alex023 - Kommentare

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    alex023 20.02.2018, 18:08 Geändert 20.02.2018, 18:08

    [...] Es ist 1996 und wir befinden uns in Boring, Oregon.

    Nach Stranger Things versucht sich Netflix also am nächsten Jahrzehnt, möchte man ganz unbedingt laut rufen. Wirklich falsch ist der erste Eindruck erst einmal nicht, schließlich bekommen wir ziemlich viel 90er-Kitsch mit dem Holzhammer serviert (jaja, langsames Internet, VHS-Kassetten, Oasis, seltsame Sonnenbrillen usw.). Für mich als jemand, der erst ’94 geboren wurde, wieder mal nicht der volle Retrokick, sondern nur angehauchter Throwback an Erinnerungsfetzen. Selbstverständlich baut meine Sozialisation schon ziemlich stark auf diesen kulturellen Fragmenten auf, weshalb ich mich schon gar nicht mal unwohl gefühlt habe. Aber die ganze Kritik an dieser Orchestrierung, die sich im allgemeinen zeitgenössischen Retrowahn, der in meinen Augen jedoch bereits etwas abgeflacht zu sein scheint, gar nicht so sehr alleine fühlen muss, finde ich an irgendeinem Punkt dann auch maßlos überzogen.

    Denn klar: Wenn man nur einen kurzen Blick auf Everything Sucks! wirft, servieren die Bilder und Töne ganz einfach den Eindruck, dass man sich hier in dieser Klischeeparade verliert. Doch wenn man mal die 90er-Show wegwischt, kommt eine überraschend gute Serie zum Vorschein. Natürlich verhandelt auch Netflix neuestes Geschöpf keine Themen, die uns neu erscheinen werden; es geht um die typischen High School-Probleme, um Beziehungen, Jungs, Mädchen, Sex, Persönlichkeit, Ausdruck, ein bisschen Zukunft, den Generationenkonflikt, Coolness und Uncoolness und vor allem um die große Frage, die sich um alles und jeden dreht: Wer bin ich eigentlich und wer will und kann ich werden? Selbstverständlich funktioniert die Darstellung von Jugendlichen stets nur über Identitätskrisen, die den jungen Geist so unvorbereitet treffen, wo er doch gerade erst ansatzweise zu verstehen beginnt, dass der eigene Horizont immer nur eine imaginäre, gedachte Grenze gewesen ist und in der Welt da draußen so weitaus mehr zu finden ist. Dazu passend natürlich auch die Aussage von Lukes Mutter Sherry: Als junger Mensch denke man, dort draußen sei eine so große Welt und es gebe so viel zu entdecken. Und dann endet man in Boring, Oregon, meint der eigentlich gar nicht so zynische Ken, Vater von Kate.

    Boring ist hier aber gar nichts, außer wenn man es nicht aushält und abschaltet, bevor man zum Kern dieser Geschichte gekommen ist: Es geht um den Schmerz des Jungseins. Wirklich niemand kann dir in dieser Phase helfen, selbst wenn Menschen um dich herum dies anbieten, sie werden stets versagen. Sie können dir versichern, dass alles vorübergehen wird und alle Dinge, die jetzt furchtbar wichtig erscheinen, ein paar Jahre später so unglaublich unwichtig sein werden. Aber wenn man in dieser Phase für den einen Augenblick glaubt, dass dieses fantastische Mädchen dort drüben das eigene Schicksal bestimmt und sich aufgrund der Intensität des augenblicklichen Gefühls dieser Umstand doch ganz sicher niemals wieder könnte, – denn bitte, wie soll so etwas gehen, wenn man noch nie eine solche verwirrte, intensive Gefühlswelt durchleben musste? – dann wird man an irgendeinem Punkt so sehr verloren sein, wie es später nur die allerstärksten Lebensereignisse hervorrufen werden können. Natürlich macht das Jungsein auch großen Spaß, man kann sich vor der ganzen Schule mit einem Oasis-Cover blamieren, wenn man es für richtig hält und ans Ziel kommt, schafft man es vielleicht auch hier mal, die richtige Portion Mut dafür aufzubringen.

