehend ins Abseits befördert.

Glücklicherweise hat Capcom mit Resident Evil Revelations einen Weg gefunden, die früheren Tugenden in einer Spin off-Reihe zu kanalisieren. Dass atmosphärisch getriebene Horror-Elemente dadurch zu einem Testballon verkommen, ist schade. Dennoch konnte Resident Evil Revelations  damals auf dem 3DS beweisen, dass Resident Evil eben doch noch unsere Nerven kitzeln kann, anstatt uns nur mit Raketenwerfern in den Magen zu boxen. Resident Evil: Revelations 2  soll den selten gewordenen Fokus auf Survival-Mechaniken beibehalten und zudem eine vielschichtige Geschichte erzählen, die unsere Angst auch emotional aufladen soll. Klappt es denn?

Nein, tatsächlich leider nicht.

Dabei verfolgen die Entwickler unter Director Yasuhiro Ampo durchaus lobenswerte Ziele und probieren mit einem vierteiligen Episoden-Modell auch neue narrative Wege zu gehen. Aber trotz der parallelen Kampagnen von Barry und Natalie sowie Claire und Moira, den Bezügen auf die ersten Resident Evil-Teile und den persönlichen Thematiken des Spiels, schafft es Resident Evil Revelations 2 nicht, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Zumindest nicht auf der erzählerischen Ebene. Das liegt in erster Linie daran, dass Capcom sich durch die unkonventionellen Ansätze selbst überfordert.

Die Frau, das unbekannte Wesen

Besonders deutlich zeigt sich dies in der Geschichte von Claire Redfield und Moira Burton, die auf einem Event der TerraSave-Organisation entführt und auf eine entlegende Insel verschleppt werden, wo sie als Teil eines morbiden Experiments enden. Wo das Spiel hier mit zwei spielbaren weiblichen Helden eigentlich jede Menge Potential besitzt, gegen das Klischee zu schießen, nur Männer könnten glaubhaft in Überlebenssituationen agieren, stolpert Resident Evil Revelations 2 über die eigene Unfähigkeit Frauenrollen zu schreiben und sie sinnvoll miteinander in Beziehung zu setzen.

Die Bindung zwischen Claire und Moira bleibt blass

Claire Redfield bleibt über weite Strecken nahezu ohne eigene Motivation und gewinnt erst dann an Fahrt, als es um einen Mann geht. Moira hingegen leidet unter der gestörten Beziehung zu ihrem Vater. Also obwohl hier zwei Frauen aufeinandertreffen, die miteinander um das Überleben kämpfen, ist die eigene Charakterentwicklung von externen, männlichen Personen bestimmt. Zwischen den beiden bleibt die Chemie zweckmäßig und wird erst zum Ende hin emotional. Das ist vor allem deswegen schade, weil es die 6 Monate später erzählte Story um Barry und dem kleinen Mädchen Natalia durchaus schafft, sowohl auf die Suche nach Moira als auch auf die unverhoffte Gemeinschaft der beiden einzugehen.

Von Episoden und Cliffhangern

Diese Versäumnisse in den Charakterbögen fängt Resident Evil Revelations zwar durch die originelle Erzählweise auf, dennoch können auch die regelmäßigen Zeitsprünge nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Episodenmodell sich selbst nicht rechtfertigen kann. Wo es bei den Telltale-Spielen aufgrund der dichten Erzählstruktur Sinn macht, die narrativen Inhalte in Episoden aufzuteilen, passiert in Resident Evil Revelations 2 einfach viel zu wenig, als dass diese Methode hilfreich wäre.

Oft schreitet die Geschichte erst zum Ende der Episoden voran, wenn es darum geht einen spannenden Cliffhanger aufzuziehen. Darüber hinaus wird einzig und allein durch die Zwischensequenzen erzählt, in denen die Figuren urplötzlich andere Gefühlszustände offenbaren, als während des Spielens. Wo Barry gerade noch in gequälter Angst nach seiner totgeglaubten Tochter schreit, fragt er sich dann, ob es eigentlich auf dieser Erde auch noch ein Mädchen gibt, das auf ihn hört. Haha, Zwinkersmiley. Typisch Barry.

Bei Barry und Natalie wirkt die Ungleichmäßigkeit am stärksten

Der Löwenanteil der einzelnen Abschnitte ist durch das Abspulen der Gameplay-Mechaniken gefüllt. Und tatsächlich bekommt das Spiel hier die Kurve. Denn wo die Figurenkonstellationen erzählerisch dünn bleiben, profitiert Resident Evil Revelations 2 von dem Mut, die spielbaren Charaktere spielmechanisch asynchron zu entwerfen. Nur Barry und Claire können Waffen in die Hand nehmen und gegen die Zombiehorden vorgehen, ihre jeweiligen Zeitgenossen verfolgen die Kämpfe passiv und erfordern einen vollkommen anderes Vorgehen der Spieler.

Moira blendet die Gegner mit ihrer Taschenlampe und wirft aus der Entfernung seltene Flaschenbomben, Natalie kann auf Schwachstellen zeigen und sieht die Feinde auch durch Wände hindurch oder wenn sie eigentlich unsichtbar sind. Aber anstatt, dass sich diese Rollen weniger aufregend anfühlen, gewinnt vor allem der Koop-Modus durch die Gleichzeitigkeit von Schlagkraft und Verletzbarkeit an Reiz.

Spaß auf den billigen Plätzen

Der eigentliche Überlebenskampf spielt sich konservativ und bringt keine allzu großen Neuerungen mit. Die Kamera ist oft eigenwillig und versperrt uns durch die unflexible Bewegung der Spielfiguren den Blick auf das Geschehen. Zwar können wir uns mit einer kleinen Tastenkombination relativ fix um 180° drehen, dennoch laufen wir oft an der Gefahr vorbei oder erschweren uns das Zielen. Die Waffen lassen sich mit Waffenteilen aufrüsten und an das Gegneraufkommen anpassen, dies ist aber weniger für die Kampagne relevant, sondern eher für den Raid-Modus bestimmt.

Der Raid-Modus ist weit mehr als nur eine Dreingabe

In diesem alternativen Spiel-Modus kämpfen wir uns durch kurze Level, die mit simplen Auflagen und Zielsetzungen aufwarten und stufen unseren Charakter so immer weiter auf. In Verbindung mit der Möglichkeit Ausrüstung zu finden und der im Vergleich zum Hauptspiel viel umfangreicheren Gegnervielfalt, kann sich das Gameplay von Resident Evil Revelations erst hier voll entfalten. Auch wenn der Fortschritt oft von der Bereitwilligkeit zu Grind-Methoden abhängt, motiviert der Mix aus Rollenspiel und Third Person-Shooter insgesamt bedeutend mehr als der Kerninhalt des Spiels.

Fazit

Resident Evil Revelations 2 verdient Anerkennung für den Versuch, gegen die Erwartungshaltungen anzukämpfen, muss aber auch dafür getadelt werden, dass die erforderliche Konsequenz dafür nicht vorhanden ist. Die erzählerischen Möglichkeiten werden vernachlässigt, was dazu führt, dass der Beigeschmack bleibt, Capcom scheitere an dem narrativen Aufwand, anstatt dass die Entwickler diesen einfach nur scheuen. Dafür überrascht das Spiel aber mit einem mehr als soliden Raid-Modus, der vor allem zu zweit langfristig motivieren kann.

Resident Evil Revelations 2 wurde uns in Form eines Download-Keys zur Verfügung gestellt. Alle Aussagen beziehen sich auf die PS4-Version.

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