Warum Filme etwas dürfen, Spiele aber nicht

11.03.2014 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
South Park: Der Stab der Wahrheit
Ubisoft
South Park: Der Stab der Wahrheit
52
12
Sowohl Videospiele als auch Filme sind Kunst. Trotzdem dürfen Letztere einiges, was dem anderen Medium vorenthalten wird, wie die aktuelle Kontroverse um South Park: Der Stab der Wahrheit beweist. Aber warum ist das eigentlich so?

Kunst ist nicht gleich Kunst. Das ist eine bittere Erfahrung, die die Videospielbranche schon häufig machen musste. Obwohl Games seit 2008 als Kulturgut anerkannt sind und sich seit 2012 sogar im Museum of Modern Art in New York finden lassen, ist ihnen noch längst nicht alles vergönnt, was in anderen visuellen Medien gang und gäbe ist.

Erst letzte Woche wurde das wieder besonders deutlich, als herauskam, dass es erneut zu Verzögerungen bei der Veröffentlichung des RPGs South Park: Der Stab der Wahrheit kommen würde. Grund hierfür ist ein Hakenkreuz, das den wachsamen Augen und der Schere von Ubisoft entkommen konnte. Bekanntlich ist die Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen verfassungswidrig, sofern die Symbole nicht der Förderung von Kunst und Wissenschaft oder der politischen Aufklärung im Sinne der Verfassung dienen, wie die sogenannte Sozialadäquanzklausel besagt. Diese dient Filmen schon seit Jahren als Möglichkeit, um verfassungsfeindliche Symbolik sowohl in Dokumentar- als auch Unterhaltungsfilmen zu verwenden. In der Welt der Videospiele sieht es allerdings ein wenig anders aus.

Im Fall South Park bedeutet das, dass die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) im Gegensatz zu ihrem Pendant der FSK (Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) trotz neuen Leitkriterien, die das künstlerische Potenzial von Spielen anerkennen, allgemein keine Alterskennzeichnung für Spiele gibt, in denen sich verfassungsfeindliche Symbolik befindet. Für Publisher heißt das, dass sie Spiele ohne eine solche Kennzeichnung in Deutschland nicht ohne Weiteres verkaufen können, denn sie laufen Gefahr, dass der Titel von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert wird, was ihn hierzulande für mindestens 25 Jahre aus dem Verkehr zieht. Zwar hätten Publisher die Möglichkeit, gerichtlich vorzugehen und zu versuchen, die Verwendung der verfassungsfeindlichen Symbolik unter dem Banner Kunst durchzusetzen. Aus wirtschaftlichen Gründen schrecken davor allerdings die meisten zurück. Es ist einfacher, die entsprechenden Zeichen vorher zu entfernen als vor Gericht den künstlerischen Ansatz des eigenen Spiels beweisen zu müssen und eine Veröffentlichung so im Extremfall um Jahre zu verzögern. Das weiß auch Publisher Bethesda, der eng mit der USK zusammenarbeitet, um sicherzustellen, dass Wolfenstein: The New Order auch in Deutschland erscheinen darf – inklusive einer alternativen Realität, in der nicht die Nazis, sondern „das Regime“ den zweiten Weltkrieg gewonnen hat.

Die Frage, ob diese differenzierte Behandlung von Spielen tatsächlich in Ordnung ist, wird dank South Park: Der Stab der Wahrheit momentan erneut hitzig diskutiert, weil es sich in diesem Fall um ein Game handelt, dessen TV-Vorlage für seine bissige Satire bekannt ist. Die Serie kommt mit Dingen wie Abtreibung und Analsonden durch, die der interaktiven Version hingegen versagt wurden. Für viele scheint es eine Doppelmoral zu sein, die zu Lasten eines kompletten Mediums ausgetragen wird, das eigentlich als Kunst gelten und Gleichberechtigung erfahren sollte. Kunst bedeutet allerdings nicht gleich Narrenfreiheit und auch Filmemacher dürfen nicht tun und lassen, wonach ihnen gerade ist. Besonders dann nicht, wenn es um die Darstellung von Gewalt oder eben verfassungsfeindlicher Symbolik geht. Dennoch wirkt es bizarr, dass Unterhaltungsfilme wie Inglourious Basterds anscheinend problemlos mit Hakenkreuzen um sich werfen dürfen, während ein einziges vergessenes Symbol dafür sorgte, dass Wolfenstein 2009 indiziert, beschlagnahmt und eingezogen wurde.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News