Teure Seifenoper: Warum Game of Thrones in Staffel 8 nur noch enttäuscht

12.05.2019 - 11:45 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Danys Gesichtsausdruck sagt viel über das Game of Thrones-Finale ausHBO
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Game of Thrones verliert bereits seit Jahren an Qualität. In Staffel 8 wird die Serie endgültig zu dem, was einzelne kritische Stimmen schon immer in ihr sahen. Ein Trauerspiel.

Game of Thrones-Fan zu sein, bedeutet, leidensfähig zu sein. Figurentode erwischen uns oft unvermittelt und andauernd müssen wir mit ansehen, wie Menschen schicksalhaft in ihr Verderben stürzen, weil die Autoren und insgeheim auch wir es so wollen. Mittlerweile strapaziert die Serie meine Nerven allerdings noch aus ganz anderen Gründen. Achtung, Spoiler zur 8. Staffel von Game of Thrones!

Mit Staffel 8 sahen sich die Showrunner der schwierigen Aufgabe gegenüber, sowohl die Bedrohung durch die Weißen Wanderer ihrem Höhepunkt zuzuführen als auch das eigentliche Spiel um den Thron abzupfeifen. Jener Pflicht kommen die Verantwortlichen durchaus irgendwie nach, hinterlassen dabei mit forcierter Dramatik und konfusen neuen Plotpunkten, für die gar keine Zeit ist, aber vor allem ein (Schlacht-)Feld der Verwüstung.

Die großen Probleme von Game of Thrones

Game of Thrones fehlen in Staffel 8 die klugen Strippenzieher

Wird in Game of Thrones schmerzlich vermisst: Tywin Lannister

Nach siebeneinhalb Staffeln scheinen die - im besten Sinne - bodenständigen Anfänge der Serie fast vergessen. Lügen und Intrigen zwischen den Häusern waren das Blut in den pulsierenden Adern von Westeros. Erst die nahende Ankunft des Nachtkönigs in Winterfell verschob dieses erzählerische Zentrum kurzzeitig. Pünktlich zum Serienfinale bzw. der Verlagerung des Geschehens nach Königsmund kehrt Game of Thrones zu seinen Wurzeln zurück.

Jedoch ist nichts mehr wie zuvor, denn plötzlich fehlt es an Figuren, die das Spiel um Macht und Einfluss beherrschen. Tywin Lannister zählte einst dazu, ebenso Kleinfinger sowie Olenna Tyrell. Wie sehr sich die Serie mit dem Tod jener Charakter selbst geschwächt hat, wird in der Game of Thrones-Gegenwart umso deutlicher, wenn kaum noch jemand in der Lage ist, seinen Gegner richtig einzuschätzen.

Einzig Cersei, die sich wunderbar entwickelnde Sansa und Varys, der im Verlauf der vergangenen Episode so etwas wie ein intellektuelles Comeback feiern durfte, bereiten mir in Staffel 8 noch Spaß. Beinahe alle übrigen Protagonisten treten auf der Stelle oder sind mittlerweile sogar nur noch Schatten ihrer früheren Ichs.

Als trauriges Musterbeispiel dient der einstige Geistesriese und Chef-Zyniker Tyrion, dessen Naivität im Umgang mit seiner Schwester seit geraumer Zeit mindestens verwirrt und schlimmstenfalls geradezu verstört.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten in Westeros

Daenerys auf dem Weg zur Mad Queen

Die Konsequenz aus all dem: Das ganz große Drama, von dem Game of Thrones eigentlich lebt, verliert an Wucht und Niveau. Die Showrunner hangeln sich unter Zeitdruck von Station zu Station, wobei im Finale sehr wahrscheinlich bereits mehr verloren gegangen ist, als die übrigen Episoden aufholen können. Auch die spektakulärste Schlacht verfehlt ihren Zweck, wenn sie unzureichend vorbereitet wird.

Was bleibt, ist ein fahriges Taktieren oder stures Gegen-die-Wand-Rennen, hinter dem die epischen Bilder des Serien-Blockbusters weit zurück bleiben. Die fühlbare Gewissheit aus alten Game of Thrones-Zeiten darüber, dass jedes Scheitern die logische Konsequenz unüberlegten Verhaltens ist, verkommt dabei zur bloßen Behauptung.