    Die wichtigste Komponente an Everything Sucks! ist in meinen Augen aber der sensible Umgang mit diesen Themen, nicht zuletzt auch, weil so selten und so erwachsen mit dem Thema weiblicher Homosexualität umgegangen wurde (zumindest im Mainstream). Die Erzählung ist hier und da sprunghaft, wirkt etwas wirr und durcheinander, ist es aber letztendlich nicht, weil die Handlungen von Teenagern viel zu selten so irrational gezeichnet wurden wie hier. Dann ergibt manches eben keinen Sinn, wirken Charakterwendungen wie inkohärentes Drehbuchschreiben. Doch beim zweiten Blick oder Überlegen könnte man realisieren, dass das Gesamtbild die Kohärenz im Anliegen doch sehr wohl widerspiegelt. Jugendliche sind nicht logisch und ihre Handlungen auch nicht, aber sie haben so viel zu sagen und in Boring, Oregon passiert eigentlich so wenig, dass sie nichts anderes zu tun haben, als sich tatsächlich damit irgendwie auseinanderzusetzen. Letztendlich ist Everything Sucks! auch vor allem eine Liebesgeschichte. Und zwar von allen Seiten aus, ob er oder sie angehimmelt wird. Alles hat immer viel mit der Idee zu tun, die man stets so gerne von Sachen, Personen und der Zukunft hat. Gerade da wären wir wieder bei der Identitätsfindung, die so zentral für das Jungsein ist und so authentisch dargestellt wird wie selten. [...]

