Tatort - Charlotte Lindholm & Das goldene Band

16.12.2012 - 21:45 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Tatort - Das goldene Band
NDR/ARD
Tatort - Das goldene Band
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Tatort – Wegwerfmädchen hatte letzte Woche nicht wenige Krimifans positiv überrascht. Heute legten Maria Furtwängler und das Team des NDR mit der Fortsetzung Das goldene Band nach, die das Niveau leider nicht halten konnte.

Menschenhandel sowie die Korruption bis in höchste Kreise hatten in Tatort: Wegwerfmädchen letzte Woche für Spannung gesorgt. Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) wurde an den Rand ihrer Kräfte gebracht und so gab es berechtigte Vorfreude auf Tatort: Das goldene Band , der heute in der ARD Premiere feierte. Doch der neue Tatort aus Niedersachsen verschenkt das Potenzial und verliert sich im völlig unglaubwürdigen Versuch, ein Happy End bereit zu stellen.

Lokalkolorit: War Tatort – Wegwerfmädchen noch von einer sozialen Kälte durchzogen, die im Menschenhandelt mit Mädchen aus Weißrussland ihren Höhepunkt fand, setzt Tatort – Das goldene Band alles daran, die Welt wieder ins rechte Lot zu bringen. Von den dreckigen Rändern der Gesellschaft wandert der Krimi diesmal zur High Society Hannovers mit ihren Villen und geschlossenen Gesellschaften, in denen die Gesetze von Morgen verschachert werden. Wachrscheinlich ist es gerade diese Verlagerung der Aufmerksamkeit, welche den neuen Tatort atmosphärisch gelackt und nichtssagend erscheinen lässt. Immerhin ergibt sich dann beim Trip nach Weißrussland ein passender Kontrast zu den Lebensumständen der namenlosen Opfer reicher deutscher Herren.

Plot: Als der mutmaßliche Mörder des Wegwerfmädchens im Knast stirbt, riecht Charlotte Lindholm ihre Chance, um den Fall rund um eine mysteriöse Party und deren Opfer wieder aufzunehmen. Sie glaubt nicht an das Geständnis des Toten, was ihrem Vorgesetzten ganz und gar nicht gefällt. Doch mit Hilfe der Kollegin Carla Prinz (schön kratzbürstig: Alessija Lause) und später auch Boyfriend-Journalist Jan Liebermann (Benjamin Sadler) kommt sie den Drahtziehern der Vertuschungsaktion auf die Spur. Ein Immobilienhai (Bernhard Schir) hatte die Party organisiert, um mit seinen Politiker-Freunden auf ein Gesetz anzustoßen, das er (natürlich im Geheimen) in die Wege geleitet hatte. Den entscheidenden Beweis für diese Verwicklung entdecken Charlotte und Jan leider erst auf dem weißrussischen Land, ein Abstecher welcher nicht nur der Beziehung der beiden ein Ende setzt, sondern auch der Glaubwürdigkeit dieses Problemkrimis.

Unterhaltung: Es hätte alles so spannend enden können. Doch anstatt sich auf das Ringen mit den reichen Verschwörern in der niedersächsischen Hauptstadt zu konzentrieren, bröseln die Macher von Tatort – Das goldene Band die Dramaturgie ihres Krimis soweit auf, dass am Ende eine Ansammlung wenig plausibler Plotwendungen in Erinnerung bleibt. Über einen Journalisten, der all seine lebenswichtigen Informationen im klapprigen Schrank eines heruntergekommenen Hotelzimmers versteckt und sich dann über Diebstahl wundert, lässt sich hinwegsehen. Ebenso über jene lächerliche Sequenz, in der der Immobilienfuzzi Jan vor seinen Kumpanen unter Druck setzt, während unsere Kommissarin (ganz zufällig) im The Wire -Stil Fotos davon knipst. Wenn die beiden leicht verkrachten Liebenden dann aber ohne Absprache nach Weißrussland jetten und zur gleichen Zeit am gleichen Ort übereinander stolpern, bleibt nur noch die Verwunderung über hanebüchen konstruierte Spannungsmomente.

Tiefgang: Charlotte Lindholm rettet die Welt. So oder so ähnlich lautet das Fazit dieses Tatorts, der dem offenen und vor allem düsteren Ende seines Vorgängers eine Absage erteilt. Zwar zerbricht in einer der besseren Szenen der Produktion die Beziehung von Kommissarin und Journalist. Die gute Frau gleich zweifach gegen eine Wand rennen zu lassen, traut sich der Krimi allerdings nicht. Dabei geht es hier nicht einmal um eine Ächtung von Happy Ends. Nur wirkt es latent gezwungen, wenn es nicht genügt, den Ring reicher alter Lustmolche auffliegen zu lassen, sondern auch noch eine Mutter-Tochter-Reunion für die Zwangsprostituierte Larissa (Emilia Schüle) in die Wege geleitet werden muss. Der Weißrussland-Ausflug bricht Tatort – Das blaue Band leider das Genick. Dagegen verblassen schließlich charakterstarke Szenen wie etwa jene, in der die Kommissarin dem Immobilienhai vor den Augen seiner Töchter eine Speichelprobe abverlangt.

Mord des Sonntags: Erst verscherbelt er seine Tochter an Menschenhändler, dann wird Larissas Vater von einem korrupten weißrussischen Polizisten erschossen.

Zitat des Sonntags: ‘Es gibt beliebtere Kollegen als Frau Lindholm.’

Nach dem überraschend starken letzten Tatort ist die Fortsetzung eine herbe Enttäuschung oder seht ihr das anders?

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