Wir schauen The Walking Dead - Staffel 5, Folge 6

18.11.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Ist durch die Hölle gegangen: Carol (Melissa McBride)AMC
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Carol und Daryl verschlägt es in Consumed, der sechsten Episode der fünften Staffel von The Walking Dead, nach Atlanta. In der Hoffnung, dass er sie direkt zum Aufenthaltsort der verschwundenen Beth führt, verfolgen die beiden einen fremden Wagen.

Wenngleich Eugenes (Josh McDermitt) Geständnis in Self Help ein absehbarer Twist war – so wurde er doch regelmäßig durch sein zögerliches Verhalten gegenüber Abrahams (Michael Cudlitz) und Rositas (Christian Serratos) Plänen angedeutet – schlug der Moment der Offenbarung ein wie eine Bombe. Ausschlaggebend dafür war jedoch nicht die Veränderung des Status quo an sich. Vielmehr entpuppte sich die Schilderung dieser Veränderung als packendes Unterfangen. Es ist folglich nicht so wichtig, was genau passiert, sondern wie es genau passiert. Consumed, die sechste Episode der fünften Staffel von The Walking Dead, geht diesen kürzlich eingeschlagenen Pfad weiter und koppelt sich in gewisser Weise sogar komplett aus dem bisherigen Staffelverlauf aus. Was Carol (Melissa Suzanne McBride) und Daryl (Norman Reedus) im Rahmen ihrer Suche nach Beth (Emily Kinney) erleben, ist weder handlungs- noch dialoglastig und fühlt sich beinahe so an, als wäre für 45 Minuten die Zeit stehen geblieben. Trotzdem gelingt es Consumend wie nur sehr wenigen Kapiteln zuvor, die zerreißende Tragik der Geschehnisse ohne penetranten Erklärungsbedarf auf den Punkt zu bringen.

You said that we get to start over. Did you?

Im Opening ein Flashback: zurück in der vierten Staffel, wo Rick (Andrew Lincoln) die Konsequenzen aus Carols Handeln zieht und die beiden trotz all dem, was sie zusammen erlebt haben, getrennte Wege gehen. Was Rick in der Zwischenzeit durchgemacht hat, wurde zuvor ausreichend erzählt. Von Carols Solo-Abenteuer in der Zombie-Apokalypse wissen wir bisher nicht so viel. Ein Umstand, dem eine melancholische Montage in tristen Bildern Abhilfe schaffen soll. Allein bewegt sich Carol durch die Trümmer der alten Welt und findet in einem verlassenen Haus Unterschlupf. Doch selbst nachdem Fallen aufgestellt, Türen verbarrikadiert und anderweitige Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, bekommt Carol kein Auge zu. Das Erlebte verfolgt sie mit jedem Atemzug. Erst der schwarze Rauch am Horizont – ein symbolisches Leuchtfeuer, das im späteren Verlauf zum Leitmotiv der Episode wird – befreit die Überlebende aus ihrer Tristesse. Ohne mit der Wimper zu zucken, schnappt sie sich ihr Gepäck und bricht auf. Nur um am Ende eines unerbittlichen Kampfes die verbliebenen Flammen der Schlacht um das Gefängnis zu bezeugen.

Ein düsterer Prolog, der gänzlich ohne Worte auskommt. In der Gegenwart sieht das ganz anders aus. Carol ist nun nicht mehr allein, hat wieder zu ihrer Gruppe zurückgefunden. Jetzt sitzt sie mit Daryl in einem Wagen und gelangt über den ausgestorbenen Highway direkt nach Atlanta – in genau jener Einstellung , in der Rick vor einer gefühlten Ewigkeit auf einem Pferd die einst so florierende Metropole erreichte. Im Gegensatz zu Ricks Ankunft schwingt in Consumed jedoch keine Hoffnung auf Errettung durchs Militär oder andere Sondereinheiten der Regierung mit. Diese Vorstellung existiert dank vergangener Erlebnisse nicht mehr. Und dennoch gibt es da eine andere Hoffnung, die Carol und Daryl motiviert, einem fremden Auto durch die menschenleeren Straßen zu folgen und ihr Leben für ein anderes aufs Spiel zu setzen. Die Rettung von Beth zögert sich allerdings hinaus, denn die beiden verlieren den Anschluss an den verfolgten Wagen. Es gilt also einen sicheren Platz für die Nacht zu suchen. In einer Behelfsunterkunft, die offensichtlich mit Carols Vergangenheit verknüpft ist, finden sie Zuflucht. Auf dem Tisch liegt ein Buch mit dem Titel Treating Survivors of Childhood Abuse.

