Warum es ein Fehler ist, wenn ihr Mirror's Edge Catalyst verpasst

29.04.2016 - 19:00 Uhr
Mirror's Edge Catalyst
Electronic Arts
Mirror's Edge Catalyst
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Für viele scheint Mirror's Edge Catalyst noch etwas unter dem Radar zu rennen. Warum das ein Fehler ist und ihr unbedingt einen Blick auf das dystopische Parkour-Abenteuer von DICE werfen solltet, könnt ihr hier nachlesen.

Offene Welten sind zu etwas geworden, das im ersten Moment gern für genervtes Stöhnen sorgt. Zwar bieten sie eine Menge Content, der zum Verweilen in einer virtuellen Welt einladen soll, mit ihm kommt aber eine Vielzahl neuer Probleme, die sie zu einer Ansammlung lästiger Pflichten statt ausgedehntem Spielspaß werden lässt.

Mirror's Edge Catalyst geht dieses Problem auf seine eigene Art an. Das kommende Action-Adventure von DICE präsentiert euch zwar ebenfalls eine offene Welt, unterscheidet sich allerdings so stark von denen in Fallout 4, The Witcher 3: Wilde Jagd und Co, dass es schwerfällt, sie zu vergleichen. Mirror's Edge Catalyst schreibt sich Minimalismus in nahezu jedem Bereich auf die Flagge, ohne – wie mir die Closed Beta am Wochenende gezeigt hat – dabei die Grenzen zur Eintönigkeit zu überschreiten. Dank ihr konnte ich bereits das erste Viertel des Jump & Run-Adventures spielen und bin so zu dem Schluss gekommen, dass es ein großer Fehler wäre, wenn ihr den dystopischen Titel rund um Runner Faith verpassen würdet.

Mirror's Edge Catalyst

Was ist Mirror's Edge Catalyst eigentlich?

Mirror's Edge Catalyst ist weder eine Fortsetzung, noch ein Reboot oder Prequel des 2008 veröffentlichten Mirror's Edge. Zumindest nicht, wenn es nach seinen Entwicklern geht, die genau das immer wieder beteuern. Im Kern scheint es ein bisschen von allem zu sein, eine Art zweiter Versuch, ein Spiel mit viel Potenzial umzusetzen, das im ersten Durchlauf verloren ging. Runde zwei soll alle Probleme des ersten Spiels beheben und eine (noch) bessere Erfahrung bieten – sowohl für diejenigen, die Faith schon kennen als auch für alle, die den ersten Ausflug in die gläserne Stadt verpasst haben.

Das bedeutet für Mirror's Edge Catalyst unter anderem eine verbesserte Story, die einen genaueren Blick auf Faiths Vergangenheit und ihre Entwicklung im Handlungsverlauf wirft. Im Fokus stehen außerdem eine Überarbeitung des Gameplays sowie der Kritikpunkte, die daran geübt wurden. Allen voran betrifft das das Kampfsystem und das darin verankerte Gegnerdesign. Aber dazu später mehr.

Eine Dystopie des Lichts

Einer der größten Reize von Mirror's Edge Catalyst ist seine Dystopie. Anders als in anderen dystopischen Settings wie in Shadowrun Returns, Deus Ex oder Remember Me ist die Metropole in Catalyst kein dunkler Morast voller offensichtlichem Elend, Leid und Verbrechen, der schon durch seine Optik eine klare Grenze zwischen den verschiedenen sozialen Schichten aufzeigt. Stattdessen präsentiert sich die City of Glass in einem fast gleisenden Weiß und hellen Farben, die die Dunkelheit ihres Kerns überstrahlen wollen.

Die visuelle Sterilität steht im Widerspruch zur Überwachung und dem Preis persönlicher Freiheit, die schon das erste Mirror's Edge aufgriff und die heute noch viel relevanter sind als zum Release des Originals. Aber selbst unabhängig von der thematischen Faszination beeindruckte mich der Ansatz einer visuell vollkommen anderen Dystopie, die nicht einfach nur dunkel und dreckig sein will und plakativ mit Leid um sich wirft, um zu zeigen, wie schlimm alles ist.

Das Design von Mirror's Edge Catalyst erinnert an eine Mischung aus Tron und Designkatalogen, in denen futuristische Städte gezeigt werden, die keine Sorgen zu kennen scheinen. Allein visuell hebt sich Mirror's Edge Catalyst nicht nur von vielen Genre-Kollegen, sondern auch von allen anderen AAA-Veröffentlichungen 2016 ab.

City of Glass – die vielleicht hellste Dystopie der Videospielgeschichte

Der Punkt, der mir im Bezug auf die Welt noch Sorgen macht, ist daher nicht im optischen, sondern im spielerischen Design verankert: Denn die Closed Beta machte noch nicht deutlich, wie lebendig die offene Welt tatsächlich ist. Als Runner bewegt ihr euch im wahrsten Sinne des Wortes über dem Gesetz – anstatt durch die überfüllten und überwachten Straßen zu laufen, sprintet ihr über Häuserdächer und sucht alternative Wege durch die dystopische Metropole.

