Tetris, Killerspiele & Lernen - Videospiel-Dokus

Filme zum Thema Gaming gibt es einige, wie wir letzte Woche festgestellt haben. Vor lauter Joy Stick Heroes und Gamer sollten wir aber nicht vergessen, dass es noch ein ganz anderes, beachtenswertes Genre gibt: Dokumentationen. Unzählige Filmemacher haben sich bereits dokumentarisch mit Videospielen auseinander gesetzt. Die Ansätze sind dabei grundverschieden. Während es einigen darum geht, die Geschichte des Gamings seit den Anfängen zu beleuchten, wollen andere auf die Gefahr von “Killerspielen” hinweisen. Egal wie wir dazu stehen, es gibt viele interessante, nicht-fiktionale Spiel-Filme und ein paar möchte ich euch heute vorstellen.

Eine kurze Geschichte von fast allem
Am Anfang war das Wort. Bevor die ersten Pixel sich zu Figuren zusammenfanden, beherrschten textbasierte Rollenspiele die Computer. Get Lamp beschäftigt sich mit der Liebe zu genau diesem Sub-Genre, das in Zeiten von Skyrim & Co leicht vergessen werden kann, aber auch noch heute eine treue Fangemeinde aufweisen kann. Chasing Ghosts: Beyond the Arcade ist etwas für Nostalgiker oder Gamer, die etwas über die Vergangenheit der heute fast völlig verschwundenen Spielarkaden erfahren wollen. Tetris: From Russia With Love erzählt die fazinierende Geschichte eines der beliebtesten und bestverkauftesten Spiele aller Zeiten, welches es fast nicht auf den Gameboy geschafft hätte. 2007 befasste sich der Discovery Channel in einer fünfteiligen Mini-Serie Rise of the Video Game globaler mit der Vergangenheit der Videospiele. Von den Anfängen über die Reise des Helden bis hin zu Ego-Shootern und virtueller Realität deckt jede Episode ein Teilgebiet kurz und knapp ab. Auch MTV beschäftigte sich jenseits ihres beliebten Formats GameOne in Access All Areas mit dem Gaming. In der Trilogie Digital Heroes, Digital Heroes strike back und The Return Of Digital Heroes zeigen sie nicht nur Einblicke auf die Geschichte, sondern gehen auch auf die verschiedensten Genre von Rollenspiel bis Hack’N’Slay ein, sprechen über Humor in Spielen, Storytelling und vieles mehr.

Killerspiele und anderer Humbug
Gewaltspiele sind ein kontroverses Thema. Jeder, der auch nur einmal in seinem Leben einen Controller in die Hand genommen hat, ist das Thema “Killerspiele” wahrscheinlich schon Leid. Trotzdem gibt es ein paar Dokumentationen, die sich wirklich lohnen. Filmemacher Spencer Halpin versuchte 2009 das Thema Gewaltspiel völlig neutral und wertfrei zu beleuchten, ohne für eine Seite Partei zu ergreifen. Für seinen Film Moral Kombat sprach er daher mit Spielern, Eltern, Psychologen, Politikern und Entwicklern. Mit dabei sind namenhafte Personen wie American McGee, Electronic Arts Gründer Trip Hawkins, aber auch der berüchtigte Videospiele-Kritiker Jack Thompson. Entstanden ist ein informativer und unterhaltsamer Balanceakt, der diesen heiklen Stoff von allen Seiten beleuchtet.

2005 programmierte Daniel Ledonne das umstrittene Super Columbine Massacre RPG!, welches dem Spieler ermöglicht, in die Rollen der Amokläufer des Columbine High Massakers zu schlüpfen. Was nicht nur auf den ersten Blick nach einem makaberen Scherz klingt, trat eine regelrechte Lawine los, die den jungen Programmierer ins Kreuzfeuer der Kritik warf. Um zu zeigen, dass er das Spiel nicht aus einer perversen Laune heraus schuf, drehte Daniel Ledonne daraufhin Playing Columbine. Der Film befasst sich nicht nur mit seinen Beweggründen, sondern vor allem mit der Frage, warum es für Kunstformen wie Filme oder Musik in Ordnung ist, sich mit diesem heiklen Thema zu befassen, Spiele dieses Recht aber nicht zu haben scheinen. Playing Columbine ist eine filmische Liebeserklärung an ein oft missverstandenes, junges Medium, in der ebenfalls die unterschiedlichsten Stimmen zu Wort kommen und ein sehr nuanciertes Endresultat schaffen, das sich niemand entgehen lassen sollte.

Player 1 vs. Player 2
Wie auch analoge Spiele, basieren viele ihrer digitalen Vetter auf dem Wettbewerbsprinzip. Daher ist es kaum überraschend, dass sich einige Dokumentationen gezielt hiermit befassen. I Got Next legt sein Hauptaugenmerk auf die Kampfspiel-Community, besonders auf vier prominente Spieler kurz vor der Veröffentlichung von Street Fighter IV. Weniger modern, dafür affenlastiger geht es in The King of Kong: A Fistful of Quarters zu. Hier beschäftigt sich Kill the Boss Regisseur Seth Gordon auf humorvolle Weise mit Arcade Games, speziell mit zwei Männern, die um den Highscore bei Donkey Kong kämpfen.

Schöne virtuelle Welt
Login 2 Life richtet seinen Fokus auf die virtuelle Realität. Dabei zeigt die Dokumentation aber nicht zum x-ten Mal, wie Teenager zombiegleich vor dem Rechner zocken, sondern Menschen, denen jenseits der Virtualität durch Krankheit oder Behinderung ein normales Leben verwehrt bleibt. Durch Spiele wie World of Warcraft oder Second Life erhalten sie die Möglichkeit zu reisen, sich mit Freunden zu treffen und ihre Einsamkeit und Isolation etwas einzugrenzen. In Gamers beschäftigt sich Ben Gonyo ausschließlich mit dem Thema MMORPG in all seinen Facetten – von Entwicklung über Spieler bis hin zu Conventions. Humorvoll und informativ beleuchtet er ein Thema, das vor allem Außenseitern oft eher suspekt ist und für die dieser Film gemacht zu sein scheint.

Das Problem bei Dokumentationen über Videospiele ist, dass sie sehr schnell veralten. Die Videospielbranche boomt und was heute aktuell ist, ist morgen schon vergessen. Kaum ein Medium entwickelt sich so rasant weiter. Trotzdem sind diese Filme, ob wir ihnen zustimmen oder nicht, sehenswert. Viele gibt es umsonst im Web, legal und tatsächlich in Deutschland verfügbar auf YouTube & Co. Ob ihr nun Gamer seid oder nicht: Ein Blick lohnt sich.