    https://movicfreakz.de/everything-sucks/

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    • Finde ich gar nicht. Luke war immer diese Figur, die irgendwie in alles hineingeworfen wurde; schließlich macht er sich niemals bereitwillig auf, sondern wird durch die Ermordung seines Onkels und seiner Tante quasi dazu gezwungen, weil ihm nichts mehr bleibt als der alte Ben, der auch irgendwie seine Hilfe zu benötigen scheint. Natürlich schmeißt er sich im jugendlichen Leichtsinn dann voll in den Dienst der Sache, muss mit ansehen, wie sein einzig verbliebener Anker aus der Welt gerissen wird und er völlig auf sich allein gestellt ist. Zu diesem Zeitpunkt konnte er schließlich noch keine langfristige Beziehung mit seinen späteren Freunden aufbauen. Daraufhin verliert er sich im Kampf gegen das Böse und für das Gute, weil es das einzige ist, was noch bleibt. Das Stück Hoffnung, welches zurückkehrt, wenn er mit Yoda eine neue Bezugsperson finden kann, wird jäh zerstört, als er merkt, dass auch dieser ihm nur für den Augenblick zur Seite stehen kann, ehe auch er ihn verlassen wird. Die größte Realisation seiner Verlorenheit ist die Offenbarung durch Vader, sein Vater zu sein. Natürlich sprießt in dem Moment auch der Setzling der Hoffnung in ihm und niemals möchte er das Gute ganz aufgeben - ein Geist, mit dem er letztlich auch das Böse (vermeintlich) besiegen kann und seinen Vater zurückholen kann. Doch was bleibt nach diesem kurzen euphorischen Rausch des Happy Ends? Für uns Fans der Originalen Trilogie mag das völlig ausreichen, aber wenn man die Geschichte weiterdenkt, kommt man an den eventuellen Punkt, dass sie sich derartig fortsetzen muss, wie nun geschehen. Zumindest halte ich das für eine der realistischen Varianten, sie muss keineswegs in Stein gemeißelt sein. Ständig in Bewegung die Zukunft ist... was passiert also nun mit der Galaxis und Luke? Als scheinbar einzig verbliebener Jedi (sagt ihm das Yoda doch) lastet auf ihm die große Bürde, den Ist-Zustand zu beschützen und alle Invasoren abzuhalten. Brauchte es dafür früher nicht eine ganze Schar an Friedenswächtern? Also sieht er sich in der Pflicht, eine neue Generation auszubilden, was erst einmal auch gut anläuft (wie man es so versteht). Seine Schwester und sein bester Freund übergeben ihm ihren Sohn, der diese starken Skywalker-Fähigkeiten in sich zu vereinigen scheint. Luke müsste eigentlich ganz genau wissen, wie gefährlich die ganze Unternehmung ist, die er vollzieht. Schließlich ist er ganz alleine in der Verantwortung, sie vernünftig zu unterweisen, obwohl er selbst nie eine vollständige und umfassende Ausbildung erfahren durfte. Gleichzeitig muss er seiner primären Aufgabe nachkommen und den Frieden sichern, denn nur weil der zweite Todesstern gesprengt wurde und die beiden Anführer des Imperiums getötet sind, geben sich all ihre Anhänger nicht sofort auf. Gleichzeitig wird die Neue Republik gegründet, die politische Seite vertritt Leia und irgendwie kommt Han natürlich wieder in Schwierigkeiten, weil sein Charakter das einfach hergibt. Luke müsste also ganz genau wissen, dass er selbst nur im Moment der Wut seinen Vater besiegen konnte und dass er mit dem größten Glück in diesem Moment nicht dem dunklen Pfad des Verderbens gefolgt ist. Selbstverständlich ist er in dem Moment, in welchem er realisiert, dass Ben Solo droht, der dunklen Seite zu verfallen, völlig verzweifelt und weiß sich nicht zu helfen. Die Implikationen der dunklen Seite diskutieren? Dazu ist er nicht wirklich fähig, so weiß er doch viel zu wenig über die Wege der Macht. Er ist und konnte nie sein wie Yoda und diese Wege endgültig verstehen. Dass sich in seiner persönlichen Unruhe, die stets noch schwankt zu seinem Hang zur dunklen Seite (wie man auch in Jabbas Palast sehen konnte, dieser Anflug von mächtiger Arroganz, der den Geist des unschuldigen Jungen irgendwie verdorben zu haben scheint, zumindest ein wenig, was er immer wieder abwehren konnte), dazu hinreißen lässt, eine völlig unverständliche Tat für den Moment in Betracht zu ziehen, ist für mich nur Ausdruck dieser Zerrissenheit. Dass er danach alles hinschmeißt und sich verzieht, ergibt als radikale Konsequenz doch nur Sinn, weil er in seinem Gemüt von grundauf eine gute Seele ist und war und niemals auch nur ansatzweise bewusst etwas Böses wollen könnte. Die Aufrechterhaltung dieses Zustands für sich und für alle anderen Wesen um ihn herum ist einfach nur ein zu großer Druck, dem er nicht standhalten konnte. Deshalb ist der Augenblick seines Versagens auch das Ende für ihn als Verteidiger des Friedens, da er final realisiert, dass er die Rolle nicht ausfüllen kann.

      Dass er letztendlich doch wieder von Yodas Machtgeist dazu überredet wird (implizit), sich ein letztes Mal für das Gute einzusetzen, passt zu dieser Zerrissenheit genauso wie seine Idee, eine Fährte zu sich zu legen. Denn endgültig festlegen würde sich unser Bauernjunge Luke niemals so wirklich, weil ihm doch letztendlich niemand sagen konnte, was das endgültig Richtige für ihn und die Galaxis ist.