Wäre das Ende der Serie nach zwei weiteren Episoden nicht in Stein gemeißelt, könnte der Zuschauer glatt meinen, einer sündhaft teuren Seifenoper beizuwohnen, die noch ewig weitergehen muss.

Wohlgemerkt geht es hier nicht darum, Game of Thrones auf Logikfehler abzutasten. Ob Daenerys' Truppen in der aktuellen Folge die Graufreud-Flotte hätte vorzeitig bemerken müssen und warum Bronn ungehindert mit einer Armbrust durch Winterfell marschieren kann, sind Fragen, die der Zuschauer sich lieber nicht stellen sollte. Doch sie wiegen vergleichsweise leicht im Angesicht weitaus bedeutenderer Unstimmigkeiten.

Nicht einmal der Tod tut in Game of Thrones noch weh

Theon fiel bei der Schlacht um Winterfell

Was in Staffel 8 besonders verärgert: Anstatt Konflikte behutsam aufzubauen oder fortzuführen, werden wir mit Gefühlen aus der Konserve abgespeist. Die wirklich wichtigen Westerosi haben den Kampf um Winterfell gegen die Weißen Wanderer allesamt überlebt, den Verstorbenen indes war überwiegend ein Heldentod vergönnt, sodass das Abschiednehmen leichter fällt (und die Fans nicht verärgert sein müssen).

Ernsthaft schocken kann die Serie damit freilich niemanden mehr, denn an die Nieren gingen in der Vergangenheit besonders jene Figurentode, die offensichtlich sinnlos waren. Nicht von ungefähr ist es die Enthauptung Ned Starks aus Staffel 1 oder das Massaker der berühmten Roten Hochzeit, worüber immer noch gesprochen wird - das pathetische Ende von beispielsweise Theon Graufreud verblasst dagegen merklich.

Die Game of Thrones-Autoren kennen ihre eigenen Figuren nicht mehr

Nicht fehlen auf dem Weg zur Blockbuster-Telenovela dürfen in Game of Thrones natürlich auch romantische Beziehungsgeflechte, von denen in Staffel 8 bereits mehrere neu etabliert wurden. Hier sticht neben einer Annäherung zwischen Arya und Gendry das überraschende, gleichwohl recht sinnfreie Techtelmechtel zwischen Brienne und Jaime hervor.

Die Freundschaft der beiden letztgenannten hat sich - mit all ihren subtilen Facetten - als echter Dauerbrenner im Universum erwiesen, sodass auch mir beim Wiedersehen auf Winterfell (und insbesondere bei Briennes Ritterschlag) zunächst das Herz aufging. Das zweifellos starke Band zwischen ihnen jetzt in körperliches Begehren aufzulösen, scheint mir aber der denkbar schlechteste Drehbuch-Einfall zu sein.

Wo fällt eigentlich die Grenze zur Fanfiction?

Brienne und Jaime? Echt jetzt?

Was die Autoren mit der Romanze bezwecken, liegt auf der Hand: Jaimes spontane Abreise nach Königsmund (und die damit einhergehende Trennung von Brienne) soll noch dramatischer wirken, schließlich spricht einiges dafür, dass der Königsmörder nicht zu seiner neuen Geliebten zurückkehrt, sondern vielmehr im Süden von Westeros stirbt. Wie in so vielen anderen Momenten aus Staffel 8 wäre auch hier weniger mehr gewesen.

Spektakel ist nicht alles

Bei allen Ungereimtheiten überzeugt das Game of Thrones-Finale immerhin in einem Punkt: Die Serie weiß nach wie vor zu unterhalten und das bis zu einem gewissen Grad vielleicht sogar aufgrund ihrer Fehler. Zugleich allerdings muss sich HBOs stärkstes Zugpferd an der Vergangenheit messen lassen. So weh es auch tut: Staffel 8 ist nicht mehr als das abklingende Echo weit zurückliegender Triumphe.

Wie zufrieden seid ihr bislang mit Game of Thrones in Staffel 8?

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