Wir schauen The Walking Dead - Staffel 5, Folge 1

14.10.2014 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Rick, ein Mann der Apokalypse.
AMC
Rick, ein Mann der Apokalypse.
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Die Beißer kriechen aus ihren Löchern, der Himmel verdunkelt sich und AMC entführt in den nächsten Wochen wieder in die postapokalyptische Welt von The Walking Dead. Doch was erwartet Rick & Co. in der fünften Staffel der Zombie-Horror-Serie?

Spätestens seit der Comic-Con vor ein paar Monaten dürfte die Vorfreude auf die fünfte Staffel von The Walking Dead gigantisch sein. Dort feierte nämlich der erste lange Trailer zur neuen Runde der Zombie-Horror-Serie aus dem Hause AMC seine Premiere und wartete neben reichlich Action und Untoten ebenfalls mit einer klaren Ansage auf: "They are screwing with the wrong people!" Brachiale Worte aus dem Mund von Rick (Andrew Lincoln), jenem ehemaligen Hilfssheriff aus King County, der bereits seit 51 Episoden um sein Überleben sowie das seiner verbliebenen Mitstreiter kämpft.

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Ein unerbittlicher Kampf, dessen Ausweglosigkeit nahezu unbeschreiblich ist. Nicht zuletzt offenbarte sich der letzte Hoffnungsschimmer am Horizont – namentlich Terminus – als komplettes Gegenteil des ersehnten Zufluchtsortes. Nun befindet sich der Großteil der ursprünglichen Gruppe in Gefangenschaft, eingeschlossen in einem Wagen, das Schlachtfest der Kannibalen erwartend: No Sanctuary.

Butcher or Cattle?

Erst ein kurzer Prolog in Form eines kryptischen Flashbacks im Dunkeln und mit unheilvollen Schreien im Hintergrund; dann katapultiert uns der Staffelauftakt direkt in die Gegenwart und schließt somit unmittelbar an die vorherigen Geschehnisse an. Weiterhin im Dunkeln verfolgt die Kamera die dreckigen Hände der Gefangenen. Es werden Waffen improvisiert, sowohl ein Gürtelverschluss als auch Holzsplitter sind als Verteidigungswerkzeug willkommen. Neben der Herstellung interessiert Regisseur Greg Nicotero vor allem aber eines: die Gesichter. Sie sind gleichermaßen verschwitzt wie ängstlich. Doch gerade in diesen Blicken der Angst verbirgt sich Zorn, Wut und Hass. Und etwas Radikales, etwas Entschlossenes, das aus dem düsteren Gefängnis entkommen will und dazu bereit ist, sich selbst zu überwinden. Kaum ergibt sich die Chance zum Angriff, unterliegen Rick und Co. allerdings der Gewalt ihrer Peiniger. Zusammen mit vier weiteren Leidensgenossen werden Rick, Daryl (Norman Reedus), Glenn (Steven Yeun) und Bob (Lawrence Gilliard Jr.) in eine Lagerhalle geschleppt, die eher einer Schlachtbank entspricht.

Der Mensch zählt hier nicht mehr als Mastvieh und die Metzger behandeln ihre winselnden Opfer auch nicht anders. Als wäre es ein mechanischer Vorgang, werden die Gefangenen zuerst bewusstlos geschlagen, damit ihnen im Anschluss die Kehle aufgeschlitzt werden kann. Danach kippt der Körper um, blutet aus und der nächste ist an der Reihe. Was bleibt, sind weiterhin Gesichter der Angst, die zornig ihrem Tod entgegenblicken. Schließlich betritt Gareth (Andrew J. West) den Raum. Rechtzeitig, um das säuberlich ausgeführte Handwerk der Schlächter zu unterbrechen, aber ohne jede Absicht das Unvermeidbare zu verändern. Obgleich Bob argumentierend an das Gute in seinem Gegenüber appelliert, entpuppt sich Gareth gelassen als Psychopath, der die Welt nur brennen sehen will. Erst später wird klar, dass der durchtriebene Herrscher von Terminus einst ein anderer Mensch war. Womöglich gehörte Gareth sogar zu den Guten, die an einen Wiederaufbau, einen Neuanfang geglaubt haben. Eine kürzliche Erfahrung am eigenen Leib hat diese löbliche Eigenschaft aber vollends zerstört: Gareth und seine Verbündeten wurden in ihrer naiven Hoffnung selbst Opfer eines barbarischen Überfalls. "We were trying to do something good". Doch jetzt stellt sich nur noch die Frage: "Butcher or Cattle?" Schlachten oder geschlachtet werden?

Um seinen vorherigen Fehler ("We brought them here") zu revidieren, hat sich Gareth in ein unberechenbares Stück Wahnsinn verwandelt. Sprich als Produkt seiner abartigen Umwelt ist der Gute zum Bösen gewandelt, wenngleich es sich mit dieser Einstellung in einer Sackgasse befindet, ohne auch nur daran zu denken, wieder umzudrehen. Bevor Rick, Daryl, Glenn und Bob über den Jordan wandern, zieht Drehbuchautor und Showrunner Scott M. Gimple rechtzeitig die Reißleine und erweitert No Sanctuary um eine überschaubare Parallelhandlung. Im Mittelpunkt dieser befinden sich Carol (Melissa Suzanne McBride), Tyreese (Chad Coleman) und die kleine Judith. Alle drei sind noch am Leben und folgen den Schienen nach Terminus, unwissend von der Katastrophe, die den Rest ihrer Gruppe ereilt hat. Unterwegs treffen sie nicht nur auf eine beachtliche Beißer-Herde, die das gleiche Ziel ansteuert, sondern ebenso auf einen von Gareths Männern. Kurzerhand wird dieser überwältigt und Tyreese bleibt mit Ricks Nachwuchs in einer kleinen Hütte zurück, um den Fremden zu bewachen, während Carol in einer schönen Reminiszenz an Guts weiter nach vorne pirscht.

