Westworld - Wir blicken auf die 1. Staffel, 4. Folge im Recap

25.10.2016 - 12:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Hector EscatonHBO/Sky
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Wir haben die 4. Folge Westworld gesehen, in der sich die Storylines allmählich kreuzen. Es ist außerdem die Episode, in der Hector Escaton zurückkehrt und Maeve endlich erleuchtet wird.

Bei aller visuellen und erzählerischen Brillanz, mit der Westworld uns drei, jetzt vier, Episoden lang bei der Stange hält: Die Momente, in der die vielen umherschwirrenden Gedanken zu einem großen Bild, einem echten Wendepunkt, zusammengeführt werden, fehlten bisher. Das spricht für die größte Stärke der Serie, ihre Geduld mit sich und ihrer fragilen Welt. Gleichwohl beweist es auch ihre Schwere. Westworld ist eine Serie, die nur langsam in die Gänge kommt, wo sich alles immer bewegt, stets aber nur ein bisschen. Wir kennen das von langen Büchern. Die einen erzählen auf 300 Seiten ihre Geschichte, während die ganz großen Schinken da noch an Figurenkonstellationen schrauben und ehe du dich versiehst, bist als Leser mittendrin in der Geschichte. Da stellen wir uns doch glatt die Frage: Wo sind wir eigentlich gerade bei Westworld? Immer noch in der Einleitung oder doch schon im Hauptteil? Immerhin betreten wir mit Episode 4 die Schwelle des ersten Drittels der ersten Westworld-Staffel.

Das merken wir der Serie an. Nun, da die Welt und ihre Figuren endgültig etabliert sind, werden ihre Interaktionen miteinander wichtiger. William (Jimmi Simpson) und Dolores nähern sich an, was, ungewöhnlich in dieser Welt, eher von William ausgeht, nicht vom Host, und ohnehin nur dadurch ermöglicht wird, dass Teddy (James Marsden) schwer verletzt und gefesselt in der Wüste in der Sonne brät. William, das wissen wir seit er in der 2. Westworld-Episode bei seiner Einführung den weißen Hut wählte, ist ein guter Typ. Er streckt der in einem Freiluft-Nachtlager erwachenden Dolores einen Morgen-Kaffee hin.

Die erwachte aus einem Traum oder eher wir aus einer Rückblende. Eine jede Westworld-Episode begann bislang mit Dolores (Evan Rachel Wood), die ein Gespräch, in der Regel mit Bernard, führte und uns darin über den Stand ihres gedeihenden Unter- und Selbstbewusstsein aufklärte. Bisher entzogen sich die vorherrschenden Zeitebenen unserer Kenntnis, hier können wir uns sicher sein, dass das Gespräch in der Vergangenheit stattgefunden hat. Denn Dolores flüchtet gerade vor dem obligatorischen Massaker, das in ihrem Heim angerichtet wurde, nachdem sie ihren Peiniger niederstreckte und schließlich William in die Arme lief, was sein stumpfer American Psycho-Kumpel Logan (Ben Barnes) für einen Winkelzug des Westworld-Erlebnismanagenments hält, was jetzt gar kein so dummer Gedanke ist. So oder so ist Dolores' Welt aus den Fugen geraten. "We've got a host making a pretty big deviation from her loop", heißt das im Westworld-Sprech.

Noch zu Beginn der Episode, die den nicht unbedingt vergnüglichen, eher nach Aufbaustudium Philosophie klingenden Titel Dissonance Theory trägt, ist alles wie gehabt. Bernard (Jeffrey Wright) und Dolores unterhalten sich über Freiheit und den Willen, frei zu sein. Dolores, auf der Suche nach sich selbst und dem Mehr in einer Welt, in der es beides nicht geben darf, entdeckt neue Räume in sich und rezitiert ihren Mentor: „The pain, their loss... it's all I have left of them.“, womit sie Bezug nimmt auf ihre Familie, die irgendwann noch zu einem anderen Zeitpunkt des Spiels, wieder mal abgeschlachtet wurde. Kurz ist Dolores darüber ganz außer sich. "Limit your emotional affect, please", weist Bernard sie zurecht, was nur unwesentlich höflicher klingt als etwa Calm the fuck down.

Aber Bernard wäre nicht Bernard, würde er nicht Freiheitssamen in den erwachenden Geist dieses grundguten Hosts sähen. Dolores solle sich ein Labyrinth vorstellen. Wenn sie zum Mittelpunkt vordringt, könne sie frei sein. Später sieht sie das Labyrinth in den Wüstensand gemalt von einem Mädchen.

