Vinyl - Was wir von Martin Scorseses neuer HBO-Serie erwarten

12.02.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Zwei Jahre ist es her, seit die letzte Episode von Boardwalk Empire ausgestrahlt wurde. Nun meldet sich Martin Scorsese mit einem neuen Serien-Projekt auf HBO zurück. Da sind die Erwartungen natürlich gigantisch - aus den unterschiedlichsten Gründen.

Als vor zwei Jahren das Finale von Boardwalk Empire über die heimischen Bildschirme flimmerte, war unklar, wie und ob Martin Scorsese jemals wieder einen Fuß in die Serien-Landschaft setzen wird. Zwei Jahre später können wir erleichtert verkünden, dass die US-amerikanische Regie-Legende dem Medium nicht den Rücken gekehrt, sondern zusätzlich zu seiner Schaffenskraft im Kino ein weiteres Format bei HBO entwickelt hat. Gemeinsam mit Terence Winter, Mick Jagger und Rich Cohen steht er nun als Schöpfer in den Credits der ersten Episode von Vinyl, die am Sonntag ihre Premiere feiern wird. Alleine die Nennung der meisten dieser Namen in Verbindung mit HBO, Musik und den 1970er Jahren dürften Grund genug sein, um sich auf Vinyl zu freuen. Damit einhergehend richten sich allerdings auch einige Erwartungen an die Dramaserie - und die haben wir im Folgenden aufgeschrieben.

Eine Serien-Epos à la The Wire, Die Sopranos und Deadwood

Wir leben in einer Zeit, in der sich die Anthologieserie als gleichermaßen cooles wie unverbindliches Format etabliert hat. Egal, ob Fargo, True Detective oder ganz aktuell American Crime Story: Mehr als ein paar Episoden, die sich in den meisten Fällen sogar an einer Hand abzählen lassen, werden gar nicht mehr benötigt, um eine Geschichte geschlossen sowie kurz und bündig zu erzählen. Doch was ist aus den großen Jahrhundertserien geworden, die nicht nur einen Sommer lang in die unendlichen Weiten einer bestimmten Serien-Welt entführen, sondern in ihrem Umfang nach etwas Größerem strebten? Zuletzt füllte AMC mit epochalen sieben Staffeln von Mad Men diese Lücke, die bis dato überwiegend von prominenten HBO-Flaggschiffen wie The Wire, Die Sopranos und Deadwood belagert wurde. Vinyl birgt zweifelsohne das Potential für ein solches Serien-Epos in seiner Prämisse und würde ideal in die Fußstapfen genannter Vorgänger passen.

Apropos Prämisse: Um was geht es denn eigentlich? Vinyl ist in den 1970er Jahren in New York City angesiedelt und erzählt von Richie Finnestra (Bobby Cannavale), der sein eigenes Plattenlabel besitzt und nun herausfinden muss, wie er mit dem Strom der Zeit schwimmt. Schließlich wird der Rock 'n' Roll nicht für immer die Musikszene dominieren und neue Klänge erobern die Tanzflächen in den angesagten Clubs der Metropole. Die Möglichkeiten, die sich daraus hinsichtlich diverser Storylines ergeben, sind nahezu unendlich und mit Terence Winter wäre auch ein Mann an Bord, der - in seiner Eigenschaft als Executive Producer von Die Sopranos und Schöpfer von Boardwalk Empire - durchaus in der Lage ist, ein aufregendes wie komplexes Gesellschaftsprotrait jener Dekade zu entwerfen. Außerdem ist zu hoffen, dass Mick Jagger nicht nur wegen seines Namens auf dem Plakat steht, sondern seine eigenen Erfahrungen (sprich eine gewisse Authentizität) in die Serie mit einfließen hat lassen.

Ein gestochen scharfes Skript und überdurchschnittliche Produktionswerte

Vinyl soll gleichermaßen in verschwitzte Konzerträume wie stickige Büros entführen. Das New York der 1970er Jahre dürfte reich an Schauplätzen sein und wenn wir einen kurzen Blick auf aktuelle HBO-Produktionen wie Game of Thrones, The Leftovers und (demnächst sicherlich auch) Westworld werfen, sollte klar sein, dass sich der Pay-TV-Sender bei seinen ambitionierten Projekten ganz an John Hammonds Worten aus Jurassic Park orientiert: "We spared no expense." Die Teaser und Trailer zu Vinyl lassen bereits aufwendige Kamerafahrten in prächtig ausgestatteten Kulissen erkennen - super! Dementsprechend wäre es nur wünschenswert, wenn auch die Inszenierung der Serie auf einem außerordentlichen Level stattfindet. Immerhin nehmen neben Martin Scorsese talentierte wie erfahrene Männer und Frauen auf dem Regiestuhl Platz, so zum Beispiel Musikvideoregisseur Mark Romanek, der zuletzt Taylor Swifts Shake it off-Video verantwortete, und Nicole Kassell, die bei Formaten wie The Americans, Better Call Saul und Rectify am Werk war.

Was natürlich auch nicht fehlen darf: Drehbücher mit Konzept. Wenngleich vorerst nur zehn Episoden von Vinyl gesetzte Sache sind, wäre es ausgezeichnet, wenn im Writer's Room die Planung viel weiter in die Zukunft ginge. So toll eine einzelne Episode geschrieben sein kann, was The Wire und Co. so großartig gemacht hat, ist das Gesamtkunstwerk, das im Lauf mehrer Jahre entsteht und sich selbst im letzten Atemzug noch an den ersten erinnert. Als Matthew Weiner im vergangenen Jahr das letzte Kapitel aus Don Drapers Leben erzählte, demonstrierte er mehr als vorbildlich, wie sich ein solcher Kreis schließen kann. Denn sämtliche Motive dieser Odyssee durch die 1960er Jahre wurden schon in der ersten Episode von Mad Men etabliert. Wo auch immer Richie Finnestras Reise mit seinem Plattenlabel hin geht: Hoffentlich ist es eine, die auf ebenso präzises Skripts verweisen kann, die stets im vollen Bewusstsein des Gesamtkunstwerks entstehen.

Musik-Exzess und die Bühne, die Olivia Wilde verdient

Musik ist das große Thema dieser Serie. Es geht um die Menschen, die sie machen, um die, die sich verkaufen, und die, die sie hören. In Anbetracht dieser Grundlage sollte es eigentlich schon selbstverständlich sein, dass Vinyl mit einem extraordinären Soundtrack aufwartet, der den 1970er Jahren in jeder Sekunde gerecht wird. Musikalischer Zeitgeist hin oder her: Noch besser wäre es allerdings, wenn die ausgewählten Songs sich thematisch der Handlung anpassen und womöglich eine Verbindung mit den einzelnen Figuren eingehen. Olivia Wilde, die seit geraumer Zeit nach ihrem Platz im Kino und im Fernsehen sucht, verkörpert eine dieser Figuren. Vielleicht bietet die Rolle der Devon Finestra, Richie Finnestras Frau, ihr endlich die Bühne, die sie verdient und bisher nur abseits des Mainstreams erhalten hat. Der übrige Cast der Serie liest sich übrigens auch einwandfrei und lässt Großes erwarten.

Hierzulande ist Vinyl ab Sonntagnacht parallel zur US-Ausstrahlung bei Sky abrufbar.

Was erwartet ihr von Vinyl?

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