Test zu Bloodborne: Blutiger Anfänger aus Leidenschaft

27.03.2015 - 12:46 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Das Böse und das Fremde
Sony Computer Entertainment
Das Böse und das Fremde
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Bloodborne wagt viel Neues und will das Souls-Erbe nun auch auf der PS4 vertreten, doch kann die Neuausrichtung mit mehr Bestien und weniger Schulterpanzern noch dasselbe Spielgefühl vermitteln, das wir in angstvoller Ehrfurcht erwarten?

Auch wenn es sich nicht wirklich lohnen würde, meinen Wortschatz zum Schutz auf einer einsamen Insel zu vergraben, fällt es mir in der Regel leicht genug, diejenigen Worte zu finden, mit denen ich Videospiele und ihre Eindrücke auf mich beschreiben kann. Im Falle der wundersamen Souls-Reihe sieht das allerdings ganz anders aus.

Und dies scheint nicht nur mir so zu gehen, denn fast überall scheinen sich die Leute im Bezug auf Demon's Souls , Dark Souls  und zuletzt auch Dark Souls II  in ihrer Sprachlosigkeit damit zu begnügen, mit dem Finger auf den Schwierigkeitsgrad zu zeigen und zu betonen, wie selten sowas doch geworden ist. Früher waren Spiele ja noch schwer und hatten Ansprüche an den Spieler. Schön zu sehen, dass sich die Entwickler hier noch etwas trauen, endlich wieder eine Herausforderung!

Die wunderbare Leichtigkeit des Schwierigkeitsgrads

Diese Reduzierung auf den stark subjektiv geprägten Begriff von Schwierigkeit gibt die besondere Spielerfahrung der Souls-Titel nicht nur verkürzt wieder, sondern wird auch der kunstvollen Qualität nicht gerecht, die From Software hier in erstaunlicher Regelmäßigkeit abzuliefern vermag. Mit Bloodborne  fällt zwar nun der Souls-Zusatz unter den Tisch, der konsequenten Attitüde des Action-Rollenspiels tut dies jedoch keinen Abbruch. Unter der erneuten Schirmherrschaft von Director Hidetaka Miyazaki knüpft der thematische Neuanfang aber nicht nur an die Vorgänger an, tatsächlich stellt Bloodborne sogar den stilsicheren Höhepunkt der bisherigen Reihe dar.

Die wirre Spielwelt spart mit bekannten Klischees

Diese Aussage treffe ich übrigens nicht aus spielmechanischen Gründen, denn was die Komplexität der Statuswerte, die Pluralität der Kampfstile und den Umfang des Upgrade-System angeht, so wirkt Bloodborne auffallend entschlackt und bietet insgesamt bedeutend weniger Möglichkeiten, um sich selbst und den eigenen Charakter auf das kommende Abenteuer vorzubereiten. Dieser Abschied von theoretischen Details rüttelt aber keineswegs an der Herausforderung, die auch Bloodborne weiterhin darstellt, wenn nicht sogar noch mehr als die gefürchteten Vorgänger.

Tatsächlich hat From Software dafür gesorgt, dass der Anspruch an den Spieler identisch bleibt, allein mechanische Unbequemheiten wurden aus dem Spielcode befreit. So müssen wir nicht mehr Heilkräuter farmen oder undurchsichtige Charakterwerte analysieren. Wir werden aus den Menüs herausgerissen und in den Kampf geworfen.

Angriff ist die einzige Verteidigung

Und dieser Kampf ist aufregender als je zuvor, denn vorbei sind die Zeiten, in denen wir als schwerbewaffnete Schildkröte durch die Level kriechen konnten und nur im richtigen Moment den Kopf einziehen mussten. Aus der Ganzkörperrüstung wurde eine lässige Lederkluft und aus dem Schild eine Holzpistole. Noch nie waren wir schutzloser als in Bloodborne und noch nie zwang uns die Reihe so sehr in den aktiven Kampf. Obwohl das digitale Ableben so nahe liegt, müssen wir uns mit präzisen Schlachtwerkzeugen auf unsere Feinde stürzen und können uns kein Zögern erlauben.

