Willem Dafoe - Glückwunsch an den Mimik-Meister

22.07.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Willem Dafoe in Spider-Man
Columbia Pictures
Willem Dafoe in Spider-Man
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Willem Dafoe ist einer der vielseitigsten Darsteller und eines der prägnantesten Leinwandgesichter unserer Zeit. Vom wahnsinnigen Comic-Schurken über den transsexuellen Polizeiermittler bis zu Jesus spielt er alles und das mit Bravour. Wir gratulieren zum Geburtstag.

Meiner Generation, fast Mitte 20, dürfte Willem Dafoe das erste Mal 2002 als Norman Osborn aka Green Goblin in Spider-Man in den Kinos begegnet sein. Als er dort auf seinem Gleiter durch die Lüfte schoss und mit einem lockeren Itsy Bitsy Spider auf den Lippen New York terrorisierte, zitterte ich vor Spannung. Osborns Selbstgespräche und sein langsames Abdriften in den Wahnsinn, setzte dem ganzen die Krone auf. Doch bereits weit vorher zeigte Dafoe, dass er in Perfektion dem Wahnsinn ein Gesicht geben kann, aber darüber hinaus noch viel mehr zu bieten hat.

Die 1980er: Vietnam, Rassenwahn und Jesus

Willem Dafoe in Platoon


Dafoes Karriere begann in den 1980er Jahren mit Filmen wie Straßen in Flammen, in dem er die Rolle des Antagonisten übernahm. Doch in eine Schublade gesteckt werden wollte er nicht. Sein Durchbruch brachte ihm schließlich die Rolle des Sergeant Elias in Oliver Stones Vietnam-Kriegsfilm Platoon, welche ihm auch eine Oscar-Nominierung als Bester Nebendarsteller bescherte. Wenige Jahre später arbeitete er erneut mit Stone für den Film Geboren am 4. Juli zusammen, indem er einen verkrüppelten Vietnam-Veteran spielte und sich ein aberwitziges Spuckduell mit seinem Partner und Hauptdarsteller Tom Cruise lieferte. Durch seine expressive Mimik und seinen gekonnten bösen Blick, der einem die tiefsten menschlichen Abgründe zeigt, bekam der gebürtige Amerikaner im Laufe seiner Karriere immer wieder schwierige und psychisch angeschlagene Charaktere zugeteilt.

Dass er es aber auch anders kann, zeigte er in dem Rassismus-Drama Mississippi Burning - Die Wurzel des Hasses an der Seite von Gene Hackman. Hackman und Dafoe spielten in dem Film von Alan Parker ein Agenten-Duo, das in Mississippi einen Mord aufklären will und sich mit dem offenen Rassismus der dort lebenden Bevölkerung konfrontiert sieht, der die Ermittlungen behindert. Dafoe zeigt in seinem Spiel eine Seite, die sich sehr von seiner Darstellung des wahnsinnigen Norman Osborn unterscheiden könnte. Die Rolle des emsigen Ermittlers hatte er in seiner Karriere noch häufiger inne. Auch seine Zusammenarbeit mit Regie-Legende Martin Scorsese unter dem Titel Die letzte Versuchung Christi zeigt erneut die Vielfältigkeit des Mannes, der in einem Jahrzehnt den Anführer einer Motorradgang, einen Vietnamsoldaten und -veteranen sowie einen FBI-Agenten im Kampf gegen den Ku Klux Klan und Jesus selbst gespielt hatte.

Die 1990er: Lynch, Madonna und Travestie

Willem Dafoe in Der blutige Pfad Gottes


Die 1990er begannen für Dafoe mit Filmen wie Cry-Baby und Wild at Heart - Die Geschichte von Sailor und Lula, in denen er überzeichnete Charaktere spielte, die abstoßend und überdreht ihrem Tagewerk nachgingen und mit überzeichneten Gesten und Mimikspiel von Dafoe zum Leben erweckt wurden, wie es nur wenigen anderen möglich ist. Auch wenn er mit Filmen wie Body of Evidence ( an der Seite von Pop-Ikone Madonna) oder Speed 2: Cruise Control einige Fehlschläge verbuchte, festigte Willem Dafoe in dieser Zeit seinen Ruf als wandelbarer Charakterdarsteller durch Filme wie Der englische Patient. Einen besonderen Kultstatus erlangte der Der blutige Pfad Gottes, in dem er erneut einen FBI-Ermittler mimte, diesmal jedoch einen Homosexuellen mit Hang zur Travestie. Zwei Attribute, für die die Fans seiner Rolle bis heute Tribut zollen. Dafoes gekonntes Overacting ist ein Highlight des Films von 1999.

Die 2000er: Spinnen, Vampire und der Antichrist

Willem Dafoe in Shadow of the Vamp


Nachdem in American Psycho erneut die Rolle eines Ermittlers dran war, spielte er in dem leider viel zu wenig beachteten Shadow of the Vampire den Part des Max Schreck, der bei den Dreharbeiten zu Nosferatu, eine Symphonie des Grauens immer mehr den Eindruck erweckt, ein echter Vampir zu sein. Für seine Leistung an der Seite von John Malkovich und Udo Kier erhielt er erneut eine Oscar-Nominierung. Hinzu kam die erste Welle der ernsthaften Comic-Verfilmungen und damit die ersten drei Spider-Man-Filme. Über Dafoes gewinnbringende Beteiligung wurde an dieser Stelle ja bereits gesprochen.

Fernab der großen Blockbuster wandte er sich aber auch immer wieder dem Indie-Sektor zu und arbeitete unter anderem mit Wes Anderson für Die Tiefseetaucher und Der fantastische Mr. Fox zusammen. Sperrige Filme waren auch nie ein Problem für den Mann, der seine Wurzeln im Theaterfach hat und so übernahm er 2009 die männliche Hauptrolle in Lars von Triers kontrovers diskutiertem Film Antichrist und bewies damit absolute Schmerzfreiheit.

Und heute?

Willem Dafoe in Nymphomaniac


Seit 2010 tat sich unser Geburtstagskind vor allem mit seiner Performance in The Hunter hervor, sowie als Hamburger Bankier im letzten Film seines Schauspielkollegen Philip Seymour Hoffman A Most Wanted Man. Weitere Zusammenarbeiten mit Wes Anderson (Grand Budapest Hotel) und von Trier (Nymphomaniac 2) folgten.

Selten gelingt einem Schauspieler so meisterhaft der Spagat zwischen Blockbuster- und Independent-Kino. Wir können uns seinem Blick nicht entziehen und trotz der unbestreitbar düsteren Gesichtszüge, die ihm die Darstellung ein paar der denkwürdigsten Charaktere ermöglichten, schafft er es auch, seinen Figuren immer wieder eine Dimension hinzuzufügen. Seine Lust zu experimentieren hat er bis heute nicht verloren. Er beschränkt sich nicht auf Hollywood oder die USA, sondern dreht auch immer wieder mit Vorliebe in Europa, wo er in Rom seinen zweiten Wohnsitz innehat. Auftritte in Kurzfilmen wie The Smile Man  oder seine Beteiligung an dem Videospiel Beyond: Two Souls lassen eine nimmermüde Neugier erahnen, die ihm hoffentlich noch lange erhalten bleibt, auf das er uns weiterhin schockiert und berührt. Wir gratulieren mit den besten Wünschen! Dem Mann mit dem wohl entspanntesten und ehrlichsten Lächeln auf diesem Planeten. Alles Gute!

Ein freudiges Geburtstagskind


Was wünscht ihr Willem Dafoe zum Geburtstag?

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