Zach Braffs neuer Film Wish I Had My Money Back

19.07.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Zach Braffs neuer Film Wish I Had My Money Back
Variety/moviepilot
Zach Braffs neuer Film Wish I Had My Money Back
15
9
Zach Braff wollte letztes Wochenende den zahlreichen Kickstarter-Gönnern per Stream seinen neuen Film zeigen. “Wollte”, denn alle Unterstützer jenseits der anglosphärischen Donnerkuppel bekamen stattdessen den Geoblocking-Vogel gezeigt. Wo kämen wir auch hin, wenn jeder das bekäme, wofür er bezahlt…

Zurück aus der Sommerpause, frisch ans Aufregerwerk. Scheinbar gerade rechtzeitig um Zach Braff aus einer lauwarmen Shitstormplörre auftauchen zu sehen. Vor fast genau 14 Monaten endete seine berühmt-berüchtigte Kickstarter Kampagne mit der er zwei Millionen Dollar sammeln wollte, um seine zweite Regiearbeit Wish I Was Here endlich auf den Weg zu bringen. Aus den angestrebten 2 wurden am Ende über 3 Millionen, da sich unsereins bekanntlich relativ schnell begeistern lässt. Die Kampagne stand jedoch bereits während sie lief in der Kritik und nicht nur unser geschätzter Rajko warf seine Dartpfeile gegen Hollywoods Sammeldosen. Aber lassen wir die alten Kamellen, wo sie hingehören und betrachten das Ganze mal durch die grüne Fanbrille mit blumigen Tapetenmuster: Zach Braff wendete sich persönlich an uns und bat um Hilfe bei der Realisierung seines neusten Films. Da ließen wir uns nicht zweimal bitten. Mit 30 Euro gehörtest du zu dem ausgewählten Kreis, der nach Fertigstellung exklusiv per Onlinestream den Film sehen durfte. Mit Braffs Worten “A first of its kind live group movie screening across the world. I’ll host at least three live online screenings of the film. Watch from your computer or mobile device, and after each screening,” Yay!

Letztes Wochenende war es nun endlich soweit. Braff lud zum Screening und seine Backer konnten es kaum erwarten. Aber anstatt Wish I Was Here bekamen seine fremdsprachigen Fans etwas viel Besseres zu sehen. Eine rote Fehlermeldung mit dem irgendwie vertrauten Wortlaut “This screening is not available in your region” verbunden mit einem kleinen FAQ-Trostpreis (hier zu finden). Soviel zum Thema “across the world”, denn wie sich herausgestellt hatte, bestand Braffs kleine, heile Kickstarterwelt zu diesem Zeitpunkt nur noch aus Angelsachsen, alle Förderer jenseits US-amerikanischer, kanadischer, englischer und australischer Grenzen blieben mit ihrer Frustration, Wut und Ratlosigkeit alleingelassen.

Sorry, we don’t need your money in our region
Wir Deutschen und in Deutschland Lebenden können ein Lied davon singen, was für ein Schmerz im Gesäß Geoblocking sein kann. Stichwort YouTube und unsere gute, alte Freundin, die GEMA. Welch Trost, dass wir nicht allein sind sondern Geoblocking unlängst die ganze Welt im Würgegriff hat. Kaum ein Tag vergeht, an dem Anstelle von interessanten/witzigen/spannenden Videos die Worte “Sorry, this content is not available in your region” erscheinen. Es ist frustrierend, enervierend, aber wir haben uns damit arrangiert. Meist liegt das gleiche Video ohne Einschränkungen und Schwarz-Rot-Gold-Verweigerer ohnehin nur zwei Klicks weiter entfernt. Es ist lästig, aber kostet uns glücklicherweise außer einigen Sekunde Lebenszeit und ein bis zwei Nerven nichts. Außer du gehörst zu Braffs Backern…

Wie das Leben so spielt, gehören Sätze wie “Sorry, we don’t need your money in our region” eher zur Seltenheit. Im Gegenteil, im Falle von Wish I Was Here wurden eigens für zahlungswillige Unterstützer aus Deutschland, Italien oder Frankreich besondere Aktionen organisiert, damit auch wirklich niemand auf seinem Geld sitzen bleiben musste. Braff wollte den Film nicht über klassische Finanzierungswege produzieren. Ein System, das seine kreativen Freiheiten beschnitten, vielleicht sogar ihm das Recht auf den Final Cut entzogen hätte. Also wandte er sich dem Crowdfundinggedanken zu. Bekanntlich mit Erfolg. Als der Film schließlich im Kasten und Braffs Künstlerherz befriedigt war, ging es an die Verwertung des Films. Und an dieser Stelle bewies sein Wille plötzlich nicht mehr den leidenschaftlichen Experimentiergeist. Stattdessen verkaufte er letztes Jahr die Vertriebsrechte an das Unternehmen Worldview und gab damit die Entscheidungsgewalt über die internationale Verwertung seines Films in die Hände des althergebrachten, ihm eigentlich zuwideren Systems. Das System, das Zach Braff bei der Finanzierung aus Furcht bewusst mied. Somit dürfte geklärt sein, wo die Prioritäten des ehemaligen Scrubs – Die Anfänger -Darstellers lagen. Nicht, dass ich ihm Böses unterstelle. Nur reichlich Naivität und/oder Ignoranz. Er sollte lange genug im Geschäft sein, um zu wissen, dass zwei so grundverschiedene Ansätze und Weltanschauungen wie Crowdfunding und die klassische Filmverwertung zwangsläufig zu Reibungspunkten führen mussten.

Sorry, this article is not available in your region
Die Realität entspricht leider keinem Zach Braff Movie, in dem am Ende der Zuschauer mit einem Ohrwurm und einem wohligen Gefühl im Bauch entlassen wird. Bauchgefühle waren letzte Woche bei manchen Backern zwar durchaus im Spiel, aber diese ähnelten wohl mehr einem George A. Romero -Streifen, wo Horden von Zombies sich nach Menschenfleisch verzehrten. Menschenfleisch, das Zach Braffs Namen trug. Ein Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten und eine Welle der Empörung ergoss sich über die Kickstarterseite, die letztes Jahr noch auf soviel Begeisterung stieß. Nicht nur aufgrund der Enttäuschung, den Film nicht sehen zu können trotz Bezahlung, sondern auch, weil mit dem Verkauf der Vertriebsrechte von Braff der Grundgedanke hinter einem unabhängigen Crowdfunding endgültig mit Füßen getreten wurde und damit alle Skepsis und Vorbehalte bestätigte.

Auch jetzt, eine Woche später, hat sich nicht viel getan. Braff hat sich offiziell entschuldigt und sie suchen nach adäquaten Ersatzbelohnungen. Aber eine Sichtung vor Kinostart, also für viele der einzige Grund, den Film zu unterstützen, ist mittlerweile mehr als unwahrscheinlich geworden. Was bleibt den Betrogenen? Ein Gang ins Kino und damit doppelt abzudrücken – oder warten bis nach Ablauf irgendwelcher Verwertungsfristen sich irgendwer mit irgendwem darauf einigt, wie mit dem lästigen Netzvolk umzugehen sei. So oder so, der Zauber ist dahin. Selbst der tröstende Gedanke, trotz dem Ärger sich für einen gelungenen, denkwürdigen Film à la Garden State engagiert zu haben, bleibt einem scheinbar verwehrt. Von meh bis schmalzig, von pathetisch bis weinerlich, finden die bisherigen Kritiker nicht unbedingt die Worte, die man als gepeinigter Crowdfunder eigentlich hören wollte.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News