Test zu Battlefield Hardline – CSI: Durchwachsen

18.03.2015 - 13:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Battlefield Hardline
Electronic Arts
Battlefield Hardline
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Mit Battlefield Hardline möchte EA neue Gefilde betreten und das altbekannte Militär-Setting durch coole Cops, böse Gangster und jede Menge Drogen austauschen. Ob und wie gut das im Singleplayer funktioniert, erkläre ich euch in meinem Test.

In den letzten Jahren habe ich eine gesunde Skepsis gegenüber Singleplayer-Kampagnen in Ego-Shootern entwickelt. Nach Call of Duty 4: Modern Warfare  hat die Qualität der Einzelspieler-Ausflüge stetig abgenommen, was schlicht an grauenhaftem Storytelling und fehlender Innovation lag. Durch Advanced Warfare  schöpfte ich dann allerdings wieder Hoffnung, denn die Geschichte rund um Jeremy Irons alias Kevin Spacey war durchaus spannend. Mit Battlefield Hardline  will jetzt auch Electronic Arts den Fokus wieder auf eine zufriedenstellende Handlung legen – mit guten, bösen und stets coolen Cops. Das funktioniert jedoch nur manchmal.

Daran ist unter anderem der zähe Start des Spiels Schuld, der mich zunächst daran gehindert hat, wirklich in die Story einzusteigen. Entwickler Visceral lässt sich sehr viel Zeit für die Einführung der Charaktere und des Settings, was bei der mangelnden Komplexität eben dieser gar nicht nötig gewesen wäre. Protagonist Nick Mendoza ist ein gutgläubiger Polizist, der es mit dem Gesetz sehr ernst sieht, sein Partner Stoddard verkörpert das exakte Gegenteil. Mendozas spätere Partnerin Khai ist etwas interessanter, wirklich packen konnte mich allerdings keine der Figuren. Dadurch wird viel Potential verschenkt, denn vor allem die grafische Umsetzung, insbesondere das Niveau der Gesichtsanimationen, hätte starke Charaktere sehr gut unterstützen könnte.

Darüber hinweg tröstet allein die Tatsache, dass das Zusammenspiel zwischen Nick und seiner Kollegin im Laufe der knapp sechsstündigen Kampagne langsam, aber sicher entwickelt. Hin und wieder schafft es Visceral sogar, ein Grinsen über mein Gesicht zu schicken, denn in einigen Passagen nimmt sich Battlefield Hardline nicht wirklich ernst. Vorsichtig eingestreute Gags sorgen dafür, dass das ansonsten sehr ernste Setting etwas aufgelockert wird, ohne lächerlich zu wirken. Das ist etwas, was ich dem Titel nie zugetraut hätte, gleichzeitig bin ich sehr froh darüber, denn diese Prise Humor hat er wirklich nötig.

Das liegt vor allem daran, dass sich Hardline als spielbare Cop-Serie versteht (es gibt sogar Flashbacks à la "Was bisher geschah" sowie Ausblicke auf die nächsten Episoden beim Beenden) und dementsprechend klischeebeladen daherkommt. Durch die witzigen Elemente täuscht das Spiel zumindest teilweise darüber hinweg, dass es sich – wie eben auch CSI: Miami und Co. – auf übercoolen Sprüchen und knallharten Charakteren ausruht. Würde sich Hardline tatsächlich ernst nehmen, hätte ich während der Kampagne vermutlich dauerhaft eine Gänsehaut vor Fremdscham gehabt.


Hardline traut sich nicht nur einiges in puncto Storytelling, auch das Gameplay hat sich im Vergleich zu den Vorgängern stark verändert. Anstatt schwerer Gewehre gibt mir Visceral zunächst nur Pistolen in die Hand, im Laufe des Spiels gesellen sich dann allerdings auch die üblichen Verdächtigen dazu. Besonders wichtig sind die neuen Gadgets wie Greifhaken und Ziplines, mit deren Hilfe ich erhöhte Plattformen erreichen und von einem Hausdach aufs nächste gelangen kann. Nach dem Tutorial zu den beiden neuen Tools musste ich jedoch nie wieder auf sie zurückgreifen, es sei denn, ich wollte jede noch so kleine Ecke des Levels abgrasen. Das lohnt sich auch oftmals, denn neben dem eigentlichen Missionsziel hält jede Episode mehrere Nebenmissionen bereit, in denen es entweder gilt, Beweise für einen Fall zu sammeln oder gesuchte Personen festzunehmen. Für beides musste ich auf Mendozas Scanner zurückgreifen, der per Knopfdruck Gegner und wichtige Punkte wie explosive Gegenstände oder Alarmschalter markiert.

