Wie You bei Netflix explodierte: Die erstaunliche Erfolgsstory der Stalker-Serie

20.01.2019 - 09:35 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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You ist bei Netflix durch die Decke gegangen, 40 Millionen sollen die Serie bald gesehen haben. Ihr erstaunlicher Erfolg erzählt von der schleichenden Ablösung des Fernsehens durch Streaming.

Gerade läuft die 13. Staffel von Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!. Die noch immer umstrittene Reality-Show beschert nicht nur RTL jedes Jahr hervorragende Quoten, sie zieht darüberhinaus einen bunten Social-Media-Zirkus an, der das Geschehen simultan zur Ausstrahlung bespricht. Für knapp zwei Wochen darf sich das traditionelle Fernsehen wieder als Ort fühlen, wo Popkultur stattfindet und breit diskutiert wird, was eigentlich nur noch vorkommt, wenn Sport läuft oder die frisch getrennten Helene Fischer und Florian Silbereisen gemeinsam auf der Bühne stehen. Serien gelingt das - nicht nur im deutschen Fernsehen - eigentlich gar nicht mehr.

Diese Woche gab Netflix seine Quartalszahlen bekannt und veröffentlichte im selben Rutsch die Aufrufzahlen seiner erfolgreichsten Serien. Darunter befand sich auch You, die im Laufe der nächsten Tage auf 40 Millionen Streaming-Abrufe kommen soll, und irgendwo in New York fiel ein Senderchef vom Stuhl.

Die Erfolgsgeschichte von You bei Netflix

In New York sitzt der US-Kabelsender Lifetime, der mit seiner Größe und Ausrichtung (das Programm ist auf ein weibliches Publikum abgestimmt) vielleicht mit der deutschen ProSieben-Tochter Sixx vergleichbar ist. Bei Lifetime lief der Psychothriller You mit Penn Badgley schon von September bis November 2018. Die Quoten waren okay, pro Woche schauten durchschnittlich 1,1 Millionen Menschen zu. Bei Netflix sind die Folgen weltweit erst seit Ende Dezember verfügbar und der Zuschauerwert hat sich in kürzester Zeit nahezu vervierzigfacht. Woher kommt diese extreme Diskrepanz?

You wurde auf Netflix zur sozialen Sensation

Es schien fast, als hätte die Serie erst dann begonnen zu existieren, nachdem sie bei Netflix verfügbar war. Wie You erst nach der Netflix-Veröffentlichung zum relevanten Gesprächsthema wurde, erzählt etwa dieser Tweet  (via Washington Post ). In aller Kürze: Der You-Fan Ashley Thomas empfahl im Herbst, also lange bevor You bei Netflix startete, seinen Freunden eine coole neue Serie über einen mörderischen Stalker.

Mit einer Lifetime-Serie konnte Ashley aber niemanden hinterm Ofen vorlocken. Als You dann schließlich bei Netflix startete, legten ihr dieselben Freunde diese neue Serie über einen sexy Stalker ans Herz, als hätte die Unterhaltung vorher nie stattgefunden.

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Apropos sexy Stalker: Bevor You bei Netflix lief, musste Hauptdarsteller Penn Badgley die von dem gefährlichen Charme seiner Figur betörten Fans gar nicht vor sich selbst schützen. Viele junge Zuschauer verherrlichen das obsessive Verhalten der Serienfigur Joe Goldberg. Bei Lifetime passierte dergleichen nichts. Oder die Zuschauer wussten nicht, wie man über solche Gedanken twittert. Hatte Netflix die Serie etwa aus einer Art Paralleluniversum stibitzt, dessen Bewohner keinen Schimmer haben, was bei den Nachbarn so vor sich geht?

Mit You nutzte Netflix dasselbe Rezept wie bei The End of the F***ing World

You ist nicht die erste Serie, die auf einen Netflix-Start reagiert wie Mentos auf Cola. Auch Serien wie The End of the F***ing World oder die Die Einkreisung und mit Abstrichen Riverdale hatten schon ein Leben vor ihrem Streaming-Erfolg. Aber erst mit ihrer Netflix-Auswertung schossen sie durch die Decke. Häufig ist das zweite Netflix-Leben für diese Serien bereits vertraglich ausgehandelt, die Trennung der Dimensionen Fernsehen und Streaming also einkalkuliert.

Warum explodieren Serien bei Netflix?

Eine große Rolle spielt dabei natürlich die weltweite Verfügbarkeit von Netflix. Der Streaming-Dienst ist sowas wie ein großer Serienhafen, von dem aus Filme und Serien um den Globus verschifft werden. Er ist für viele Serien, auch für deutsche Produktionen wie Dark, das Tor zur Welt. So kommen schnell extrem hohe Abrufzahlen zusammen, mit denen mittelgroße Fernsehsender nicht konkurrieren können.

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Das allgemeine Interesse steigt dann sprunghaft an, wenn eine Serie zu Netflix kommt. Die You-Darsteller etwa verzeichnen rasante Follower-Zuwächse in den Sozialen Medien, schreibt die Washington Post in ihrem Artikel über das You-Phänomen. Auch die Trends bei den Google-Suchen zeigen auffällige Bewegungen, fand eine Autorin von The Ringer  heraus (siehe oben).

Was bedeutet der You-Erfolg für das traditionelle Fernsehen?

Netflix holte You dorthin, wo es ein Publikum hat. Netflix weiß, dass es für Serien wie You eine Zielgruppe auf der Plattform gibt. You ist eine typische Netflix-Serie, zugeschnitten auf die Sehgewohnheiten eines jungen Publikums, spannend, aber nicht zu spannend, die Handlung komplex, aber nicht zu anstregend, süchtigmachend, kurz: binge-bar. Dieses junge You-Publikum schaut seine Serien aber eben nicht bei Lifetime und auch in Deutschland nicht bei Sixx.

Das hat selbst Penn Bagdley verstanden:

Der Unterschied zwischen [Netlix und dem Lifetime-Publikum] ist offensichtlich. Und er ist bezeichnend für so viele verschiedene Dinge, nicht zuletzt die Art, mit der junge Menschen Medien konsumieren.

Die Jugend ist aus dem Fernsehen verschwunden, das Fernsehen sendet und produziert aber weiter Serien für dieses Publikum, wie ProSieben es in Deutschland lange verzweifelt versuchte. Den Erfolg von You bei Netflix dürfen wir natürlich als Indiz für den wachsenden Einfluss des Streaming-Dienstes nicht ignorieren. Vor allem, wenn Erfolg und Misserfolg einer Serie so entscheidend von der Plattform abhängen. Der Weg, den You genommen hat, ist aber keine reine Netflix-Geschichte. Er beschreibt die partnerschaftliche Beziehung zweier Konsumformen, die friedlich nebeneinander koexistieren, während die eine Form die andere gerade unwiderruflich verdrängt. Immerhin macht das Fernsehen das Beste draus.

Habt ihr You schon geschaut?

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