Wir schauen The Walking Dead - Staffel 6, Folge 1

13.10.2015 - 09:30 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Rick Grimes (Andrew Lincoln)AMC
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Kaum hat die erste Staffel des Spin-offs ihr Ende genommen, da fängt die Mutterserie wieder an: The Walking Dead startete am Sonntag in die sechsten Staffel und liefert mit First Time Again einen grundsoliden Auftakt ab.

Ein unfassbarer Blickwechsel zog zuletzt einen symbolischen Graben zwischen zwei Figuren, die uns seit der ersten Staffel von The Walking Dead begleiten. Auf der einen Seite war da Rick (Andrew Lincoln), der soeben einen Mann getötet hatte. Auf der anderen Seite wurde Morgan (Lennie James) Zeuge der Situation, allerdings ohne den Kontext zu kennen. Wenngleich Rick seine Gründe für eine solche Tat hatte, war in Morgans Augen ein kurzes Blitzen zu erkennen, als hätte sich der letzte Rest an Grundvertrauen in dieser apokalyptischen Welt soeben in Luft aufgelöst. Die daraus resultierende Anspannung dient nun als Ausgangspunkt für den Auftakt der sechsten Staffel von The Walking Dead.

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Was First Time Again allerdings sehr geschickt mit einem gigantischen Ablenkungsmanöver gelingt, ist die Vermeidung voreiliger Eskalation - schließlich befinden wir uns erst am Anfang einer neuen Staffel und das Pulver soll nicht gleich komplett verschossen werden.

You always think there's one more peanut butter left.

Um die voreilige Eskalation zu vermeiden, haben sich Scott M. Gimple und Matthew Negrete eine äußerst überschaubare Rahmenhandlung für First Time Again ausgedacht, die vor allem sehr viel Platz bietet, um den Status quo der einzelnen Figuren zu etablieren, als wäre die gesamte Episode ein überlanger "Previously on..."-Clip. Das Hauptaugenmerk liegt dabei natürlich auf Rick, der sich in Alexandria weiterhin für sein Handeln rechtfertigen muss. Obwohl sich Deanna (Tovah Feldshuh) mittlerweile auf seine Seite geschlagen hat, gibt es da immer noch Menschen, wie zum Beispiel Carter (Ethan Embry), die überhaupt nicht vom Wirken des ehemaligen Sheriffs überzeugt sind. Immerhin hat dieser vor Kurzem erst einen Einwohner der Safe Zone getötet und zuvor wie ein Wahnsinniger blutverschmiert mit einer Waffe in der Gegend herumgefuchtelt. Im Gegensatz zu Carter genießen wir als Zuschauer den Vorteil, Rick im Verlauf der vergangenen fünf Staffeln kennengelernt zu haben und können - zumindest bis zu einem gewissen Punkt - seine Beweggründe für dermaßen drastischen Maßnahmen nachvollziehen.

Rick, Michonne und Morgan lenken Beißer in die richtige Richtung

Carter hingegen tritt erst in First Time Again in den Vordergrund und gehört zu der Sorte Mann, die glaubt, selbst alles besser zu können und zu wissen, was besonders dann zu Problemen führt, wenn ein anderes Alphatier den Raum betritt. Per se lehnt er dahingehend auch Ricks Plan ab, etwas gegen die gewaltige Beißer-Herde zu unternehmen, die im Begriff ist, aus ihrer abgelegenen Grube auszubrechen. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Untoten in Unmengen an das eiserne Tor klopfen. Um das zu verhindern, will Rick einen kontrollierten Exodus in die Wege leiten, der die röchelnden Zeitgenossen in eine andere Richtung führt. Aber genau beim Wort Kontrolle hat Carter seine Bedenken und zeigt vorerst kein Interesse an Kooperation. Somit mutiert er zum undankbaren Antagonisten der Episode, der von Rick nicht einmal dann aus dem Weg geräumt wird, wenn sich die Gelegenheit bietet - schließlich weiß Rick um sein ambivalentes Image und setzt daher auf Zusammenarbeit: "You can try to work with us. You can try to survive."