Dem allgegenwärtigen Tod können wir dieses Mal nur dann ein Schnippchen schlagen, wenn wir ihn direkt in die Augen blicken, auf ihn zurennen und mit einer blutigen Säge effizient zerteilen. Bloodborne erfordert weitaus mehr Mut als die Vorgänger und tut gleichzeitig alles, um uns zu entmutigen.

Bloodborne reiht Blutrünstigkeit an falsche Neutralität

Diese glückliche Fügung ergibt sich aus der konsequenten Verheiratung von Spielmechanik und Art Design, denn Bloodborne wechselt nicht einfach nur das Setting und schlägt ein für die Souls-Reihe unbekanntes viktorianisches Kapitel auf, sondern stellt unter Beweis, wie wichtig ist es, dass alle Aspekte eines Videospiels der gemeinsamen Intention der Spielerfahrung zuarbeiten. Wir haben nicht nur Furcht vor den Gegnern, weil sie uns durch ihre Stärke bedrohen, sondern auch, weil sie uns durch ihre Erscheinung einschüchtern.

Zwar gibt es auch den Oger mit dem schweren Hammer, wirklich involviert sind wir aber erst dann in Bloodborne, wenn uns das Spiel mit Feinden konfrontiert, die nicht durch Muskeln, Zähne und Klauen als eindeutig gefährlich markiert sind. So wanken auch 4 Meter-Giganten auf uns zu, die dürr und schwach wirken, sie lassen uns nicht durch sichtbare Brutalität erschaudern, sondern durch eine unbestimmte Vagheit. Mit neutralen Masken und schweren Glocken wirken diese Riesen nicht bedrohlich, sondern fremd.

Die Angst vor der Unbestimmtheit

Und diese vage Fremdheit, diese Andersartigkeit macht den größten Reiz von Bloodborne aus. So wie wir die Gegner oftmals nicht einschätzen können und ihnen lieber in vorsichtiger Ehrfurcht begegnen, so ist auch die Levelarchitektur nicht einfach nur eine Infrastruktur für das Gameplay, sondern erzählt uns durch die klaustrophobische Enge der ansonsten riesenhaften Stadt Yharnam auch viel über die von schauderhaften Wundern angefüllten Welt.

So sind die Keller und unterirdischen Gänge der Kanalisation überzeichnet tief in den Boden gedrückt, dass wir symbolhafte, riesige Leitern hinabsteigen und während des überlangen Abstiegs spüren, wie tief dieser Abgrund eigentlich ist. Dort angekommen, finden wir unsere Gegner gedrungen auf den Steinen liegend vor, als wollten sie eigentlich noch tiefer hinab. Bellend knurrende Krähen krabbeln über den Boden und schlaksige Leichen kriechen durch das Schmutzwasser auf uns zu und stöhnen unter ihrer ewigen Agonie.


Auch wenn uns die Geschichte von Bloodborne nicht allein motivieren kann, so ist auch die Erzählweise des Spiels nur ein kleines Rädchen, das ebenso auf die unbestimmte Vagheit der Spielwelt hinarbeitet. Die dünnen Storyelemente täuschen uns keine Epik vor, sondern sollen durch ihre Mystik dafür sorgen, dass wir ahnungslos bleiben. So wenig wir wissen sollen, was hinter der nächsten, wirr verwinkelten Ecke auf uns wartet, so sollen wir auch nicht wirklich wissen, wo wir sind, was wir wollen oder warum wir so sehr an unserem Leben hängen.

Fazit

Es ist diese Einigkeit aller Aspekte, die Bloodborne so erfolgreich machen. Das Spiel schickt uns in das Unbekannte, das Wahnsinnige und das gleichsam Wunderbare. Das Design der Welt, die Funktionsweise des Kampfsystems und die allgemeine Spielwirklichkeit greifen ineinander und verstärken den Grundton des Spiels. Diese zielgerichtete Vereinigung ist weitaus stärker als in den Vorgängern und auch wenn Bloodborne unter kleineren, kaum erwähnenswerten technischen Problemen leidet, fällt es mir leicht zu sagen, dass der neueste Titel aus dem Hause From Softwares die bisher reinste Souls-Erfahrung darstellt.

Bloodborne wurde uns in Form eines Review-Musters von Sony zur Verfügung gestellt.

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