Videospiele haben längst viel mehr zu bieten als Ballerorgien und die ewig gleiche Geschichte von der holden Maid in Nöten. Empathy Games wagen sich sogar daran, tiefgreifende menschliche Probleme darzustellen und durch ihr Gameplay selbst erlebbar zu machen. Der Tod des eigenen Kindes, Depressionen oder eine Krebserkrankung sind harter Tobak, der Umgang mit diesen Themen ist nicht einfach. Dennoch schaffen es die folgenden sieben Titel meisterhaft, uns zu bewegen und anzurühren, ohne dabei plakativ und damit unglaubwürdig zu werden.
Mehr: Lasst uns Realität spielen
Top 7: I Get This Call Every Day (von Phil)
Zugegeben, die Idee hinter I Get This Call Every Day klingt nicht sonderlich spannend. Ihr schlüpft in die Rolle eines Mitarbeiters in einem Call-Center und nehmt Anrufe entgegen. Die Grafik bietet dabei nicht viel mehr als amateurhafte Paint-Zeichnungen, nichtsdestotrotz ist das Spiel unglaublich realistisch und gerade wegen seiner Einfachheit so bedrückend. Die Person am anderen Ende der Leitung buchstabiert Dinge falsch, wird grantig, wenn ihr genauer nachfragt und ist oftmals generell sehr unfreundlich. I Get This Call Every Day fängt die Monotonie des Alltags in einem Servicecenter so gut ein, dass Entwickler David Gallant deshalb seinen eigenen Job verlor, auf dem das Spiel basierte. Das war dann vielleicht doch etwas zu viel Realismus …
Top 6: Cart Life (von Hannes)
Manchmal scheint die perfekte Balance zwischen dem eigenen Leben und dem gesellschaftlichen Zwang der Arbeit unerreichbar. Immer wieder wird die Freizeit beschnitten, um sich verstärkt dem alltäglichen Trott zu widmen, der doch eigentlich die Freizeit erst angenehm und lebenswert machen soll. Dieses Gefälle von Prioritäten gewinnt sogar noch an Brisanz, wenn das verheißungsvolle Versprechen der Selbstständigkeit nicht eingelöst wird. Cart Life greift Verzweiflung und Existenzängste auf und karikiert den Menschen als mittelständischen Sisyphos.
Top 5: A Closed World (von Rae)
Logik, Leidenschaft und Moral statt Zaubersprüchen und Waffen. A Closed World bedient sich bei klassischem rundenbasierten RPG-Gameplay und verwendet es als Mittel, sich nicht Fantasy- sondern Alltags-Monstern zu stellen, mit denen homosexuelle Menschen fast jeden Tag konfrontiert werden. Anstatt also gegen einen Troll zu kämpfen, stellt ihr euch also unter anderem eurem bigotten Bruder im Gespräch. Jedes böse Wort verletzt euren Charakter, der versuchen muss, die Fassung zu wahren, während er angegriffen wird. A Closed World hinterfragt, was “normal sein” eigentlich bedeutet und was es heißt, in einer Welt zu leben, die von euch verlangt, eine andere Person zu sein und euch selbst zu verleugnen, weil es einfacher wäre. Das alles geschieht in charmanten Fantasy-RPG-Look und ist kostenlos online spielbar.