Dass Carter am Ende der Walking Dead-Episode trotzdem ins Gras beißt, entpuppt sich als redundanter wie überflüssiger Kniff. Erst kann ihn Rick nicht töten, dann wird er von einem Beißer getötet - ausgleichende Gerechtigkeit der Natur? Na ja, dieser Konflikt wurde vielleicht doch etwas zu einfach gelöst. Viel interessanter dagegen sind die regelmäßigen Wortwechsel zwischen Rick und Morgan, die sorgfältig in den zahlreichen Flashbacks im wunderschönen Schwarzweiß ausgerollt werden. Dabei gelingt dem Autorenduo gekonnt die Gratwanderung zwischen Versöhnung, Respekt und unüberwindbaren Konflikten. "I’m a killer Rick, and you are too." Morgan ist kein Naivling und mindestens über genauso viele Leichen gegangen wie Rick, um zu diesem Zeitpunkt der Zombie-Apokalypse noch am Leben zu sein. Doch die Welt dreht sich weiter und so arrangieren sich Rick und Morgan mit einem Kompromiss, der beides ist: ein Schritt zurück und eine neue Chance. "Gotta get to know each other again. For the first time again."

Glenn (Steven Yeun) im Kampf gegen Beißer

Diese starken Momente hüllt Regisseur Greg Nicotero - wie bereits erwähnt - in schwarzweiße Bilder. Dazu kommt, dass sich First Time Again nicht chronologisch bewegt, sondern stets einen Blick in die Vergangenheit wirft. Erst nach und nach erfahren wir entscheidende Details, die am Ende das Geschehen in der Gegenwart bestimmen, was unterm Strich eine gleichermaßen effektive wie willkommene Methode ist. Nur so kann der Staffelauftakt von The Walking Dead seine verlängerte Laufzeit sinnvoll nutzen, ohne in ein großes Loch aus Langeweile zu fallen. Erst rückblickend wirkt die Enthüllungsstruktur wie eine inszenatorische Spielerei, deren Notwendigkeit fraglich ist. Immerhin erhalten wir durch diese reflexiven Sequenzen eine gute Möglichkeit, um einmal mehr Bear McCrearys starken Kompositionen zu lauschen, die wie in Battlestar Galactica gerade in ruhigeren Passagen eine unheimliche Palette an Emotionen offenbaren, mit der selbst der Anblick der bis dato größten Beißer-Herde nicht mithalten kann.

Das Debüt der sechsten Staffel von The Walking Dead geizt nicht, wenn es um ein Update in puncto Größenordnung geht. First Time Again erweckt den Eindruck, sämtliche Zombies, die in Fear the Walking Dead mit Abstinenz glänzten, in die Mutterserie verfrachtet zu haben - und die sehen verfaulter aus als je zuvor. Was im Umkehrschluss allerdings keineswegs bedeutet, dass der Start in die neue Runde bloß dem Gore-Faktor frönt. Ganz im Gegenteil: Das Drama und der Zombie-Horror gehen einwandfrei Hand in Hand und zehren sogar voneinander. Scott M. Gimple und Matthew Negrete arbeiten einfach und deutlich mit den Motiven ihrer Figuren: Um ein übergeordnetes Problem zu lösen, gilt es bestehende Konflikte auf zwischenmenschlicher Ebene zu klären - denn nur gemeinsam kann die finale Katastrophe verhindert werden. Und das funktioniert routiniert, wenngleich der obligatorische Cliffhanger in Form eines unüberhörbaren Horns Ricks Plan einen Strich durch die Rechnung macht und dafür sorgt, dass die modernde Meute munter Richtung Alexandria marschiert.

Ansonsten bin ich generell auf Taras (Alanna Masterson) Seite, wenn es um Eugenes (Josh McDermitt) Haarpracht geht: "Thank God, nothing happened to your hair."

Abraham (Michael Cudlitz) und die Beißer-Herde

Die sechste Staffel von The Walking Dead läuft in Deutschland beim Pay-TV-Sender FOX .

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