Tatort - Adams Alptraum setzt Saarland-Trend fort

26.01.2014 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Adams Alptraum
Saarländischer Rundfunk
Tatort - Adams Alptraum
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Mit der Aufwärmphase eines jungen Teams lässt sich der neue Tatort aus dem Saarland nicht mehr entschuldigen. Stellbrinks Exzentrizitäten fallen weniger auf, dafür das unter seinen Handlungssträngen zusammenbrechende Drehbuch umso mehr.

Etwas läuft falsch im Saarland. Das wissen wir spätestens seit dem unfreiwilligen Abgang der Tatort -Kommissare Kappl und Deininger nach nur sieben Fällen. Dass das Kind aus dem Brunnen nicht mehr heraus kraxeln kann, zeigt Tatort: Adams Alptraum, der dritte Einsatz von Stellbrink (Devis Striesow) und Marx (Elisabeth Brück). Die Fälle von Kappl und Deininger gehörten zum unteren Tatort-Mittelfeld, als Team liefen die beiden unscheinbaren Herren rund. Die Sperenzchen von Stellbrink wurden seit Tatort: Melinda und Tatort: Eine Handvoll Paradies gedrosselt. Der kindliche Kommissar erdrückt seine Kollegen trotzdem, weshalb Marx und Co. vor lauter Sauerstoffmangel wie Pappkameraden in der Kulisse stehen und manches Mal so spielen. Vielleicht ist der Krimi deswegen von oben bis unten blau. Gerade Elisabeth Brück wirkt oft, als wäre sie gern woanders, in einem besseren Krimi zum Beispiel oder einem Gespann, in dem ihre Figur mehr als nur Stichwortgeber ist. Dabei verlangt die Happy-Go-Lucky-Attitüde von Devid Striesow nach einem starken, ernsten Gegengewicht, besonders wenn sich der Tatort mit dem Vorwurf des Kindesmissbrauchs und Internet-Mobs befasst. Die vor sich hin modernde Figurendynamik ist aber nur das kleinste Problem, dient doch ein erschreckend plakatives Drehbuch als Grundlage.

Lokalkolorit: “Blau, blau, blau sind alle meine Kleider. Blau, blau, blau ist alles, was ich hab.” Regisseur Hannu Salonen, der auch die beiden anderen Stellbrink-Tatorte inszenierte, bleibt dem kontrastreichen, mit satten Farben angereicherten Look treu. Der wird zuweilen durch eindringliche Bildkompositionen ergänzt, etwa wenn die Braut samt Kleid verlassen in ihrem zu groß gewordenen Wohnzimmer hockt. Das Blau des Schwimmbads, in dem das Opfer zu Beginn seinem Ehrenamt nachgeht, zieht sich durch den ganzen Film. Regionale Eigenheiten stechen auch in diesem Saarland-Tatort kaum hervor und so bleibt höchstens dieser ästhetische Kniff in Erinnerung, der die Welt der Augenfarbe von Devid Striesow anzugleichen versucht.

Plot: Der ehrenamtliche Schwimmtrainer Sven Haasberger wird mitten auf der Straße von einem Mob Vermummter verprügelt und landet auf der Intensivstation. Während Tochter, Ex-Frau und Verlobte um sein Leben bangen, finden Stellbrink und Marx heraus, dass im Internet Gerüchte im Umlauf waren, Haasberger hätte Jungs missbraucht. Schnell geraten die Infos an die Presse und eine Hetzkampagne beginnt. Doch Stellbrink zweifelt an der Schuld Haasbergers und bringt sich für die Lösung des Falls selbst in Gefahr.

Unterhaltung: In den ersten zehn Minuten dieses Tatorts liest Elisabeth Brück die Definition (!) des Wortes “Flashmob” vor. In den letzten zehn Minuten wird in einem Dialog der Kommissare unglaublich elegant eine Frage eingeworfen, die mit “Wisst ihr, was ich überhaupt nicht verstehe?” beginnt und mit einer Erklärung der Handlung beantwortet wird. Faul ist gar kein Ausdruck für diese Art der Zuschauerunterforderung in einem Krimi, der ein nicht sonderlich hippes Internetphänomen aufnimmt, um eine zum Ende völlig widersprüchliche Geschichte um Kindesmissbrauch und -vernachlässigung zu erzählen. Es mag sein, dass Stellbrinks Sorge um seinen kletternden Sohnemann eine nette motivische Rahmung abgibt, aber wenn die Kernhandlung in einem der dümmsten Tatort-Finale der letzten Zeit endet, kann das Sahnehäubchen den verbrannten Kuchen nicht retten.

Tiefgang (Spoiler) Was wirklich wütend macht an diesem Tatort, ist die Nonchalance, mit der dem Zuschauer die Beweggründe der Figuren verfüttert werden. Hat die Grundidee des Krimis – eine ‘Verletzung’ führt zu einem in Gewalt endenden Dominoeffekt – das Potenzial einer mitreißenden Charakterstudie, verlegt sich das Endergebnis auf unglaubwürdige Kurz-Vor-Knapp-Erklärungen. Die Tochter will mehr vom Papi haben, sich aber auch irgendwie rächen und bezichtigt ihn deswegen des Missbrauchs. Logisch. In einem anderen Krimi, der dieser so zentralen Figur Leben eingehaucht hätte, ließe sich diese Hassliebe aus dem Charakter erklären. In Tatort – Adams Alptraum wird sie nachträglich angetackert, um einen weiteren von zu vielen Handlungssträngen fix zu beenden. Aber wenigstens wird dieser Strang bis zur Auflösung verfolgt, müsste es eigentlich heißen. Stellbrinks verdeckter Einsatz, um einen Mob hervorzulocken, ist nicht nur eine schlecht geschriebene, organisatorische Katastrophe, sondern ein konstruiert wirkender Spannungsmoment, der die Ermittlungen kein Stück weiter bringt.

Mord des Sonntags: Jede Hoffnung, dass von diesem Team noch ein guter Tatort kommt.

Zitat des Sonntags: “Das ist alles Inspiration. Das meiste, das wir hier machen, ist Transpiration.”

Ein weiterer schwacher Tatort aus dem Saarland war das. Oder was meint ihr?

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