Tatort: Erkläre Chimäre - Ehe für alle, auch in Münster

31.05.2015 - 20:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
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Das ist Münster, wie es leibt und lebt! Im durchaus amüsanten Tatort: Erkläre Chimäre geben sich Thiel und Boerne als Pärchen aus und ein paar Todesfälle gibt es nebenbei auch noch aufzuklären.

Am Ende wird alles Sinn ergeben, versprochen! Im neuen Tatort aus Münster wird der Krimi-Stoff für zwei 90-Minüter in den ersten 15 Minuten ausgebreitet, nur um ihn erstmal gelangweilt beiseite zu schieben. Wie in so gut wie allen Münsteraner Fällen ist auch in Tatort: Erkläre Chimäre! die Polizeiarbeit nur Mittel zum Witz, diesmal angereichert durch eine überraschend zeitgemäße komödiantische Idee: Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) geben sich für einen reichen Onkel aus den Staaten als Paar aus. Was bei manchem vielleicht die Alarmglocken läuten lässt. Immerhin reden wir hier über eine TV-Institution - gefühlt so alt wie staatlich legitimierte heterosexuelle Lebensgemeinschaften - deren erster offen schwuler Ermittler  dazu verdonnert wurde, den Currywurst-Aficionados aus Köln das Internet zu erklären. Nun also, ebenfalls beim WDR, ein zufälliger #EhefürAlle-Kommentar aus Münster. Ob das gut gehen kann?

Tatort: Erkläre Chimäre

Es gibt eine ziemlich grandiose Episode der Harald Schmidt Show aus Sat.1-Zeiten, in der Schmidt und Late Night-Abschnittsgefährte Manuel Andrack als Rentner-Ehepaar in einem Intercity-Thalys eine Reise zwischen Trier und Emden nachspielen. Zwischen den Mini-Tetra-Packs mit O-Saft und gummiartigen Hühnerschnitzeln nehmen die beiden da sehr gekonnt ein allseits bekanntes Spießbürgertum auf die Schippe, das mit dem Alter und 40 Jahren Ehe geradezu unvermeidbar erscheint. Das Grandiose an diesem und vielen anderen Sketchen der Schmidt-Andrack-Jahre bleibt aber, die Grenzen verschwimmen zu sehen. Zwischen dem alten Ehepaar und den langjährigen Arbeitskollegen. Anders gesagt: Der Sketch wäre nur halb so gut, wäre Andrack ein professioneller Schauspieler.

Nun strebt ein Tatort aus Münster nicht nach der trügerischen Offensichtlichkeit eines Harald Schmidt-Sketches und so lustig wie Andracks Erzählung seines Buttertraumas waren Thiel und Boerne seit Jahren nicht. Aber dem Drehbuch von Stefan Cantz und Jan Hinter gelingt in Tatort: Erkläre Chimäre eines recht gut. Die Scheinbeziehung der beiden Krimihelden wird nicht für eine filmische Rezitation von Schwulen-Klischees missbraucht, sondern verdichtet das bereits Bekannte. Thiel und Boerne, die Nachbarn und Kollegen, stehen diesmal unter einer besonders großen Lupe. Vielleicht spielt Christine Urspruch ihre Gerichtsmedizinerin Silke Haller diesmal deswegen mit einen ungewohnt humorlosen Ärger, wenn Prof. Boerne wieder einmal eine seiner arroganten, politisch-unkorrekten Bemerkungen loslässt. Dank der für eine Villa in Florida aufgesetzten "eingetragenen Lebenspartnerschaft" wirken die Zänkereien von Kommissar und Mediziner schließlich noch verbohrter und lächerlicher als sonst, ihre Marotten so aufgerieben und überstrapaziert wie Thiels Stimmbänder nach einem Luftröhrenschnitt.

Für Unterhaltung sorgt denn auch eher, wie der "Indizienmarathon" mit seinen diversen Todesfällen, versunkenen Champagner-Flaschen und expandierenden Taxi-Unternehmen auf Linie gebracht wird, als das "warum" dahinter. Der eigentliche Krimi im Münsteraner Tatort ist bekanntlich nur Beiwerk, ebenso wie Gevatter Tod ausschließlich an der Anzahl der Obduktions-Gags gemessen wird. Über den Schein-Bestand der Lebenspartnerschaft zwischen Thiel und Boerne können wir jedenfalls froh sein. Dass in diesem Tatort das halbe Ensemble im Krankenhaus endet, ist nämlich bestimmt kein Zufall.

Mord des Sonntags: Zwar kein Mord, aber immerhin ein Bolustod mit anschließendem Kehlenschnitt.

Zitat des Sonntags: "Wie war ich?" - "Wie immer. Weniger wäre mehr."

Wie hat euch der Tatort aus Münster gefallen?

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