Uncharted 4: A Thief's End – Ein fast perfekter Abschied im Test

05.05.2016 - 10:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Uncharted 4: A Thief's End
Sony Interactive Entertainment
Uncharted 4: A Thief's End
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Mit Uncharted 4: A Thief's End wird Nathan Drake in den Ruhestand geschickt, vorher wartet aber ein letztes Abenteuer auf ihn. Ich habe mich für euch auf die Suche nach Piratenschätzen begeben und verrate euch in meinem Review, was ich dabei entdecken konnte.

Fast zehn Jahre ist es her seit Nathan Drake erstmals in Uncharted: Drakes Schicksal mit uns ins Abenteuer zog, durch verloren geglaubte Städte kletterte und seine Schussfähigkeit sowie sein historisches Wissen unter Beweis stellte. Nächste Woche findet seine Reise mit Uncharted 4: A Thief's End sein Ende und einen besseren Abschluss hätten wir uns für den akrobatischen Abenteurer kaum wünschen können.

Diebe unter sich

Seit den Ereignissen von Uncharted 3: Drake's Deception hat der Nathan Drake sich zur Ruhe gesetzt. Anstatt nach Schätzen an entlegenen Orten der Welt zu suchen, taucht er nach verlorenen Frachten im Hafenbereich und schätzt ein ruhiges Leben mit seiner Frau Elena – mal mehr und mal weniger. In diese von Sehnsucht geprägte Idylle platzt eines Tages sein Bruder Sam, den er seit Jahren tot glaubte und der dringend seine Hilfe benötigt. Nach 15 Jahren Gefängnis ist er nun nur auf freiem Fuß, weil ein skrupelloser Drogenbaron ihn im Austausch gegen einen sagenumwobenen Piratenschatz befreit hat. Kann er ihn nicht liefern, droht ihm ein noch dunkleres Schicksal.

Sully und Nathan – doch nicht in Rente

Gemeinsam machen sich die Brüder also auf, das Gold zu bergen, Sams Leben zu retten und nebenbei vielleicht auch noch selbst reich zu werden. Womit sie allerdings nicht rechneten, ist eine Freibeuter-Schnitzeljagd über den halben Globus, die gespickt ist von Fallen, Rätseln und natürlich Gegenspielern, die ihnen zuvorkommen wollen.

Im Herzen ist die Handlung von Uncharted 4: A Thief's End also eine sehr klassische Abenteuer-Geschichte rund um Mord, Verrat und verborgene Schätze, die mich an eine moderne Version von Die Schatzinsel oder sogar Die Goonies erinnert hat. Obwohl sie im ersten Moment fast vertraut wirkt, schafft sie es trotzdem, immer wieder zu überraschen. Mir erging es während des Spielens ein wenig so wie sich Sam und Nate gefühlt haben müssen: Jedes Mal, wenn ich dachte, ich wüsste was passiert, wurde mir das Gegenteil bewiesen – und das ist bekanntlich immer ein gutes Zeichen, wenn es um Geschichten geht.

Grabjäger als Vorbilder

In Sachen Gameplay bietet Uncharted 4: A Thief's End bis auf Kleinigkeiten keine weltbewegenden Innovationen. Anstatt im letzten Akt zu großen Neuerungen anzusetzen, verließ sich das Team bei Naughty Dog hauptsächlich auf bereits bekannte Features und konzentrierte sich darauf, diese zu verbessern. Im Großen und Ganzen ist demnach auch Uncharted 4 ein typischer Uncharted-Teil ohne große Gameplay-Überraschungen.

Neu hinzu gekommen sind unter anderem Auto-Passagen, in denen ihr Geländewagen durch sperriges Terrain steuern müsst. Das ist nicht immer ganz einfach, denn Matsch und reißende Flüsse machen euch gerne mal einen Strich durch die Rechnung. Das verkompliziert die Fahrt zwar etwas, macht sie aber gleichzeitig auch spaßiger – und nicht nur, weil sich eure Mitfahrer dann über euch aufregen. Die Balance zwischen diesen Sequenzen und dem restlichen Gameplay ist sehr gut gestaltet, so dass sie nie zu viel oder störend wirken. Im Gegenteil kommt euch das Auto in den größeren Umgebungen von Uncharted 4 sogar sehr gelegen.


Obwohl Naughty Dog Nates Stealth-Fähigkeiten ausgebaut hat, drängt sich hier der direkte Vergleich zu Rise of the Tomb Raider auf, bei dem Nathan schlechter abschneidet als Lara. Während die Grabräuberin effizient vorgeht und dabei nie ihre tödliche Eleganz verliert, wirkt das Feature in Uncharted 4 ein wenig beliebig. Es scheint vor allem dazu zu dienen, eine aktivere Verwendung für eure Gefährten im Kampf zu finden. Ihnen gebt ihr Anweisungen, um wen sie sich kümmern sollen, während ihr einen anderen Gegner geräuschlos niederringt. In den meisten Fällen gibt es schlicht keinen Anreiz, auf eine leise Methode zurückzugreifen. Das Resultat ist ein solider Deckungs-Shooter, an dessen Mechaniken noch einmal gefeilt wurde, der allerdings auch nichts wirklich neu macht und auf den meisten Schwierigkeitsgraden keine allzu große Herausforderung bieten dürfe.