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        alex023 17.02.2018, 13:01 Geändert 17.02.2018, 13:04

        Mal wieder herrscht bei mir etwas Ratlosigkeit. Selbstverständlich vereint dieser Film etwas Besonderes auf sich, wenn man einen Blick auf die gezeigte Liebesgeschichte wirft. Trügt dies jedoch nicht darüber hinweg, dass sich das Drehbuch in konservativ-schematischen Strömungen bewegt und mit einer völlig hinfälligen Figurenzeichnung aufwartet. Es werden nur Plotpieces abgehandelt, die sich jenseits von ansatzweise origineller narrativer Struktur bewegen, der Handlungsausgang scheint von Anfang an vorhersehbar zu sein. Ohne zu behaupten, dass letzteres ein notwendiges Kriterium sein muss, nervt es schon nach wenigen Szenen, mal wieder das klischeehafte Böse in Person eines Regierungsabgesandten serviert zu bekommen, der im ohne Schatten gezeichneten Kampf um militärischen Fortschritt in großer Ost-West-Front genauso klischeehaft handelt, wie es seine Prämisse zu versprechen scheint. Selbstredend gibt es letztendlich für die gerade so eben nicht überflüssige Nebenhandlung des erfolglosen Malers Giles noch kurz eine politisch-korrekte Rechtfertigung. Die Höhe bildet für mich dann wieder einmal das Drehbuch, welches die sowieso über-offensichtliche Message des Films dann noch einmal mit dem sprichwörtlichen Holzhammer serviert. (Da muss ich immer an die "Westworld"-Szene denken: "You're a screenwriter. Show, don't tell.") Anyway, so mag die Lovestory doch ganz schön anrührend und süß und dabei so ungewöhnlich sein, der Einsatz der Filmmusik doch wohlig gut gefallen und die ewig langen Monologe und Auslassungen von Octavia Spencers Zelda doch zum schmunzeln anregen, der narrative Aufbau und die leider für mich fehlgeschlagene und irgendwie missratene Träumer-Attitüde von "The Shape of Water" bescherte mir eher leicht-genervtes Grummeln statt Schmetterlingen im Bauch.
        Und jetzt erst mal ein gekochtes Ei. Prost!

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          • Bester Film (10 Nominierungen)
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            MANCHESTER BY THE SEA
            BLADE RUNNER 2049
            STAR WARS 8: DIE LETZTEN JEDI
            MOONLIGHT
            HELL OR HIGH WATER
            SILENCE
            LA LA LAND
            DUNKIRK
            PERSONAL SHOPPER
            THE EDGE OF SEVENTEEN

            Beste Regie (10 Nominierungen)
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            Kenneth Lonergan (MANCHESTER BY THE SEA)
            Denis Villeneuve (BLADE RUNNER 2049)
            Barry Jenkins (MOONLIGHT)
            Martin Scorsese (SILENCE)
            Ang Lee (DIE IRRE HELDENTOUR DES BILLY LYNN)
            Rian Johnson (STAR WARS 8: DIE LETZTEN JEDI)
            Edgar Wright (BABY DRIVER)
            Damien Chazelle (LA LA LAND)
            Olivier Assayas (PERSONAL SHOPPER)
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            Bestes Drehbuch (10 Nominierungen)
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            Kenneth Lonergan (MANCHESTER BY THE SEA)
            Taylor Sheridan (HELL OR HIGH WATER)
            Martin Scorsese u.a. (SILENCE)
            Barry Jenkins (MOONLIGHT)
            Kelly Fremon (THE EDGE OF SEVENTEEN)
            Olivier Assayas (PERSONAL SHOPPER)
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            Bester Darsteller (10 Nominierungen)
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            Casey Affleck (MANCHESTER BY THE SEA)
            Ryan Gosling (BLADE RUNNER 2049)
            Frederick Lau (SIMPEL)
            Denzel Washington (FENCES)
            Lucas Hedges (MANCHESTER BY THE SEA)
            Mahershala Ali (MOONLIGHT)
            Chris Pine (HELL OR HIGH WATER)
            Jeff Bridges (HELL OR HIGH WATER)
            Ben Foster (HELL OR HIGH WATER)
            Mark Hamill (STAR WARS 8: DIE LETZTEN JEDI)