An der Endstation angekommen, nimmt Carol die Lage ins Visier. Die zuvor eingeführte Beißer-Herde klopft an die Tore des vermeintlich sicheren Horts. Da die Verteidigung seitens der Einwohner dem Zombie-Ansturm nicht standhält, greift Carol ein und jagt mittels gigantischer Explosion gleich ein Dutzend der lebenden Toten in die Luft. Gleichzeitig ist es diese Explosion – also Carols zeitgleiches Handeln zum vorherigen Geschehen der Episode –, die Rick und Co. das Leben rettet. In Terminus wird der Notstand ausgerufen, sofort setzt sich die komplette Belegschaft in Bewegung, um die eigene Haut zu retten. Es bleibt nicht einmal genügend Zeit, damit Eugene (Josh McDermitt) sein gesamtes Wissen bezüglich der vonstattengehenden Apokalypse mit dem Rest der Gruppe teilen kann, denn im Rahmen des Beißer-Überfalls ergreift er zusammen mit dem Rest von Ricks Gruppe – Maggie (Lauren Cohan), Carl (Chandler Riggs), Michonne (Danai Jekesai Gurira), Sasha (Sonequa Martin-Green), Abraham (Michael Cudlitz) und Rosita (Christian Serratos) – die Flucht. Was folgt, ist ein Action-Intermezzo songerleichen, das neben roher Gewalt mit voller Hingabe das Production Design von The Walking Dead zelebriert. Sei es der Beißer, der durch den Hals aufgespießt ein letztes Röcheln von sich gibt, oder ein Untoter der brennenden Sorte, der ganz unbeirrt seinem Opfer bei lebendigem Leibe die Haut von den Knochen zieht.

Bevor sich No Sanctuary dem Ende neigt, gilt es zwei weitere Konflikte auszutragen. Der erste betrifft Tyreese, der immer noch mit Selbstzweifeln kämpft und nicht fähig ist, aktiv am Gefecht teilzunehmen. Also passt er auf Judith und den Gefangenen auf, der ihn mit nachdenklich stimmenden Fragen konfrontiert. So zum Beispiel: Warum lässt Tyreese den Mann am Leben, wo er doch nur zur potentiellen Gefahr werden könnte? Und warum vertraut Tyreese nach all den grausamen Erfahrungen, die er in Vergangenheit machen musste, überhaupt noch darauf, dass Carol je wieder zurückkommt? Schließlich trifft der befürchtete Fall ein und Gareths Handlanger nutzt einen ungedeckten Moment: Er droht Judith den Kopf umzudrehen, doch Tyreese mutiert im letzten Augenblick wieder zu dem Berserker, der er einst war, und rettet dem unschuldigen Kind das Leben. Der zweite Konflikt betrifft Carol und erfolgt in Form einer Begegnung mit Mary (Denise Crosby) im Herzen von Terminus, die für letztere tödlich endet. Erneut stehen die Gesichter aus Angst und Zorn im Zentrum der Geschehnisse: "Drop your weapons and turn around. I want to see your face!" Und auf einmal blickt ein fassungsloses Gesicht in ein blutverschmiertes und sucht verzweifelt nach einer legitimierenden Ausrede, die erst im Epilog, der mit einer entscheidenden Information den Bogen zum Prolog spannt, ihre wahre Bedeutung erhält.

Insofern beginnt die fünfte Staffel von The Walking Dead mit einem Erwartungsbruch und gesteht ihren Kannibalen tatsächlich mehr als das Abziehbild einer Psycho-Bande ein. Ärgerlicherweise scheint diese Bande nur aus zwei Gesichtern zu bestehen (Gareth und Mary). Trotzdem erweitert das Gedankenspiel die sonst eher schwarz-weiße Perspektive der Serie um wenigstens eine graue Fläche, die den Diskurs am moralischen Abgrund ermöglicht. Rick hat sich immerhin dazu entschlossen, jeden, der sich ihm in den Weg stellt, niederzubrennen, um seine eigene Familie zu schützen. Ein Motiv, das sicherlich schon seit Langem ein Teil von The Walking Dead ist, allerdings nie sehr konsequent durchgesetzt wurde. Dennoch ist die glückliche Wiedervereinigung – abseits von der immer noch verschollenen Beth (Emily Kinney) – am Ende von No Sanctuary ein kochendes Fass an Emotionen inklusive unendlichem Konfliktpotential. Lediglich die übermäßigen Freudentränen sorgen vorerst für Ablenkung, denn es ist das oberste Credo der Episode, ihre Figuren nach acht Kapiteln (also seit der Vertreibung aus dem Gefängnis) zusammenzuführen und somit einen Status quo zu etablieren, den Glenn auch gerne beibehalten möchte: "Rick, we got out. It's over". Doch dieser entgegnet: "It's not over until they're all dead."

Oh, und es gibt eine ziemlich schlichte, aber coole Post-Credit-Scene mit Morgan (Lennie James), die auf den letzten Drücker den obligatorischen Cliffhanger nachreicht.


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