Wir schauen Homeland - 4. Staffel, 5. Folge

28.10.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Kommt nicht zum Schuss: Quinn.
Showtime
Kommt nicht zum Schuss: Quinn.
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My Carrie, my Carrie, what have ye done? Homeland verleiht seiner Heldin in der 5. Folge der 4. Staffel wieder etwas menschlichere Züge, was ihre Kollegen nicht so recht zu schätzen wissen.

Quo vadis, Homeland? Die 5. Folge der 4. Staffel ordnet diverse Handlungsstränge feinsäuberlich an, wie es sich für die Mitte einer Staffel gehört. Carrie (Claire Danes) erringt das Vertrauen von Aayan (Suraj Sharma), Quinn (Rupert Friend) rupert friendgeigt ihr seine Meinung, Fara (Nazanin Boniadi) entdeckt den Thrill am Agentendasein und Saul (Mandy Patinkin)... reden wir später über Saul. Bislang geht Homeland großen, gefährlichen Twists aus dem Weg, aber auch denkwürdigen Folgen wie Blind Spot oder Q&A. Die Rädchen drehen sich, die ein oder andere Szene schiebt sich ins Blickfeld, aber primär wirkt Homelands Staffel 4 eben so: wie ein Getriebe, von fachmännischer Hand am Laufen gehalten. Es serviert ein paar Markenzeichen-Spannungsmomente und Markenzeichen-Carrie-Mathison-Momente, aber ohne den genialischen wie saudoofen Wahnsinn dazwischen, der die Serie in drei Staffeln so frustrierend wie spannend gemacht hat. Man möchte fast meinen, Homeland sei eine reine Agentenserie geworden, wäre da nicht der in den USA wartende feuerrote Haarschopf.

Homeland - S04E05 (About a Boy)

Aber Getriebe klingt eigentlich zu perfekt. Ein paar Dinge in dieser Homeland-Episode Numero 5 erinnern dann doch wieder an die guten alten Zeiten, als CIA-Agentinnen noch Top-Terroristen durch Heizkeller jagten. Da wäre der faule Drehbuch-Trick, dass der angetüdelte Dennis meiner neuen Lieblings-Homeland-Nebenfigur (Michael O'Keefe) und Botschafterin/Ehefrau Boyd (Laila Robins) heimlich beim Plausch lauscht. Frisch motiviert von der anscheinenden Geringschätzung der Angetrauten überwindet er sein Gewissen und fotografiert Carries Tablettenvorrat (nur drei Dosen?) sowie ein Baby-Foto. Leider erfahren wir nicht, welche Filter und Hashtags er anschließend bei Instagram nutzt (ein yolo ist sicher dabei). Was genau der ISI mit der Krankengeschichte Carries anfängt, erfahren wir ebenso wenig. Ich hoffe allerdings, dass diese Storyline nicht auf eine Baby-Entführung hinausläuft1.

Quinn sieht mit an, wie Fara Gefallen an Außeneinsätzen entwickelt. Beide observieren einen Kleriker, der sie zum totgeglaubten Haissam Haqqani führen soll. "You're in it now. Guess what, you're good at it." Wie Quinn da so an seinem Gewehr schraubt, hört sich das Lob jedoch eher mitleidig an. Einen Mathison zieht Fara in der anschließenden Straßenkontrolle allerdings nicht ab, weshalb sie die Wanze nicht wie gewollt am Auto des Klerikers platzieren kann. Da Carrie nicht ans Telefon geht (Als Station Chief. Der CIA. In einem Safe House.) bleibt Hilfe per Drohne aus, weshalb das neue Homeland-Dreamteam Quinn und Fara nicht mitbekommt, wie der geknebelte Saul vom ISI in Taliban-Gebiet verschleppt wird. Quinn und Fara geben eine erfrischende Kombination ab, da sie von gegenseitigen Schuldgefühlen oder Zuneigung vorerst unbelastet sind. Eine Verschnaufpause im quälenden Gefühlschaos Carrie/Quinn/Aayan tut gut.