            Beste Darstellerin (10 Nominierungen)
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            Kristen Stewart (PERSONAL SHOPPER)
            Hailee Steinfeld (THE EDGE OF SEVENTEEN)
            Emma Stone (LA LA LAND)
            Ana de Armas (BLADE RUNNER 2049)
            Grace van Patten (THE MEYEROWITZ STORIES)
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            Kreativster/Ambitioniertester Film (5 Nominierungen)
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            BLADE RUNNER 2049
            MOONLIGHT
            LA LA LAND
            DUNKIRK
            PERSONAL SHOPPER

            Bester Independentfilm (5 Nominierungen)
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            MOONLIGHT
            THE EDGE OF SEVENTEEN
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            Bester Animationsfilm (5 Nominierungen)
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            Bestes Design (5 Nominierungen)
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            BLADE RUNNER 2049
            MOONLIGHT
            STAR WARS 8: DIE LETZTEN JEDI
            LA LA LAND
            SILENCE

            Bester Ton (5 Nominierungen)
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            DUNKIRK
            HELL OR HIGH WATER
            BLADE RUNNER 2049
            SILENCE
            BABY DRIVER

            Beste Musik (5 Nominierungen)
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            BABY DRIVER
            MOONLIGHT
            LA LA LAND
            BLADE RUNNER 2049
            HELL OR HIGH WATER

            Bester Schnitt (5 Nominierungen)
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            DIE IRRE HELDENTOUR DES BILLY LYNN
            BLADE RUNNER 2049
            SILENCE
            MOONLIGHT
            PERSONAL SHOPPER

            Beste Effekte (5 Nominierungen)
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            BLADE RUNNER 2049
            STAR WARS 8: DIE LETZTEN JEDI
            DUNKIRK
            LA LA LAND
            PERSONAL SHOPPER

            Beste Kamera (5 Nominierungen)
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            BLADE RUNER 2049
            PERSONAL SHOPPER
            LA LA LAND
            DIE IRRE HELDENTOUR DES BILLY LYNN
            HELL OR HIGH WATER

            Beste Serie (5 Nominierungen)
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            MASTER OF NONE (Staffel 2)
            THE LEFTOVERS (Staffel 3)
            FARGO (Staffel 3)
            MR. ROBOT (Staffel 3)
            NARCOS (Staffel 3)

            Bester Seriendarsteller (5 Nominierungen)
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            Gaten Matarazzo (STRANGER THINGS)
            Justin Theroux (THE LEFTOVERS)
            Christopher Eccleston (THE LEFTOVERS)
            Rami Malek (MR. ROBOT)
            Pedro Pascal (NARCOS)

            Beste Seriendarstellerin (5 Nominierungen)
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            Carrie Coon (THE LEFTOVERS)
            Carrie Coon (FARGO)
            Grace Gummer (MR. ROBOT)
            Carly Chaikin (MR. ROBOT)
            Lena Headey (GAME OF THRONES)

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              über Liebe

              Manchmal sind es die kleinen Dinge, die, ich weiß auch nicht, alles klar und deutlich darstellen und gleichzeitig alles in Frage stellen. Wenn die leisen Töne angeschlagen werden und damit die sprichwörtlichen großen Gefühle irgendwie, ja irgendwie "ungeschminkt", auf die Bühne geholt werden. Ohne Kitsch oder Pathos, wie man zu lesen vermag. Ich weiß nicht, was das Leben noch so bereithalten wird, aber ich weiß, wie das Leben manchmal und immer sein kann. Auch wenn das vielleicht wieder zu dialektisch gedacht ist. Wenn etwas immer da sein ist, da sein müsste, aber es sich nicht so anfühlt. „Liebe“, tja, das ist dieses alles überstrahlende Gefühl (ist es noch ein Gefühl oder doch schon etwas für sich?) und wenn man es erfährt, spürt man diese Sicherheit, die man niemals bekommen hat oder wird an einem anderen Ort und natürlich paart sich diese mit der Unsicherheit oder vielmehr Angst, all das wieder zu verlieren. Aber vermutlich ist das alles so viel mehr, als dass ich zu erkennen vermag, mit dem doch noch so recht jungen Herzen, voller Furcht und nur mit dem winzigen Anflug von Gelassenheit, der manchmal wohlig dazwischenfunkt. Es war mir gar nicht so bewusst, aber wie, wie so oft besungen, „brachial“ Hanekes Film nachwirkt, spüre ich der Logik wegen natürlich erst jetzt gerade und weiß nicht genau, was ich damit anfangen soll oder wohin diese Emotionen noch sollen. Genau genommen resümiere ich hier, dass alles so fantastisch schön sein kann, noch größer als die lebendige Verwirklichung der Stimmung deines Lieblingssongs, aber von so vielen gefühlten Gefahren bedroht zu sein scheint. Aber es lohnt sich doch, oder?