Zumindest während der Beta wirkte sie ähnlich leer wie Gotham City in Batman: Arkham Origins, nur dass das klare, saubere Design der City of Glass nicht von dieser Leere ablenken kann wie es Batmans Häuserdächer voller Referenzen einst konnten. Aber ist das überhaupt schlimm? Muss eine Open World voller sinnloser Aufgaben und optischer Spielerein sein, wenn sie sowieso keinen Mehrwert haben? Derselbe Minimalismus, der das Design von Mirror's Edge Catalyst ausmacht, scheint sich auch im Gameplay wiederzuspiegeln. Und das könnte eine weitere große Stärke des Spiels sein.

Ein Rausch an Geschwindigkeit

Einer der größten Kritikpunkte an offenen Spielwelten sind die sich wiederholenden, belanglosen Quests, unter denen viele leiden. Das ist auch eine Falle, in die Mirror's Edge Catalyst tappen könnte. Während der Beta gelang dem Spiel für mich allerdings noch die feine Balance zwischen belanglos und sinnvoll. Denn auch hier kommt die Einfachheit zu tragen, die Dreh und Angelpunkt von Catalyst ist. Während die im ersten Viertel gezeigten Quests zwar durchaus in die Kategorie Sammelauftrag fallen, bleiben sie interessant, weil der Fokus nicht auf dem Sammeln selbst liegt.

Mirror's Edge Catalyst ist nämlich nicht einfach nur ein Action-Adventure mit ein wenig RPG-Garnitur, sondern es ist gleichzeitig ein Rennspiel. Der große Unterschied zu anderen Genre-Kollegen ist, dass ihr kein Auto steuert, sondern eine Parcours-affine Heldin, um deren Bewegungen sich das komplette Gameplay dreht. Faith ist ein Runner, eine Art von Courier, die über den Häusern aktiv und nicht gerade für ihre legalen Aktivitäten bekannt sind. Das wird von Anfang an deutlich gemacht, denn Catalyst beginnt mit Faiths Entlassung aus dem Gefängnis. Bereits wenige Minuten später rennt Faith erneut durch verlassene Gebäude und über Dächer, um dem System zu entkommen, das sie mit aller Macht gefügig machen will – und wir kommen erstmals in den Genuss des Gameplays, das Mirror's Edge so besonders macht.

Catalyst bietet einen Rausch an Geschwindigkeit, der nicht nur Mittel zum Zweck ist, gleichzeitig verlangt er nämlich auch Präzision von euch. Dabei vermeidet es die Mechanik aber, unfair oder zu komplex zu werden, was den Einstieg erleichtert. Sie zu meistern und sich einen Platz auf den Bestenlisten zu sichern, steht jedoch auf einem ganz anderen Blatt. Das sorgt dafür, dass Mirror's Edge Catalyst einerseits einsteigerfreundlich ist, andererseits aber auch eine Herausforderung für erfahrene Spieler bietet.

Eine andere Art von Freeflow-Kämpfen

Das Beeindruckendste an der fließenden Bewegungsmechanik ist, wie nahtlos sie Kämpfe integriert: In einem Moment rennt ihr noch über die Dächer, im nächsten wird dieselbe Bewegung zur Waffe. Faiths Parcours-Fähigkeiten verwandeln Seilrutschen und Wände in Chancen für zusätzliches Momentum, um eure Feinde von den Beinen zu reißen und noch mehr Schaden anzurichten – ohne je anhalten zu müssen. Je länger ihr euch ohne Unterbrechung bewegt, desto eher erhaltet ihr ein Focus Shield, das euch zusätzlichen Schutz gibt und euch sogar vor den (verhältnismäßig wenigen) Kugeln schützt, die auf euch abgefeuert werden. Während Kämpfe im Original gerade aufgrund der Schusswaffen zur leidigen Pflicht werden können, passen sie dank neuer Bewegungsabläufe und dem Fokus auf Nahkampf-Gegnern viel besser in die Neuinterpretation.

Wände können euch im Kampf gegen Feinde helfen

Ich bin ein großer Fan des Freeflow-Kampfsystems der Arkham-Spiele und würde nicht behaupten, dass Mirror's Edge Catalyst auch nur annähernd so komplex ist. Dennoch erinnert mich die Art, wie Faith sich bewegt, an die fließenden Bewegungen aus den Batman-Titeln. Weniger an die des vergleichsweise schwerfälligen Dunklen Ritters und mehr an die akrobatischerer Charaktere wie Catwoman und Nightwing, die leichtfüßiger in den Kampf treten. Dabei verzichtet Faith allerdings auf die Hilfe von Waffen: Anders als noch in Mirror's Edge gibt euch Catalyst nicht die Möglichkeit, die Schusswaffen gefallener Gegner aufzunehmen. Die einzige Waffe, die Faith hat, ist ihr Körper und das Momentum, das sie durch die Geschwindigkeit erreicht.

Dass Mirror's Edge mit so großartig funktionierenden, innovativen Kampf- und Gameplay-Mechaniken aufwartet, ist ein zusätzlicher Bonus, der das Spiel auf euren Radar bringen sollte – ansonsten könntet ihr eines der vielleicht spannendsten Blockbuster-Spiele des Jahres verpassen.

Der dystopische Geschwindigkeitsrausch startet am 9. Juni, wenn Mirror's Edge Catalyst für PC, PS4 und Xbox One erscheint.

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