Die Flut an Informationen zu Assassin's Creed: Empire reißt allmählich den Damm ein, den Ubisoft um ihren geistigen Neustart der überstrapazierten Meuchelmörder-Reihe errichtet hat. Denn nach nichts geringerem klingen die ehrgeizigen Pläne der Entwickler, die nun in Foren von Neogaf und 4Chan an die Oberfläche gesprudelt sind : 2017 soll das neuste Kapuzen-Abenteuer in Ägypten stattfinden. Vorbei scheinen also wieder die Zeiten der Industrialisierung Englands oder den französischen Nationalhymnen im revolutionären Paris zu sein. In meinen Augen ist das ein kluger Schritt — doch Ubisoft muss einige Dinge beachten, um ein wirkliches gutes Spiel präsentieren zu können.
1. Bitte kein Whitewashing
Der Ausflug in das Alte Ägypten, wie die inoffiziellen Quellen den zeitlichen Rahmen von Empire nur grob umschreiben, bietet eine hervorragende Grundlage, zum ersten Mal in der Gesichte des Franchises und seiner über 15 Ableger einen Protagonisten vorzustellen, der nicht weiß ist. Ja, der DLC Assassin's Creed Liberation bot uns 2012 bereits diese Möglichkeit in der Form der afrikanisch-französischen Kämpferin Aveline de Grandpré — doch ist es eine Sache, diese unterrepräsentierte Heldenriege in einem kostenpflichtigen und damit nicht für alle verfügbaren Erweiterung zu pressen oder sie stattdessen zum Zentrum eines Hauptspiels zu machen.
Was wir definitiv nicht wollen ist ein Protagonist, der das Klischee des weißen Mannes ein weiteres Mal bestärkt. Wir haben genug von diesem Heldenbild — und im Jahr 2016 sollten wir eigentlich von den Entwicklern erwarten dürfen, dass sie kreative Freiheit nicht als Totschlag-Argument nutzen, diese konservative Einfallslosigkeit fortzusetzen, sondern ihr eigenes Medium für eine große Zielgruppe zu öffnen, die noch immer unterrepräsentiert ist.
2. Macht das Klettern wieder zum spannenden Abenteuer
Mit dem Voranschreiten des Franchises wurde das wesentliche Feature der Reihe immer mehr an den Rand der Inszenierung gedrängt: Einen Aussichtsturm hinaufzuklettern bedeutete in Assassin's Creed noch, verschiedene Wege auszuprobieren und teilweise mehrere Tasten auf einmal gedrückt zu halten. Der Aufstieg mündete im besten Fall in einen Erfolg, den wir auch auf unserer Seite des Monitors spüren konnten. Assassin's Creed: Syndicate schenkt uns acht Jahre später nach wenigen Spielstunden Kletterseile und Greifhaken, die auf Knopfdruck jedes noch so hohe Hindernis überwinden. Wo bleibt da der Spaß? Wo der Adrenalinrausch und die Herausforderung? Hier kann Ubisoft mit einem Rückkehr zu den Wurzeln sehr viele Spieler_innen glücklich machen.
3. Das Alte Ägypten muss leben und atmen
Die Städte, in die uns Assassin's Creed in den letzten Jahren geführt hat, waren gigantisch, beeindruckend und häufig historisch akkurat nachgebaut. Ein großes Problem war allerdings seit jeher die Bevölkerung dieser Metropolen: Zahllose Polygone wanderten ziellos durch die Straßen, verschwanden in Häuserwänden oder drehten sich auf der Stelle. Diese seelenlosen Zivil-Patrouillen müssen endlich verschwinden, um den großartigen Stadtbildern gerecht zu werden.
Spiele wie The Witcher 3: Wilde Jagd könnten hier als großes Vorbild dienen. CD Projekt RED bewiesen in ihrem Rollenspiel-Epos, wie viel Spielspaß an der glaubwürdigen Erschaffung einer lebendigen, atmenden Welt hängt. Tatsächlich scheint sich Ubisoft bereits an den polnischen Kollegen zu orientieren, wie die Quellen verraten — hoffen wir, dass das gute Vorbild auch die hintersten Ecken des Kapuzen-Programmiercodes erreicht, wo Innovationen dringend nötig sind.
4. Niemand hat Lust auf die Parallelgeschichten in der Moderne
Ein großer Teil meines Freundeskreises spielt regelmäßig Videospiele, die Mehrheit von ihnen hat das Franchise von Ubisoft seit Beginn verfolgt — und niemand von ihnen würde die Parallelgeschichte, die in der Moderne oder Zukunft spielt, vermissen. Seien wir doch einmal ehrlich: Nur in den seltensten Fällen haben wir wirklich verstanden, warum unsere Kletterei in Rom, London oder New York unterbrochen wird, um plötzlich in dunklen Lagerhallen vor Maschinengewehren zu flüchten oder Gespräche mit Geschichtsstudenten zu führen.
Ein Assassin's Creed-Spiel kann ohne Probleme auf eigenen Beinen spielen und sich ganz auf die Geschichte in einer längst vergangenen Welt konzentrieren. Loslassen tut weh, aber selten würde es sich so sehr wie hier auszahlen.
5. Nehmt euch ein Beispiel an Assassin's Creed: Syndicate
Assassin's Creed: Syndicate hat vielen Fans den Glauben an die Reihe zurückgeben, nachdem das davor erschienene Assassin's Creed Unity weltweit und plattformübergreifend mit einer Vielzahl technischer Probleme für abwärts gerichtete Mundwinkel gesorgt hatte. Neben dem frischen Setting rehabilitierte vor allem das dynamische Duo, insbesondere Evie Frye, die überstrapazierte Reihe. Die junge Frau legte ebenso viel Schlagkraft und Selbstbewusstsein an den Tag wie ihr Bruder Jacob, der neben der kämpfenden und frechen Schwester fast schon etwas einfältig und tumb wirkte.
Viele Spieler haben dank Syndicate bemerkt, dass eine weibliche Heldin kein Verlust für den Spielspaß sein muss — ganz im Gegenteil. Auch AC: Empire, das laut der Gerüchte einen Sklaven in den Mittelpunkt der Geschichte rücken will, könnte sich diese Schwerpunktverlagerung erlauben und uns als Frau durch Gizeh und andere ägyptische Ortschaften wandern lassen. Der historische Rahmen des Spiels steht dieser Möglichkeit jedenfalls nicht im Weg, sondern allenfalls die über Jahrzehnte antrainierte Gewohnheit einiger Spieler, die ihr Spielzeug nicht gerne teilen wollen.
Welche sind eure Wünsche für das kommende Assassin's Creed: Empire?