Im Kommentar der Woche feiern wir jede Woche einen Kommentar, der sich heimlich, still und leise irgendwo bei einem Film, einer Serie oder sonstwo versteckt hat - vielleicht erst vor ein paar Tagen, vielleicht aber auch schon vor Jahren. Solltet ihr bei euren Reisen durch das moviepilot-Universum irgendwo über so einen Kommentar stolpern, nehmt ihn in den Arm, steckt ihn in die Tasche, und wenn ihr wieder zurück seid: Zeigt ihn uns! Am besten in einer kurzen Nachricht an Kängufant.
Der Kommentar der Woche
Von Zeit zu Zeit tauchen wahre Juwelen im Kommentar der Woche auf, die uns von Filmen erzählen, die nur wenige auf moviepilot gesehen haben. So hat unser Film diese Woche bisher erst 10 Bewertungen - jedoch wird sich das wahrscheinlich bald ändern, denn wenn uns der Kommentar von Grimalkin schon so zu begeistern vermag, was wird dann erst The Tale of Iya in euch auslösen?
Schon letztes Jahr, aber dieses Jahr noch viel mehr: Ich durchlebe
immer wieder diese Phasen, in denen mich meine cineastische Motivation
verlässt, das filmische Medium mir manchmal wie eine lästige Pflicht
erscheint, wenn die Tage zwischen Sichtungen mit rasender
Geschwindigkeit vergehen. Es macht mir Angst, weil ich befürchte, die
Liebe zum Film ganz allmählich schwinden zu sehen, als hätten wir uns
einfach auseinander gelebt. Doch dann, wenn ich im richtigen Augenblick
den richtigen Film sehe, werde ich wieder daran erinnert, dass der Bund
zwischen mir und dem bewegtem Bild letztlich ein untrennbarer ist, der
auch schwere Zeiten zu überstehen weiß. Gestern war dieser richtige
Augenblick und "The Tale of Iya" war der richtige Film.
Und was für ein Film! So magisch, verzaubernd und doch so real, mit dem Blick für die ernüchternde Wirklichkeit. Zwischen Tradition und Moderne, Natur und Mensch, dem Ideal eines Lebens und dessen Realität bewegt sich Haruna in einer idyllischen Berglandschaft auf einem unsicheren Pfad, auf der Suche nach Orientierung. Wer ist dieses Mädchen und wo steht sie? Ein Bein auf dem Weg nach vorne - Freiheit, Fortschritt, ein anderes Leben - das andere in der Vergangenheit verwurzelt, mit Pflicht und Liebe an die Familie gebunden. Für diese Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz und Identität im Individuum steht gleichermaßen auch das so beschauliche Iya als Handlungsort zwischen den Welten, als Sinnbild für Japan im Ganzen. Wenn die herausragende Kamerarbeit wunderschöne Naturbilder einfängt und jede zweite Einstellung wie ein Gemälde an die Wand gehängt werden könnte, scheint die Antwort auf die essentiellen Fragen geradezu eindeutig zu sein, doch dann lässt man sich wie Kudo, der Städter aus Tokyo, auf eine naiv-romantische Vorstellung ein, die nur enttäuscht werden kann, denn das Landleben kann dem idealisierten Traum einfach nicht entsprechen und der technologische Fortschritt hat längst Einzug in Iya gehalten.
Und selbst wenn
einen die inhaltliche Ebene intellektuell oder emotional kaum tangieren
sollte, kann man sich wohl kaum der ausdrucksstarken Bildsprache
erwehren, die an das japanische Kino vergangener Dekaden erinnert und
später sogar den Magic Realism eines Haruki-Murakami-Romans evoziert.
"The Tale of Iya" ist mit einer solchen handwerklichen Finesse auf
das Zelluloid gezaubert worden, dass die Vorstellung des zum
Drehzeitpunkt erst 28-jährigen Regisseurs Tsuta umso beeindruckender
ist. Sein Film ist ein eine Erinnerung an die Vergangenheit, ein Traum
von der Gegenwart und eine Suche nach der Zukunft eines Lebens, das man
für drei Stunden lebt, bevor der Abspann von der nahenden Rückkehr in
die eigene Realität kündet.