Wesentlich spannender fallen die Rätsel aus, mit denen sich Nathan während seines Abenteuers konfrontiert sieht. Nicht nur, dass die Mechanismen ausgefeilter sind und etwas mehr Hirnschmalz abverlangen als noch in den Vorgängern, sie sind gleichzeitig vielschichtiger, abwechslungsreicher und somit interessanter. Die Aufgaben der Piraten-Schnitzeljagd reichen von dem richtigen Anordnen von Symbolen über klassische Todesfallen bis hin zu Lichträtseln. Ich hatte so viel Spaß an diesen Puzzles, dass ich mir gewünscht hätte, Naughty Dog hätte sich ein Vorbild an Crystal Dynamics (Entwichler der aktuellen Tomb Raider-Reihe) genommen und mehr von ihnen in die Geschichte eingebaut – gern auch in Form optionaler Challenge Tombs.

Eines der Rätsel, die Nathan Drake lösen muss

Liebe zum Detail

Visuell ist Uncharted 4: A Thief's End rundum einfach umwerfend. Allein grafisch haben sich die Entwickler von Naughty Dog für das Finale ihrer Uncharted-Reihe noch einmal selbst übertroffen und beweisen erneut, welche Leistung sich aus der PS4 herauskitzeln lässt.

Die Liebe zum Detail ist in jedem noch so kleinen Winkel spürbar, was es leicht macht, sich in Nathan Drakes Welt zu verlieren. Ähnlich wie schon The Last of Us löst sich A Thief's End von den strengen Grenzen linearer Level und lädt euch zum Erkunden ein – ohne aber den letzten Schritt in eine halb-offene oder gar offene Welt zu machen. Stattdessen könnt ihr euch in überschaubaren Arealen bewegen, in denen dank des hohen Detailgrades allerdings ein ganz neuer Sinn des Entdeckens entsteht, der nicht nur von Sammelquests getrieben ist. Ich habe mich mehr als einmal dabei erwischt, wie ich Nate einfach nur in einem leeren Raum habe stehen lassen, um darüber nachzudenken, was für Menschen hier wohl einmal gelebt haben, während ich ihn dabei beobachten konnte, wie er gedankenverloren mit seinem Ehering spielt.

Uncharted lebte schon immer von seiner Fülle an Details und mit dem Finale der Reihe beweist Naughty Dog noch einmal, warum das der Fall ist und warum sie ohne zu zögern von vielen als cineastisches Meisterwerk bezeichnet wird. Jedes noch so kleine Element sorgt dafür, nicht nur die Welt, sondern auch die Charaktere lebendiger zu machen und trägt so zu einer emotionalen Reise bei, die auf diese Art nur selten unter den AAA-Blockbustern zu finden ist.

Uncharted 4 bietet fantastische neue Landschaften

Fazit

Uncharted 4: A Thief's End ist die perfekte Fortführung und gleichzeitig das perfekte Ende einer Reihe, die uns seit annähernd zehn Jahren begleitet und es seitdem geschafft hat, sich mit jedem weiteren Teil konstant zu verbessern.

Das liegt nicht nur daran, dass Entwickler Naughty Dog ganz genau weiß, was Uncharted so besonders macht, sondern auch daran, dass A Thief's End in vielerlei Hinsicht eine nostalgische Hommage an die eigenen Wurzeln ist. Viele Szenen – das Entkommen aus einem brennenden Gebäude, die Verfolgungsjagd, den Raubüberfall – gab es bereits in den ersten drei Teilen. Trotzdem gelingt es Naughty Dog, sie durch einen anderen Kontext und die fantastische Inszenierung so aufregend wirken zu lassen, als hätten wir noch nie etwas Ähnliches erlebt. All das balanciert das Entwicklerstudio aus mit einer berührenden Geschichte über Familie und die Grenzen, die wir für sie überschreiten würden, die perfekt die Entwicklung der Hauptcharaktere seit dem ersten Teil widerspiegelt.

Nach fünf Spielen entlässt Naughty Dog Nathan Drake in den wohlverdienten Ruhestand und mit Uncharted 4: A Thief's End hätten sie weder ihm noch uns ein schöneres Abschiedsgeschenk geben können.

Uncharted 4: A Thief's End wurde uns von Harvard PR/Sony in Form einer Review-Version zur Verfügung gestellt. Dieses Review bezieht sich nur auf den Singleplayer von Uncharted 4.

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