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              • Willkommen zurück!

                Da hat der werte Herr aber seinen Vorsatz ernst genommen und direkt was altes rausgekramt.
                Ich hab dafür heute schon zwei Filme geguckt, aber nur neue Sachen. Mal gucken, ob ich gleich Schlaf nachhole oder noch was nachschiebe.

                Gut ins neue Jahr gestartet?

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                • 8

                  Vorschläge für „Stranger Things“ – Netflix Televisional Universe:

                  Ich möchte ein Spin-Off mit Steve und Dustin als Ash-mäßige Monsterjäger („Steve & Dustin – Monsterhunters“, mir fällt gerade schon ein Theme-Song ein), während sie ununterbrochen über die Liebe, das Leben, Mädchen und passende Namen für die zu jagenden Monster quatschen. Dabei erscheint am Ende jeder Folge immer Bob und resümiert das Geschehen: „easy-peasy“.
                  Dazu gibt’s das Netflix-Remake von „The Graduate“ mit Dacre Montgomerys Billy als neuen Benjamin in der 80er-Ausgabe und Cara Bunonos Karen Wheeler als neue Mrs. Robinson. (Statt „Mrs. Robinson“ spielt irgendeine 80er-Band einen Song, der die Verse enthält: „I believe every heart needs a healer, why not Mrs. Wheeler“). Am Ende läuft Billy aber nicht mit der Tochter Nancy davon (sie ist schließlich nicht sein Typ), sondern Mrs. Wheeler mit Billys Vater und Billy wird erneut gedemütigt, vertreibt sich im Sequel die Zeit irgendwo in Chicago und schließt sich der Bande von Kali an, die weitere Mitglieder rekrutieren und eine Miliz im Kampf gegen das Shadow-Monster aufstellen. Am Ende der letzten Staffel der Serie opfert sich Billy für seine „Schwester“ Max, womit seine Existenz doch noch irgendeinen Sinn hat.
                  Bis zur Ausstrahlung der dritten Staffel müsste es noch einen Arthouse-Kurzfilm geben (eine Netflix-Premiere), in welchem in dadaistischer Manier Eleven und Hopper sich knappe dreißig Minuten ein Wortgefecht über die definitive Bedeutung von „soon“ liefern, inklusive elektronischer musikalischer Remix-Untermalung.
                  Wenn man Zeit hat, kann man Jonathans und Nancys „will they won’t they“ Romanze auch als kitschige Coming-of-Age-High-School-RomCom einschieben, muss man aber nicht.
                  (Weitere Vorschläge erwünscht.)

                  (Ein anderer Diskussionspunkt: weshalb sind Netflix-Serien eigentlich fast ausnahmslos gleichzeitig so scheiße und doch irgendwie gut? Liegt es an einer kulturellen TV-Serien-Konsum-Dialektik, die ich nicht verstehe? Hochwertig produziert, gekonnt inszeniert, gelegentlich arg vorhersehbar, aber spannend und sehenswert, aber irgendwie doch eher zum schlingen (bingen?) als zur Feinverkostung. Ist das einfach nur die übersteuerte Beschallung im Zeitalter eines Post-Quality-TV? Oder ist Netflix gar das Marvel des Fernsehens? (Passenderweise haben sie ja ihre eigenen Marvel-Serien, übrigens als e i n Universum angelegt.)
                  Vielleicht kann mir da jemand helfen.)

