Test zu Lumino City – Handgemachte Schönheit

08.12.2014 - 10:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Willkommen in Lumino City
State of Play
Willkommen in Lumino City
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2011 zeigte das Indie-Game Lume, dass Videospiele nicht immer teure Grafikengines brauchen, um schick auszusehen. Kann der Nachfolger Lumino City ebenfalls überzeugen?

Drei Jahre ist es her, dass das Studio State of Play mit Lume ein Point and Click-Adventure veröffentlichten, das vor allem wegen des handgemachten Stils und der Liebe zum Detail Aufsehen erregte. Die Spielwelt wurde komplett in der Realität nachgebaut und abgefilmt, die Spielfiguren wurden vom Programm in die Szenerien implementiert. Das Ergebnis war schlichtweg wunderschön, allerdings überschatteten teils unfaire Rätsel und der dadurch sehr hohe Schwierigkeitsgrad die grandiose Optik. Kann der Nachfolger diese Schwäche ausmerzen und Frustration durch Spielspaß austauchen? Nicht immer.

Hier brauchen wir Hilfe der Stadtbewohner


Die Handlung von Lumino City fängt genau dort an, wo die des Vorgängers Lume aufgehört hat. Wir schlüpfen noch einmal in die Rolle von Lumi, die zu Beginn erneut mit ihrem Großvater vereint ist. Das ändert sich jedoch schnell, denn es dauert nicht lang, bis Opi wieder verschwindet und wir uns auf die Suche nach ihm machen. Die Reise führt uns durch die titelgebende Stadt, in der die Menschen verschiedener nicht sein könnten. Ältere Damen unterhalten sich über mehrere Etagen mit den Nachbarn, Bauarbeiter sind schlecht drauf, weil sie auf die Arbeit so gar keine Lust haben und ein älterer Herr versteckt sich vor seiner Frau, weil er keine Hose anhat. Diese kleinen Geschichten erzählt Lumino City so sympathisch wie kaum ein Spiel, der grandiose Soundtrack und die bereits aus dem ersten Teil bekannte handgemachte Optik tragen ihren Teil dazu bei.

Lumi und ihr Opa


Das Point and Click-Adventure schafft es stets, dass ich mich in der Stadt aus Papier und kleinen Elektromotoren fast wie zu Hause fühle. Jeder Abschnitt ist voller Farben und Details, die durch einen Mausklick noch weiter erkundet werden können, denn Lumi führt gelegentlich Selbstgespräche, was mir den Charakter und ihre Beziehung zu ihrem Großvater ein ganzes Stück näher gebracht hat. Erzählerisch mag Lumino City keine Preise gewinnen, nichtsdestotrotz ist hier Sympathie das Stichwort, nicht nur die Spielwelt, sondern auch die Charaktere sind wirklich großartig designt.

Bunt, bunter, Lumino City


Die Stadt ist also definitiv mit Leben gefüllt, aber was gibt es in ihr eigentlich zu tun? Wie für das Genre üblich, verbrachte ich in Lumino City die meiste Zeit damit, Rätsel und Puzzle zu lösen. Und die haben es wirklich in sich. Zwar mögen die ersten Herausforderungen nur wenige Sekunden benötigen, bis ich weiß, was ich zu tun habe, im Laufe des Spiels wird der Schwierigkeitsgrad allerdings sehr stark angezogen. Das hat zur Folge, dass ich oftmals schlicht ratlos war und das Handbuch zurate ziehen musste, das Großvater mir in den ersten Minuten überlassen hat. Darin sind etliche Zeichnungen zu finden, die allesamt erklären, wie physikalische Vorgänge in der Welt von Lumino City funktionieren. So erfahre ich beispielsweise, dass Zitronen eine wichtige Rolle spielen oder wie ich Zahnräder am besten anorden sollte.

Dieses eigentlich recht nützliche Buch hat jedoch kein Inhaltsverzeichnis oder dergleichen, sodass ich mich durch die etlichen Kritzeleien wühlen muss, bis ich einen Anhaltspunkt finde. Außerdem erklärt der Wälzer nicht die Lösung jedes Rätsels, sondern fungiert viel eher als allgemeines Handbuch, das Denkanstöße geben soll. Für die meisten Puzzles musste dann doch mein Kopf als bestes Hilfsmittel herhalten. Die Tatsache, dass ich wahrlich kein geübter Point and Click-Veteran bin und nur gelegentlich einen Ausflug in das Genre wage, sorgte dafür, dass ich ziemlich zu knabbern hatte. Das ist natürlich nichts Schlechtes, allerdings kann Lumino City dadurch bei vielen Spielern wie schon Lume 2011 eher Frustration denn Spielspaß auslösen.

Wenn es nur immer so einfach wäre...


Da ist es besonders problematisch, dass es keine Funktion gibt, die mir beispielsweise alle benutzbaren Gegenstände in der Umgebung anzeigt. Dadurch probierte ich während des Spielens ziemlich oft herum und versagte dementsprechend oft. Umso befriedigender war es dann natürlich, wenn ich es doch noch ohne Hilfe aus den Weiten des Internets schaffte, die Lösung herauszufinden. Lumis Kommentare waren zumindest keine wirkliche Hilfe, denn sobald eine Mechanik offenbar nicht so funktioniert, wie ich sie zusammengebastelt habe, erklärt sie schlicht, dass es so nicht gehe. Lumino City will wirklich alle grauen Zellen anregen und sorgt dafür, dass die Spieler-Köpfe rauchen.

Neben den schweren Puzzles könnte auch die Steuerung bei manch einem für Ärger sorgen, denn die ist teilweise etwas hakelig. Lumi bewegt sich in einigen Abschnitten wie auf Schienen und läuft darum eher zu fixen Punkten als dahin, wo ich es möchte. Außerdem dauern Animationen manchmal etwas länger als auf den ersten Blick sichtbar, weswegen Mausklicks teils ins Leere führen. In solchen Situationen wird deutlich, dass Lumino City immer noch ein kleines Spiel ist, dessen Schwerpunkt eher auf der kreativen denn auf der spielmechanischen Umsetzung liegt. Erstere funktioniert allerdings so gut, dass ich die kleineren Mängel bei letzerer gern verkrafte.

Fazit

Wie schon Lume schafft es auch Lumino City, eine niedliche Geschichte in einer bezaubernden Umgebung zu erzählen. Die mit Papier hergestellte und dann abgefilmte namensgebende Stadt ist voller kleiner Details, die mich oftmals innehalten ließen. Der großartige Soundtrack tut sein Übriges dazu. Die teils sehr schweren Rätsel, die mich ab und zu ratlos zurückließen, sind ein Kritikpunkt, der für Genre-Fans mit genügend Geduld verschmerzbar sein dürften. All das führt dazu, dass Lumino City ein wunderschönes Bilderbuch ist, dessen Seiten manchmal etwas schwer umzublättern sind.

Lumino City wurde uns in Form eines Review-Codes von State of Play zur Verfügung gestellt. Alle Aussagen beziehen sich auf die PC-Version.

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