Uncharted 4 wird toll, aber danach sollte wirklich Schluss sein

04.04.2016 - 16:00 Uhr
Ein letztes Mal noch
Sony Interactive Entertainment
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Seit fast fünf Jahren freue ich mich schon auf das Finale der Nathan Drake-Saga. Jetzt habe ich Uncharted 4: A Thief's End endlich gespielt und ich bin froh, dass es der letzte Teil der Reihe sein wird, denn besser wird's nicht mehr.

Mit dem Release von Uncharted 2: Among Thieves war es um mich geschehen. Ich bin dem süffisanten Charme Nathan Drakes und seinen halsbrecherischen Abenteuern total verfallen und konnte meine Verknalltheit auch nicht vor meinem kleinen Bruder verbergen, der sich dann ebenfalls an das Spiel wagte und Nate, Sully und Co. in sein Herz schloss. Es war sicher nicht das erste Action-Adventure, das uns begeistern konnte, aber die Nahbarkeit von Nathan Drake und die liebenswerten Dialoge gaben uns das Gefühl, wirklich ein Abenteuer zu erleben und nicht etwa eine Mission oder einen Auftrag.

Ein Wiedersehen mit Freunden

Nathan Drake war einer von uns, ganz anders als die typischen Videospiel-Helden, die sich mit ihren übermenschlichen Fertigkeiten hervortun. Sicher, er lässt regelmäßig Berge an Leichen hinter sich und springt 3 Meter hoch, wenn es sein muss. Aber er ist auch überfordert, überwältigt, tollpatschig und kaschiert das mit verlegenem Bravado-Witz. Nicht nur für uns sind die Uncharted-Spiele ein Abenteuer, für Nathan Drake sind sie es auch. Und gerade weil Nathan auf dem Boden geblieben ist und auch mal die Schnauze gestrichen voll hat, neigt sich das Uncharted-Franchise dem Ende zu.


Ein letztes Mal bringt Naughty Dog die Reihe noch zurück und will mit den Möglichkeiten der PS4 dafür sorgen, dass der Abschied von Nathan Drake so bombastisch wie nur irgendwie möglich wird — und ja, die Entwickler sind auf einem guten Weg, ein würdiges Finale auf die Beine zu stellen. Vor ein paar Tagen hatte ich Gelegenheit, ein Kapitel von Uncharted 4: A Thief's End anzuspielen und zu prüfen, ob Nathan Drake denn noch Nathan Drake ist, auch wenn er sich eigentlich schon längst von seinem Abenteurer-Leben verabschiedet hat.

Lange Rede, kurzer Sinn: Uncharted 4 ist nicht weniger Uncharted als die Vorgänger und wird diejenigen, die an den Charakteren und ihren Sprüchen einen Narren gefressen haben, abermals begeistern können. Wer damit aber nichts anfangen kann, schaut zumindest mal wegen der atemberaubenden Optik vorbei. Da jetzt die generischen Phrasen auch erledigt sind und ich bestätigen darf, dass Uncharted 4 aller Wahrscheinlichkeit nach ganz gut geraten wird, möchte ich aber auch sagen, dass ich froh bin, dass nach dem vierten Teil Schluss ist.

Uncharted 4 ist schick, aber nicht neu

Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich langsam genug von der Reihe habe oder Naughty Dog Gefahr läuft, mich mit ihren Abenteuern zu langweilen. Dass Uncharted 4 hoffentlich die Qualität der Vorgänger halten konnte, ist aber keine Selbstverständlichkeit und würden sich die Entwickler noch einen fünften Ableger (Uncharted: Golden Abyss ausgenommen) aus den Fingern saugen, so liefe das Franchise Gefahr, tief zu stürzen. Denn so großartig sich Uncharted 4 auch gespielt hat, eine Grundlage für die Zukunft ist das Spiel längst nicht mehr.