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                    alex023 18.03.2017, 18:42 Geändert 18.03.2017, 19:37

                    Spektakel ist man mittlerweile gewohnt. Das Kino ist Austragungsort der großen Schlachten rund um die kulturellen Erzählmuster. Mit Leichtigkeit erlebt man diese arg komplex gewordenen Zusammenhänge und behandelt sie wie Alltägliches.
                    Wie das süße Popcorn in dem großen Eimer, das wie für diesen Film gemacht zu sein scheint (oder auch andersherum), welches nur die ganze Dekadenz zeigt, die sich in diesem Beziehungsgefüge widerspiegelt.
                    Vorher gab es beim Italiener nebenan diese Riesenpizza, die man doch irgendwie aufessen konnte (mit Zeit), auch wenn wir dann bald wieder gehen mussten (weil der Tisch im 90-Min-Takt neu reserviert wird). Lustigerweise bereuten wir die paar Bier in der Bar gegenüber später, als wir feststellen mussten, dass es im Kino doch tatsächlich billiger gewesen wäre. Dafür kostet die Spätvorstellung dann auch gerne mal 12 Euro (billige Sitzkategorie, Studentenrabatt, aber eben 3D und Freitag). Geldscheine wechseln so rasant die BesitzerInnen, ein Wimpernschlag und es ist weg.
                    KONG: SKULL ISLAND ist ein merkwürdiger Film. Gleichzeitig aber relativ gewöhnlich. Man muss sich mit der Frage auseinandersetzen, was eigentlich und überhaupt passiert. Natürlich ist das alles Humbug, aber das sind Lichtschwerter und Zauberstäbe auch. Deswegen muss man die kulturellen Metaphern nicht ausblenden, sollte man nicht, darf man eigentlich nicht. Meinetwegen kann man den großen Affen bis in die Hose des Drehbuchautors analysieren – muss man aber nicht. Diese Welt ist irgendwie verrückt und ich weiß gar nicht, warum mir diese Einsicht so plötzlich kommt und dabei vorher doch bereits da war. Der Film ist schließlich auch ein Widerspruch in sich: völlig schematisch hebt er sich niemals auch nur als irgendetwas heraus, was man als etwas Besonderes klassifizieren würde; wenn auch die eigene Over-the-Topness schon bemerkenswert ist. Gleichzeitig übertönt dieser Bombast (siehe da: fast eine Synästhesie) wieder alles, weil dieser Gigant (Kong) auf dem Giganten (Leinwand) den Winzling (Publikum) mitreißt, um einen anderen Giganten (Schädelkriecher-Chef) zu besiegen, um die Winzlinge (Brie, Loki und so) zu retten.
                    Das ist irgendwie krasses Kino, schade nur, dass sie jetzt wieder eine Serie daraus machen müssen.

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                    • Der Schmerz über den Streich erfolge einerseits deshalb, weil die Glaubwürdigkeit des Preises darunter leide und andererseits, "weil der Auftritt des Ryan Gosling-Doubles so gar nichts Unterhaltendes" habe.

                      SO GAR NICHTS UNTERHALTENDES! SO!

                      Da ist aber jemand arg angepisst, dass er hochgenommen wurde.

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                      • Endlich noch ein Preis für "Hacksaw Ridge", das war ein toller Film.

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                          • Und es geht wieder los. https://twitter.com/thealex023/status/835991216688885760

                            Wie viele Oscars gewinnt "La La Land"? Mein Tipp: 8.