Dasselbe, ein Labyrinth, sucht der Man in Black (Ed Harris). Er hält das Labyrinth für das letzte Level des Spiels, die letzte Seite des Buches, wie er sagt. Er, dem alles erlaubt ist in dieser Welt, die er seit dreißig Jahren heim- und besucht, der von ihr gelangweilt scheint, erwähnt jenen Arnold, den Ford in der letzte Episode als großes Fragezeichen in die komplexe Mythologie einführte. "He [Arnold] created a world where you could do anything you want, except one thing... you can't die. Which means no matter how real this world seems, it's still just a game." Wir kennen die Welt außerhalb der Westworld nicht, vielleicht ist dort der würdevolle Tod nicht mehr möglich, nach dem MiB sich sehnt. Im Real Life ist der wahrscheinlich ein Milliardär, ein Gast bedankt sich für eine von ihm gegründete Stiftung, worauf er ihm direkt über den Mund fährt: This is my fucking vacation!, und dem eine schlichte Morddrohung voranstellt. Der Man in Black sucht Wahrheit, Erfüllung und Tod, was für ihn ein und dasselbe sein könnte. Nur der Schlüssel dazu ist das Labyrinth, und das ist wohl eine Art Kammer des Schreckens, die der abtrünnige Gründer in sein Schloss der Geheimnisse als Erbe seiner Philosophie eingebaut hat.

Wir sehen viel Wilden Westen in Dissoance Theory. William, Dolores und Logan sind auf Kopfgeldjagd, der Man in Black schließt sich in der Einöde mit der Bande der Gangsterbraut Armistice zusammen, von deren Gesichtstattoo er sich Antworten verspricht. Armistice (Ingrid Bolsø Berdal) sucht einen Mann namens Wyatt, der ihre Mutter tötete und ihr Gesicht mit ihrem Blut bemalte. Wyatt, das ist auch der neue Anker der Teddy-Identität. Wyatt muss wirklich ein übler Kerl sein. Der Man in Black und Armi befreien gemeinsam den in Leder gekleideten Gangster-Badass Hector Escaton (Rodrigo Santoro): Zigarren explodieren in Mündern und Schlössern. Im Writers Room der Westworld wuselt es. "I got a request for a pyrotechnik effect. Approved." Klar doch. MiB und sein Gefangener Lawrence suchen Wyatt und finden… Teddy, der um seinen Tod bettelt.

Ob gewollt oder nicht, dieses Aufeinandertreffen hat Ford (Anthony Hopkins) in die Wege geleitet. Ford plant überdies einen neuen gewaltigen Story-Arc und hat dafür eine große Baustelle errichtet, die den Kreis-Verkehr der Westworld ins Schlingern bringt. Sprengungen werden durchgeführt, Monster-Maschinen walzen durch die Wüste. Eine große Sache. Theresa Cullen (Sidse Babett Knudsen) sieht nach dem Rechten, denn der Vorstand sorgt sich um das Ausmaß der Veränderungen. Man fürchtet, Ford könne sein Erbe zerstören.

Im lockeren Sondierungsgespräch mit der Qualitätsmanagerin in einem Parkrestaurant lässt Hopkins die Suffixe zischen wie einst Hannibal Lecter. Die Welt steht still, im wahrsten Sinne, wenn Ford spricht. "It's [...] an entire world. We designed every inch of it. Every blade of grass. In here, we were gods. And you were merely our guests", tönt er, als Theresa erzählt, sie wäre als Kind hier gewesen. Bernard hatte ihr zuvor geraten, ihre Nervosität zu verbergen, nun läuft ihr irgendwo unsichtbar ein Schauer runter und sie zündet sich eine fahrige Zigarette an, die spätestens dann ihren Zweck erfüllt, wenn Ford droht: "I ask you nicely, please don't get in my way." Die Zigarette zittert ein wenig in ihren Händen und Theresa windet sich auf ihrem Stuhl, genau jenem übrigens, auf dem sie als Kind einst auch gesessen hatte, was kein Zufall ist, denn Ford, der zu dem Essen geladen hatte, weiß alles. Die Welt bewegt sich wieder.

Der Wendepunkt

Die schönsten Massaker richtet immer noch Hector an. Unterbrochen wird er diesmal jedoch von Maeve (Thandie Newton), die Antworten über ihre Vergangenheit und ihre Geschichte will. Sie spürt eine Kugel in ihrem Unterbauch, die vom Amoklauf eines Gastes herrührt, an den sie sich bildhaft erinnert. Wie eine Archäologin sucht sie nach Beweisen für ihre Theorie. Sie muss Ausgrabungen unternehmen, in sich selbst, und das ist nicht metaphorisch gemeint. Unter der Mithilfe Hectors schabt sie ein Kugelpartikel aus sich heraus. Aber was bedeutet das? Dass sie nicht verrückt ist. Wie Dolores erkennt sie, dass nicht mit ihr, sondern mit der Welt irgendwas nicht stimmt, und dass das alles hier egal ist. Selbst der Kugelhagel, der am Ende gegen die Tür prasselt und all die Toten auf der Straße. Nur Maeve findet im Chaos Erleuchtung.

Alle Recaps zur 1. Staffel von Westworld:

1. Staffel, 1. Folge - The Original
1. Staffel, 2. Folge - Chestnut
1. Staffel, 3. Folge - The Stray

Westworld wird derzeit bei HBO in den USA ausgestrahlt und ist in Deutschland bei Sky Go, Sky On Demand und Sky Ticket  verfügbar. Wir begleiten die 10 Episoden mit wöchentlichen Recaps.

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