Das Scannen ist zudem nötig, wenn ich mich durch das jeweilige Gebiet schleichen wollte, anstatt mit schierer Waffengewalt durch die Gegner zu schießen. Battlefield Hardline hat mir durchgehend mehrere Möglichkeiten gegeben, eine Mission zu absolvieren, wobei nur die leisere Variante die essentiellen Schwächen des Gameplays preisgibt. Sobald ich mir einen Überblick über die Umgebung verschafft habe, lenke ich Gegnergruppen mit leeren Patronenhülsen ab, zeige meine Dienstmarke und nehme einen Bösewicht nach dem anderen fest.

Die KI gehört dabei mit zum Dümmsten, was ich in den letzten Jahren erlebt habe, denn viele Pixel-Schurken sind entweder völlig blind oder taub. Wenn ich zehn Meter neben ihnen einen Typen festnehme, der mich währenddessen auch noch wüst beschimpft, werde ich trotzdem geflissentlich ignoriert. Kurios: Festgenommene Gegner haben nach erfolgreicher Überwältigung Schlaf-Symbole über dem Kopf und bewegen sich kaum. Wenn einer ihrer Freunde dann über sie stolpert, sagen sie nicht, was passiert ist und schweigen weiterhin den Boden an. Dinge wie diese passieren in Battlefield Hardline fast am laufenden Band, was die Glaubwürdigkeit mit Füßen tritt.


So verkommen die Stealth-Mechaniken zu einem repetitiven und nahezu lächerlichen Ersatz für die klassische Waffengewalt. Ein Trost sind die zusätzlichen Belohnungen, die ich bekomme, wenn ich schleichend Bösewichte festnehme, auf die ein Haftbefehl ausgesetzt ist. Die Belohnungen umfassen dabei hauptsächlich Waffen, die ich jedoch auch freischalte, wenn ich sie von toten Gegnern aufsammle. Ansonsten hält das Item-System die üblichen aus den Vorgängern bekannten Aufsätze und Verbesserungen bereit: Mithilfe des Schalldämpfers ist es beispielsweise etwas einfacher, Gegner leise auszuschalten. Wirklich nötig hatte ich es beim Durchlauf auf dem normalen Schwierigkeitsgrad allerdings nie, mein Loadout lange zu überdenken. Ich habe schlicht die Waffen mitgenommen, die mir am meisten Spaß gemacht haben. Das Gunplay in Hardline funktioniert dabei sehr gut, das Spiel gibt mir stets genug Feedback zur Stärke des jeweiligen Schießprügels und auch in Sachen Sound machen die Pistolen und Gewehre einen guten Eindruck. All das führte dazu, dass ich mich in den meisten Situationen dazu entschieden habe, alle Stealth-Elemente zu ignorieren und den klassischen Weg zu gehen.

Fazit

Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass sich Battlefield Hardline mehr traut. Die neuen Gameplay-Elemente sind teils nette Dreingabe, teils jedoch einfach nicht durchdacht. Vor allem das Stealth-System sticht dabei hervor: Die unfreiwillig komische Inszenierung der Festnahmen und die dumme KI sorgten dafür, dass ich die neuen Mechaniken so gut wie nie verwendete. Auch in puncto Story gewinnt der Titel leider keinen Pokal, dazu sind die Charaktere schlicht zu blass und die gängigen Cop-Klischees zu stark ausgeprägt. Der vorsichtig eingesetzte Humor betreibt hierbei glücklicherweise Schadensbegrenzung. Ein schlechtes Spiel ist Hardline keinesfalls, allerdings ist nach wie vor zu erkennen, dass das Herzstück der Multiplayer- und nicht der Singleplayer-Modus ist. Die neue Kampagne geht zwar in die richtige Richtung, scheitert dann jedoch oft an der Umsetzung.


Battlefield Hardline wurde mir in Form eines Retail-Keys für den PC von Electronic Arts bereitgestellt. Um bereits vor dem deutschen Launch auf die Funktionen des Titels zugreifen zu können, musste ich Origin via VPN starten und der Plattform eine amerikanische IP vorgaukeln. Unseren Test zum Multiplayer-Modus findet ihr hier .

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