Saul allerdings wird von den Drehbuchautoren mit aller Macht in Pakistan festgehalten, was im günstigsten Falle zu weiteren Psychospielchen mit ISI-Generälen führt, aber auch im #BeardSuperGAU enden könnte, falls Mandy Patinkin keine Lust mehr auf seine Showtime-Schecks hat. Und wir alle wissen, dass es kein fataleres Omen für den Abstieg einer Serie gibt als das Ausscheiden Inigo Montoyas. Wie dem auch sei, für Spannung ist gesorgt, immerhin steckt ISI-Bösewichtin Tasleem (Nimrat Kaur) bereits hinter der öffentlichen Ermordung des CIA Station Chiefs in Islamabad. Das Verschwinden des ehemaligen Chefs der Central Intelligence Agency dürfte nicht nur für die Drehbuchautoren von Homeland eine enorme Herausforderung darstellen, die hoffentlich möglichst diskret und einigermaßen logisch gemeistert wird. Dass Saul Farhad Ghazi auf eigene Faust und etwas halsbrecherisch verfolgt, halte ich im Übrigen für glaubwürdig, nur hätte ihm ein Auffrischungskurs im CIA-Modul "Observation" gut getan.

Carrie, Station Chief der CIA in Islamabad, lässt ihre Station Station sein und erringt mit allen Mitteln das Vertrauen Aayans. Zwar kann Claire Danes im Zusammenspiel mit dem talentierten Suraj Sharma wieder einmal zeigen, was in ihr steckt, trotzdem hoffe ich inständig, dass die beiden in der nächsten Homeland-Episode einen Trip in ein hübsches Waldhaus mit großem Teevorrat unterlassen. Aayan kehrt gegen Ende der Folge Carries menschlichere Seite hervor, wenn sie ihm ganz ungestellt bei Sonnenaufgang über den Rücken streicht und free hugs verteilt. Ebenso war eine Aussprache über den Tod von Brody in der ersten Staffelhälfte wohl unumgänglich und Aayan in seiner Naivität und Ehrlichkeit genau der Richtige dafür. Aber auch hier ist die Spekulation über den Weitergang spannender als der eigentliche Handlungsaufbau: "I don't wanna lie to you either", meint Carrie kurz vor Schluss noch vieldeutig. Mehrere Figuren wollen in dieser Homeland-Folge ihr Gewissen per Geständnis entlasten. Botschafterinnen-Gatte Dennis wird dabei unterbrochen und lebt seine Lüge weiter. Aayan schenkt der "Reporterin" Vertrauen. Carrie jedoch gibt ihre Schuld zu, in dem Moment, in dem sie sich die nächste Ladung aufhalst.

TIL: "Der ehemalige Chef der CIA beschattet einen ISI-Freelancer am schlimmsten Flughafen der Welt." Eine Überschrift, die man nicht erfinden kann. Nun ja, außer man ist Autor bei Homeland. Tatsächlich wurde der Benazir Bhutto International Airport nahe Islamabad kürzlich zum schlechtesten Flughafen der Welt gewählt , was wohl nicht ausschließlich daran liegt, dass Entführungen auf der Herrentoilette hier so gut klappen. Der Flughafen sei wie ein "Zentralgefängnis", "aggressive, aber unzureichende Sicherheitskontrollen" gehören ebenso zu den Sehenswürdigkeiten wie diebische Taxifahrer und Schlepper, glauben wir den anonym Befragten der Website SleepingInAirports 

2008 erhielt der Flughafen seinen aktuellen Namen. Denn im Dezember 2007 war Benazir Bhutto, Politikerin der sozialdemokratischen PPP (Pakistan Peoples Party) und erste Regierungschefin in einem muslimischen Land, bei einem Attentat ums Leben gekommen (Spiegel-Nachruf ). Pakistans damaliger Premier Pervez Musharraf gab seinerzeit den Taliban die Schuld. Seit August 2013 steht der mittlerweile geschasste Politiker unter anderem wegen des Mordes an Benazir Bhutto selbst vor Gericht (Tagesspiegel ). 

Der unbeliebte Flughafen von Islamabad dürfte übrigens bald ausgedient haben. Im April 2015 soll der New Islamabad International Airport eröffnen, der größte und modernste seiner Art in Pakistan. Hoffen wir, dass die Verantwortlichen vorher eine abschreckende Fahrt in der Geister-S-Bahn  zum BBI gemacht haben.

Zitat der Folge: "I'm a spy. I know shit.

Mehr: Wir schauen Homeland - 4. Staffel, Folge 4 
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1 Potenzielle Homeland-Story für Staffel 19: Frannie, aufgewachsen bei lieben Terroristen, die durch einen von US-Präsidentin Carrie Mathison autorisierten Iron-Man-Einsatz ums Leben gekommen sind, wird aus einem pakistanischen Gefängnis befreit und kehrt in die USA zurück, um einen Anschlag im Weinkeller des Weißen Hauses auszuführen. Ihre Mutter macht ihr auf dem Rasen eine Szene.

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