Den Jeep werdet ihr sicher mögen

Mit dem Sprung auf die PS4 war es natürlich klar, dass Uncharted 4 vor allem auf die neue Technik setzen wird, um noch einmal frische Akzente zu setzen. Und das ist auch wunderbar gelungen: Die Spielwelten sind offener aber nicht weniger detailliert und die Animationen der bekannte Helden sahen niemals besser aus. Und wenn ich dann mit meinem Jeep durch den Schlamm fahre und die Räder auf dem losen Untergrund durchdrehen, dann fühlen sich die mittlerweile bekannten Uncharted-Abenteuer noch ein bisschen eindrucksvoller an. Aber diese Frischzellenkur kann Naughty Dog eben auch nur ein Mal machen.

Die Demo, die ich anspielen durfte, führte Nate, seinen Bruder Sam und Sully nach Madagaskar, wo sie am Fuße eines erloschenen Vulkans Hinweise auf den Piraten Henry Avery suchen, der irgendwo den größten Freibeuter-Schatz aller Zeiten versteckt hat. Auch wenn es die Reihe erstmals auf die afrikanische Insel verschlägt, fühlte sich die Spielwelt vertraut an, wenn auch ein klein wenig größer als bei den PS3-Vorgängern. Alles, was neu oder frisch wirkte, lässt sich auf die neue Technik oder auf einzelne Gimmicks zurückführen.

Aufhören, wenn es am schönsten ist

So ist die Fahrt mit dem hauseigenen Jeep durch die Savanne von Madagaskar sicher interessant, doch mehr als eine etwas abenteuerlichere Art der Fortbewegung ist dies leider auch nicht. Da kann dann auch die mitgelieferte Seilwinde, die am Jeep angebracht ist und ein paar Rätselmöglichkeiten bietet, nicht wirklich etwas am Kernkonzept ändern. Auch die größte Neuerung am klassischen Uncharted-Gameplay, die deutlich ausgeprägteren Stealth-Mechaniken, wirken nur wie Verfeinerungen des Status Quo. Denn so sehr Uncharted 4 jetzt auch aussieht wie Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain, viel Spannung und Intensität kommt durch das Verstecken und das heimliche Ausknocken nicht dazu.

Wenn das Schleichen fehlschlägt, bleibt alles wie früher

Und Naughty Dog scheint dies auch zu wissen. Schon seit Monaten betonen die Entwickler, dass Uncharted 4 das letzte Abenteuer von Nathan Drake sein  wird und dass die Reihe ohne ihren charismatischen Helden nicht funktionieren kann. Naughty Dog hat den Luxus, eine erfolgreiche Reihe auf ihrem Zenit zu beenden und mit einem guten Ruf in neue Projekte zu starten. Im Gespräch mit Ricky Cambier, Lead Designer bei Naughty Dog, wurde mir schnell deutlich gemacht, dass das Entwicklerteam mit dem Franchise abgeschlossen habe und zwar "gemeinsam mit Nathan Drake etwas erwachsener geworden ist", aber jetzt eben wirklich darauf bedacht war, ein echtes Ende für das Franchise zu finden.

Und soviel Spaß ich mit der Demo von Uncharted 4 auch hatte, ich bin froh, dass es der letzte Ableger wird und die Charaktere eine Chance bekommen, ihre eigene Geschichte auch zu Ende zu erzählen. Naughty Dog legt sich ein letztes Mal ins Zeug, um die mitreißenden Abenteuer von Nathan Drake so groß und eindrucksvoll zu gestalten wie nie zuvor. Vermutlich bekommen wir nicht wirklich etwas neues geboten, aber wenn dieses Mal der Boden wieder bröckelt und Nathan wieder fluchend in den Abgrund fällt, dann dürfen wir auch wieder staunen.

Danach ist aber auch gut.

P.S.: Was Naughty Dog nach Uncharted 4 plant, habe ich Ricky Cambier überraschenderweise nicht entlocken können. Doch auf die Frage, ob denn auch wieder Raum für cartoon-artige, überdrehte Titel wie zu der Crash Bandicoot /Jak and Daxter-Ära möglich sein, hieß es nur, dass "nichts vom Tisch sei." Aber es wird ja eh The Last of Us 2. Hoffentlich.

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