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Wahre Männerfreundschaft im untypisch typischen Western "El Dorado"

29.08.2015 - 09:00 Uhr
John Wayne und Robert Mitchum in "El Dorado"
Paramount Pictures
John Wayne und Robert Mitchum in "El Dorado"
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Mit einem Lieblingsfilm verbindet man für gewöhnlich etwas. Irgendetwas. Sei es, durch ihn eine völlig neue Welt in den Weiten der Kinolandschaft entdeckt zu haben, die Tatsache dass man nicht nur einmal oder gar zweimal in einen Film ins Kino stiefelte sondern ganze… nein, ich kann das nicht schon wieder schreiben..., ob man es mit purer Nostalgie verbindet oder mit ganz bestimmten Umständen, die einen auf diesen Film stießen ließen. Der Lieblingsfilm über den ich im Folgenden schreiben möchte ist ein Film, den man in meiner Familie tatsächlich als generationenübergreifend bezeichnen kann: El Dorado.

Als Kind hatte ich nie den Luxus den die meisten anderen Kinder hatten, deren Großeltern gleich „um die Ecke“ wohnten. Oder zumindest in unmittelbarer Nähe zum eigenen Wohnsitz. Für mich war es daher immer etwas besonderes, wenn meine Eltern mit mir in den Sommerferien vom Süden Deutschlands nach Berlin fuhren – zu Besuch bei meinen Großeltern.
Was das bitte schön mit Filmen zu tun hat? Gemach, gemach.

Man stelle sich also einen Fernsehabend mit einem kleinen Mädchen wie mir in den Sommerferien so vor: Oma schaut Musikantenstadl, Opa und Ich sitzen äußerst gelangweilt daneben. Zwei Stunden Gejodel und Geträllertortur sind endlich vorbei und Oma schleicht sich ins Bett. Nach der Arbeit kommt der Spaß, zumindest war das immer unser unausgesprochenes Motto. Zwischen Opa und mir. Und damals war abends im deutschen Fernsehen größtenteils Westernzeit. Ab 20:15 in den dritten Programmen. Und wir haben jeden einzelnen dieser Western mitgenommen. Opa und Icke. Good ol‘ times… Wir hatten wenigstens Geschmack! Und die staubig angeranzten Western mit John Wayne waren uns schon damals die liebsten. Und so kam es, dass sich ein ebensolcher, sogar ziemlich komödiantischer Western in mein Herz schleichen sollte, welcher nicht nur ein simpler Lieblingsfilm ist, sondern auch ein Sinnbild für diese gute alte Zeit. Oder eben: die eigene Kindheit.

Aber nun zum Film. El Dorado ist kein klassischer Western, der sich darum dreht, wie sich weiße Männer und Indianer bekriegen, oder eine Viehherde von A nach B getrieben wird. Und doch trieft dieser Howard Hawk’sche Streifen nur so vor klassischen Motiven dieses doch sehr männlichen Genres. Vor der Kamera eint es immerhin die beiden Machos John Wayne und Robert Mitchum, die vielleicht nicht ganz so kernig wie ein gewisser ponchotragender und mit Zigarrenstummel ausgestatteter Clint Eastwood sind, aber eben doch Sinnbild dessen, worum es in diesen Filmen geht: Männerfreundschaft.
Der eine, Cole Thornton (Wayne) ein Revolverheld immer auf der Suche nach einem Job, der andere, J.P. Harrah (Mitchum), ein verkappter, an Liebeskummer leidender Säufer und Sheriff, der seine Stadt sauber halten soll, in seinem Zustand derzeit aber grandios daran scheitert.
Aber sowas ist ja ohnehin immer leichter gesagt als getan, gerade wenn sich zwei stinkreiche Farmer in die Haare kriegen und ein Streit vom Zaun gebrochen wird, der vom Umland in seine Stadt getragen wird und denen Sheriff Harrah ein Dorn im Auge ist. Harrah braucht also Hilfe. Und die bekommt er auch. In Form ebenjenen alten Revolverheldens, eines jungen Draufgängers, eines gebrechlichen Freundes und der Hotelbesitzerin Maudie. Eine muntere Truppe, die erst einmal alles daran setzen muss, den Chef der Stadt wieder nüchtern zu bekommen! Prioritäten müssen schließlich gesetzt werden.

Sehr männlich also!
Von wegen!

Regisseur Howard Hawks (Leoparden küsst man nicht, Hatari!), der ja sowieso ein äußerst feines Gespür für geschmeidigen Witz beweist, lässt so manches Rollenmuster kopfstehen und nimmt kernige Westernklischees mit einem galanten Dialog aufs Korn. Gleich zwei Frauen schlüpfen in schlagfertige Rollen, während der junge Bursche namens (ich muss schon wieder googeln) Alan Bourdillion Traherne (James Caan) nicht einmal mit einer großkalibrigen abgesägten Flinte zielsicher treffen kann:

„Hast du ihn getroffen?“
„Naja… teils-teils.“
„Was heißt hier teils-teils?"
„Ich habe das Schild getroffen und das Schild hat dann ihn getroffen!“

Sein Name bereitet mir übrigens immer noch Kopfzerbrechen, weshalb er glücklicherweise auf den wesentlich einfacheren Zungenbrecher Mississippi getauft wurde… aber irgendwie muss das mit ihm schon klappen. Und hey, das tut es schließlich auch. Den Kerl hat er ja schließlich getroffen!
Aber was wären die alten Säcke nur ohne eine Frau an ihrer Seite, die auf sie aufpasst und ihnen mit ihrem weiblichen Charme immer wieder aus der Patsche hilft. Die wunderbare Charlene Holt als Maudie ist nicht nur ein simples Loveinterest in diesem Westernklassiker, sie darf auch mächtig auf den Putz hauen. Und dafür braucht es nicht einmal eine Flinte. Eine Packung Seife für den versüfften Sheriff tut es ebenso gut, um dem Kerl im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf zu waschen.

Vier Mannen und eine Frau, gefühlt gegen den Rest der Welt, eingepfercht im miefigen Sheriffskabuff in El Dorado. Dieser Western ist einfach ein Fest. Ein zeitloser Klassiker, bei dem der Weg das Ziel ist. Und hier sind es die Figuren, die einem mit nur einem Wimpernschlag ans Herz wachsen. Hawks vereint in seinem Werk Tragik, Humor und noch sehr viel mehr Leidenschaft, die dieser Film mit jeder einzelnen Pore ausstrahlt. Ein Film, den ich mindestens einmal im Jahr schaue, bei dem ich mich vor Lachen noch immer genauso gut kringeln kann wie beim ersten Mal und der nun schon in der dritten Generation meiner Familie geliebt wird. Und das alles fing in meiner Kindheit an, als mein Opa und Ich mal wieder einen dieser Western geschaut haben. Nichtsahnend, wie wichtig mir dieser Film einmal sein würde. Wenn das keine Liebe ist…

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