Außerdem entdecken Carol und Daryl Zombie-Kinder – yay! Ein gruseliger Augenblick, besonders mit dem Hintergedanken an Sophia (Madison Lintz). Daryl übernimmt das Töten und verbrennt die Kadaver am nächsten Tag. Erneut steigt schwarzer Rauch auf und ein assoziativer Flashback katapultiert Carol zurück an den Ort, an dem Tyreese (Chad Coleman) die Leichen von Lizzie (Brighton Sharbino) und Mika (Kyla Kenedy) zum Begräbnis trug. Grausame Erinnerungsfetzen, die vor allem Carol geprägt haben und kaum in Worte zu fassen sind. Dementsprechend versuchen Matthew Negrete und Corey Reed gar nicht nach verkrampfen Dialogen zu suchen, um das Unfassbare zu erläutern. Nein, ausnahmsweise sprechen in The Walking Dead ausschließlich kraftvolle Bilder in atmosphärischen Konstellationen. Die Odyssee durch Atlanta mag auf den ersten Blick unspektakulär, ja geradezu wie Füllmaterial wirken. Was in Consumend jedoch alles im Hintergrund mitschwingt, ist gigantisch: angefangen bei den vereinzelt eingestreuten Rückblicken (Rückblicke!) über die betäubte Stille der Geisterstadt (inklusive einem Gefühl, das sehr stark an The Last of Us erinnert) bis hin zur nie ausbuchstabierten Freundschaft von Carol und Daryl. Unglaublich wie sich Seith Mann, seines Zeichen für die Inszenierung der Episode verantwortlich, gegen die potentielle Liebesgeschichte zwischen den beiden entscheidet und stattdessen das spannende Portrait einer komplexen Freundschaft zeichnet.

Später erspäht Daryl durch das Fester eines Büros einen Van mit weißen Kreuzen auf der Heckscheibe, der auf einer Brücke gegen die Brüstung gefahren zu sein scheint. Ein weiterer Hinweis, der die beiden zum Aufenthaltsort von Beth führen könnte. Während sich Carol beim Wasserspender in dem vornehm eingerichteten Zimmer bedient, macht sich Daryl über ein Gemälde lustig, das vor langer Zeit mit Sicherheit einen ordentlichen Batzen Geld wert war. Carol gesteht, dass sie es mag – ernsthaft! Ihr Verhältnis bleibt darüber hinaus ungeklärte beziehungsweise vage. Der Neuanfang ist kein leichtes Unterfangen und es ist schön zu sehen, dass sowohl Carol als auch Daryl damit genauso vorsichtig wie zögerlich umgehen. Vertrautheit und Vergänglichkeit: zwei Gefühle, die sich nicht nur beim Spaziergang durch Atlanta breit machen. Auch im Zusammenspiel von Carol und Daryl existiert dieses gewisse Maß an Sicherheit und Unsicherheit. Und trotzdem verbindet die beiden etwas, das ihnen weder ein Mensch noch ein Zombie nehmen kann und keiner weiteren Aussprache bedarf, da es so selbstverständlich und natürlich ist.

Im weiteren Verlauf von Consumed stehen zwei weitere Dinge im Vordergrund: auf der einen Seite die Begegnung mit Noah (Tyler James Williams), auf der anderen Seite ein waghalsiges Manöver im zuvor ausgemachten Van auf der Brücke. Noah überfällt Carol und Daryl. Zwar tötet er sie nicht, doch nimmt er ihre Waffen und lässt sie (zum Sterben) zurück. Ein weiterer Flashback brennender Leichen erobert das Gezeigte. Dann machen sich Carol und Daryl auf den Weg zum bereits erwähnten Kleintransporter, der ihnen unmittelbar darauf zum Verhängnis werden soll. Die Beißer bemerken die Gegenwart von Frischfleisch natürlich und infolgedessen gibt es kein Entkommen mehr. Lediglich der Van bietet Zuflucht – und stürzt schließlich in die Tiefe. Was folgt, ist ein Aufprall, ein Wachrütteln und die Gewissheit, dass unsere Helden überlebt haben. Dann plätschern ein paar Untote von der Brücke herab, als hätte der Frosch-Regen aus Magnolia niemals aufgehört. Reflektierend meint Carol: "... at the prison, I got to be who I always thought I should be, thought I should’ve been. And then she got burned away. Everything now just consumes you." Daryl entgegnet dem verzweifelten Fazit mit einem entschlossenen "We ain‘t ashes".

Als die beiden zum Schluss wieder auf Noah treffen, befindet sich dieser in einer ärgerlichen Situation. Von einem Beißer bedrängt, hat er sich nun auch die Gunst Daryls verspielt. Ein Glück, fungiert Carol noch rechtzeitig als moralische Instanz, bevor der eingeschnappte Armbrust-Berserker den armen Jungen seinem Schicksal überlässt. Kaum befinden sich die drei auf der Flucht, wird Carol von den Menschen aus dem Grady Memorial Hospital zuerst über den Haufen gefahren und im Anschluss mitgenommen. Noah drängt darauf, nicht einzugreifen. Immerhin könnte der verletzten Carol nur mit den Versorgungsmöglichkeiten im Krankenhaus das Leben gerettet werden. In diesem Moment schlägt Consumed den Bogen zu Slabtown und gedenkt zuvor ein letztes Mal dem verheerenden schwarzen Rauch in Form eines Flashbacks: Niedergeschmettert irrt Carol durch den Wald. Soeben hat sie in Terminus für mächtig Aufstand gesorgt. Am Horizont steigt der Vorbote von Tod, Verderben und Zerstörung gen Himmel auf. In Carols Gesicht steht Angst geschrieben. Angst davor, dass ihre Freunde in dieser Sekunde ums Leben gekommen sind. Und noch viel mehr Angst davor, dass ihre Freunde in dieser Sekunde um die Ecke kommen könnten.

[Nachtrag: Awesome Lost -Content!]

Was bisher geschah:

Staffel 5, Folge 1: No Sanctuary
Staffel 5, Folge 2: Strangers
Staffel 5, Folge 3: Four Walls and a Roof
Staffel 5, Folge 4: Slabtown
Staffel 5, Folge 5: Self Help

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