Unser Moderator ist schon ein ulkiger Kerl. Da fangen bei ihm Vor-
und Nachname mit dem gleichen Laut an, blöderweise handelt es sich dabei
aber um zwei verschiedene Buchstaben. Wie wenn (folgendes Beispiel akut
aus der Luft gegriffen) ein Herr Wand zwar mit Vornamen Walter hieße
und man damit eine prächtige Alliteration in den Mund gelegt bekäme.
Doch eigentlich hieße Herr Wand dann Valter mit Vornamen. Mit V statt W.
Ich finde so etwas ärgerlich.
Denn so wird die schöne Illusion von einer Welt zerstört, die nur
dazu da ist, sich über alles und jeden lustig zu machen. Wobei, wenn man
das wiederum anders sieht, dass es gerade aus dem Grund lustig sein
müsste, weil es eben nicht das ist, was ich mir wünschen würde – lassen
wir das.
Ich war für eine längere Zeit nicht in der Sneak (ein Seminar am
Montagabend ist aus verschiedenen Gründen so überhaupt keine
Empfehlung). Aber als ich im Juli zurückkehrte, hatte sich kaum etwas
verändert. Halt! Der Sneaktyp, unser heiliger Moderator war nicht
zugegen. Hatte er etwa schon wieder Urlaub? Wieder Rehe beobachten in
Bulgarien? Die Paarungszeit von Meerschweinchen protokollieren? (Wer
weiß, was die an gewissen Universitäten alles zustande bringen.)
Es gab ein „lustiges“ Spiel, bei welchem drei zufällig ausgewählte
Kandidaten Papierflieger bzw. „Schwalben“ bauen sollten. Über die
Ingenieurskünste und Erfolge der papierigen Fliegerchen verliere ich
hier besser kein Wort. Es sei so viel gesagt: wenn ich mich schon vorne
hinstelle und laut damit angebe, dass ich doch Physik studiere, dann
sollte mein Flieger eher nicht Meter im Negativbereich machen.
Vor
kurzem erst weilte ich in Berlin und da die große Kinokette, welche
unsere Sneak beherbergt, momentan eine Aktion pflegt, bei der man für
einen Fixpreis in einem bestimmten Zeitraum unbegrenzt Filme anschauen
darf, zog es uns dort auch einem Montagabend in die Sneak (am
Potsdamer). Wir waren natürlich gespannt darauf, welche Sorte Moderator
wir hier antreffen würden. Bei uns hatte es doch bereits den
„Schüchternen“, die „Verwirrte“, den „Stocksteifen“ und den allseits
beliebten „VW“ gegeben. Wir malten uns aus, wie letzterer mit breitem
Grinsen die „Bühne“ vor der Leinwand betreten würde, etwas von einem
ganz neuen „Konzept“ des „Moderatoren-Austauschs“ bei Sneak Previews
erzählen würde und beim Anblick unserer Wenigkeit(en) sich fast zu Tode
erschrecken würde.
Im Sinne von „Wie? Was macht ihr denn HIER?“
Er verzweifelte nicht umsonst bereits ein paar Mal, weil er uns zu
einer bestimmten Zeit sooft antraf. Mich wundert da bloß nur noch, dass
wir uns nicht noch außerhalb der Veranstaltung sahen. Wobei…
Aber es kam nicht dazu. Man muss sich das erst mal vorstellen: die
in Berlin haben gar keinen Moderator. Verrückt, nicht? Weshalb geht man
denn dann zur Sneak? Um NUR den Blödsinnsfilm, wie z.B. Ricki - Wie Familie so ist
anzuschauen? Dann wär‘ ich aber nach dem einen Mal schon wieder weg
gewesen. Tschüss, ohne mich. Dafür gab es jedoch anderweitige
Unterhaltung. Eine Gruppe junger Frauen hatte entweder keine Tickets und
sich hereingeschlichen oder bloß miese Plätze in der ersten Reihe. Denn
sie mussten sich mit zunehmender Zuschauerzahl immer wieder umsetzen,
bis sie es sich schließlich auf den seitlichen Stufen gemütlich machen
mussten. Ganz glücklich konnten sie ein paar Minuten nach Filmbeginn
letztlich doch frei gebliebene Plätze einnehmen. Was blieb da noch? Ah,
der Junge mit dem Rucksack, der bestimmt mehrere Male die Stufen an
beiden Seiten hoch- und runterlief, ohne ersichtlichen Grund. Den Film
hielt er nicht mal eine halbe Stunde durch (*verständlich). Neben mir
saß außerdem ein netter Mann, welcher mich ein wenig an einen Stammgast
unserer Sneak erinnerte (mittleres Alter, immer einen großen Rucksack
dabei, jede Szene des Films kommentierend) – während wir so da saßen und
hofften, dass aus dem Kram, der sich da auf der Leinwand abspielte,
noch etwas halbwegs Anständiges würde (*vergeblich), versuchte er im
Dunkeln (!) immer wieder auf meine Armbanduhr zu blicken. Irgendwann
drehte ich sie ihm einfach hin, er nahm es grinsend zur Kenntnis. Das
führte jedoch auch dazu, dass er gerade mal etwas mehr als die Hälfte
des tollen (*nicht) Films mitbekam, weil er irgendwann auch plötzlich
los musste. Erinnert mich an etwas, das wir im Freundeskreis gern
machen, wenn wir auf etwas keine Lust haben und dann ganz ironisch auf
die Armbanduhr klopfen (meistens tragen wir aber gar keine): „Uhh,
leider keine Zeit, hab’n Zahnarzttermin!“
Womöglich ist das eine Entwicklung aus Jan Böhmermanns Klopfen auf die
(imaginäre) Armbanduhr in Verbindung mit dem Ausruf „leider keine
Lust!“, aber das sind bloß Gerüchte.
Ich bin mir auch nicht ganz sicher, wie ich diese Ausgabe
beenden soll, so ist sie doch mehr eine Ansammlung kleiner
Beobachtungen, also sei nur noch so viel gesagt: weshalb am vergangenen
Montag die Frau neben mir mit einem „ach du scheiße!“ nach gut zwanzig
Minuten Film aufsprang und nie wieder kam, würde ich eigentlich schon
gerne wissen. Ach, und genauso gerne, weshalb unser allseits geliebter
Moderator in „Zivil“ da war und sich den Film selbst anschaute und
meinen heimlichen Favoriten, den „Schüchternen“ die ganze Arbeit machen
ließ. Es gab übrigens 3D-Brillen, die ausgeteilt wurden. Für Everest. Auch wenn hinter uns einer meinte, dass Der Marsianer - Rettet Mark Watney
käme. Hat er wahrscheinlich nicht mehr geglaubt, als auf der Leinwand
„nach einer wahren Geschichte“ stand. Hoffe ich – für ihn. Würde mich
anderweitig aber auch gar nicht mehr wundern.
Die bisherigen Artikel aus der Reihe Aus dem Leben eines Sneakers:
Willkommen im Irrenhaus • • • Tabubruch • • • Das Pfingsten-Fiasko
Mein Vorhaben: in unregelmäßigen Abständen ein wenig was zu dem Wahnsinn in der Sneak zu bloggen. Das kann wöchentlich passieren - oder auch mal monatelang still liegen. Kreativität hat seine eigenen Gesetze und wie oft ich die Veranstaltung überhaupt noch besuche, steht auch in den Sternen. Geht selbst hin und überzeugt euch davon (manchmal sollen ja auch gute Filme laufen!) und lacht einfach ein bisschen, das Leben ist sonst so ernst...