Wenn Blut in Pixeln fließt

24.07.2014 - 16:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Hotline Miami
Devolver Digital
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Gewalt in Spielen wird vor allem deshalb so hitzig diskutiert, weil sie so lebensecht wirkt. Damit arten Diskussionen über Gewalt stets zu Diskussionen über Videospiele aus. Eine Möglichkeit, dies zu verhindern, ist die Abstraktion der brutalen Elemente.

Wie viele Personen habt ihr getötet, seit ihr zum ersten Mal einen Controller in der Hand gehalten habt? Wie viele Zombies, wie viele Mutanten, wie viele wilde Tiere, wie viele Goombas sind euch zum Opfer gefallen? Wenn ihr auf mehr als ein paar Wochen Gaming zurückblicken könnt, dann geht diese Zahl sicher weit in die Tausenden.

Videospiele, so heißt es gerne, sind ein brutales Medium, das rund um das fiktive Töten aufgebaut ist. Dass es auch anders geht, wissen vor allem diejenigen, die sich tatsächlich auch mit Videospielen beschäftigen. Trotzdem wird das Thema Gewalt in Spielen besonders unter Gamern immer wieder intensiv diskutiert, ebenso wie die Frage, ob ihr oft exzessiver Einsatz denn wirklich notwendig ist.

Mehr: Wer braucht schon Fotorealismus?

Zu den größten Kritikpunkten gehört dabei die Debatte um Fotorealismus: Von den einen als Allheilmittel der Gaming-Branche gefeiert, ist der an Besessenheit grenzende Fokus auf optische Realitätsnähe für wieder andere ihr kreativer Untergang. Egal auf welcher Seite ihr nun steht, es ist wichtig zu verstehen, dass diese Diskussion jene um Gewalt in Spielen nicht unwesentlich beeinflusst. Schließlich ist es eben dieser Realismus des Gemetzels, der die Gemüter so erhitzt.

Wenn euch quasi jeder neue Teil von Battlefield dazu aufruft, das Leben eines verfeindeten Soldaten mit einem Messer im Hals zu beenden oder Grand Theft Auto V euch via Knopfdruck einen Mann foltern lässt, dann geschieht es in polierter AAA-Optik. Die Lebensnähe in Kombination mit der Tatsache, dass ihr selbst diejenigen seid, die das Blut spritzen lassen, sorgen dabei für das größte Unbehagen.

Was geschieht jedoch, wenn wir die lebensechte Grafik aus der Gleichung nehmen? Wie mächtig kann Gewalt noch sein, wenn wir ihr die optische Glaubwürdigkeit nehmen?

Zwischen Alter und Absicht
Sicher, Diskussionen um die Darstellung von Gewalt in Spielen gab es schon lange bevor Polygone sich zu realistischen Personen zusammenfanden. Schon in der 32-Bit-Ära machten Titel wie Splatterhouse und Mortal Kombat durch ihre Brutalität auf sich aufmerksam. Allerdings waren sie damals der visuelle Höhepunkt und es gibt sicherlich keinen Gamer, der in den letzten Jahrzehnten, während sich die Grafik immer weiter entwickelte, nicht mindestens ein Mal bewundernd “besser wird es nicht” gegen seinen Monitor gehaucht hat, nur um dann doch wieder eines Besseren belehrt zu werden. Gemeint sind also nicht die technischen Beschränkungen und längst überwundenen Grafikgrenzen, sondern die bewusste Entscheidung für einen unrealistischen Stil. Hotline Miami

und das heute erscheinende Gods will be Watching sind zwei Spiele, die absichtlich diesen Weg eingeschlagen haben und dabei eine ebenso absichtlich hohe Gewaltbereitschaft zeigen. Die Trailer des Strategie-Adventures Gods Will Be Watching werben mit Folterszenen und Geiselnahmen, während der Neo-Noir-Thriller Hotline Miami besonders durch seinen außerordentlich hohen und auf ausschweifend grausige Art in die Höhe getriebenen Bodycount auffiel.

Beide Spiele nutzen die visuelle Abstraktion ihrer Gewalt, um sie möglichst extrem zu machen. Nicht, um so zu schockieren und doch noch beim Entertainment Software Rating Board der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle damit durchzukommen, sondern um sie zu einem Mittel zum Zweck werden zu lassen. Zum Träger einer Botschaft, die in fotorealistischen Spielen nicht möglich gewesen wäre, weil diese unseren Fokus vielmehr auf die blutglänzende Oberfläche lenken, als auf das, was sich darunter verbirgt.

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