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                              alex023 24.02.2017, 20:24 Geändert 24.02.2017, 20:30

                              Manchmal denke ich, dass man sich so sehr zwischen all den anderen Menschen verliert, dass der Blick für richtig und falsch, gut und schlecht und alle anderen großen Konfrontationen versperrt wird. Immer dann ist man nicht im Stande, zu wissen, was man eigentlich will. Am Rande sausten Lichter von Häusern, Laternen oder sogar Taschenlampen (man mag es sich gelegentlich vorstellen) blitzschnell wie die Autobahn unter uns vorbei. Meine Gefühle spielten seltsam verrückt zu dieser Zeit, doch ich reduzierte die innere Aufregung mit einer Normalitätseinordnung, ja, war ich doch gerade 17 Jahre alt. Damals bestand der Alltag aus diesem sich stets wiederholenden Trott, mehrere, unendlich lange Schulstunden, von denen sich jede einzelne länger als 45 Minuten anfühlte. Der regelmäßige Schabernack mit dem Sitznachbarn in Englisch wurde zur Routine, das hitzige Wortgefecht zwischen dem Chaoten und der Deutsch-Lehrerin versüßte zwar den Augenblick, aber großes Glück waren nur diese Bio-Doppelstunden, in denen der Lehrer uns stets mit einem Haufen Arbeitsblättern für die komplette Zeit alleine ließ, um, naja, „kopieren zu gehen“; was für die meisten dummes Gelaber und Geläster bedeutete. Oh, der Christian hatte mit der Anna rumgeknutscht, auf dieser einen Party, zu der ich natürlich nicht eingeladen war.
                              In diesen frühjährlichen Tagen las ich gerade auf Empfehlung einer Mitschülerin hin den neuesten Hype in der „Young Dystopia“-Szene, wobei es wohl der erste dieser Sorte war, dem noch viele folgen sollten (womöglich hat nur „Twilight“ das alles begonnen): „The Hunger Games“, oder wie wir es natürlich nannten: „Die Tribute von Panem“. Zugegeben: ich fand das schon ganz nice. Auch wenn ich schon dieser Zeit irgendwie weitaus anspruchsvolleres verschlungen hatte, packte mich die Geschichte, obwohl ich den Schreibstil als schlecht abtat und mich die Protagonistin und Erzählerin nervte. Doch ich war so angetan von der Spannung, dass ich auch die beiden Fortsetzungen las. Zur gleichen Zeit behandelten wir im Englisch-LK zum ersten Mal Shakespeare und lasen „Much Ado About Nothing“, zu dem wir uns dann auch gleich eine Theateraufführung anschauen wollten. Kursausflug! Zum Glück gab es da diese paar Leute, die schon mit Volljährigkeit, Führerschein und Auto ausgestattet waren, da der Weg aus unserem Kaff bis zum Schauspielhaus nun nicht unbedingt ein Katzensprung gewesen war. Und während ich bei diesem Pärchen mitfuhr, alles irgendwie eine spannende, interessante Angelegenheit war (im Dorfleben passiert sonst absolut nichts von Relevanz), vermischen sich in meiner Erinnerung die Eindrücke von Theaterstück, Autofahrt, dem in der Pause verschwundenen Libanesen und dem Jugendroman zu einer großen, seltsamen Blase.
                              Geht es in der Geschichte von Katniss Everdeen nicht auch gerade darum, dass sie sich von einer relativ stabilen, weil sich so in Abhängigkeit von allem anderen befindenden, Selbstwahrnehmung zu einem Subjekt verloren in Eindrücken, zwischen Ratschlägen und Befehlen, eigenen Ideen und Entscheidungen entwickelt? Vielleicht bedeutet der Reifeprozess, den man in einem bestimmten Alter durchläuft (wenn man mit der westlichen Moderne sprechen möchte), so ein wenig das Gegenteil. Man versucht sich in bestimmten Zusammenhängen zu verorten und vielleicht mag das an irgendeinem Punkt endlich mal gelingen und man ist für den Augenblick zufrieden.
                              Ich erinnere mich noch daran, wie ich „Mockingjay“ lesend im Zug saß und mir vorstellte, dass man diesen doch eher blöden Roman doch, zumindest zum Ende hin, ganz ansprechend und spannend verfilmen könnte. Nun, ich hätte es bei der Vorstellung belassen sollen.

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                                  "Paris, Texas" ist einer dieser Filme, der nicht nur mit all dem irgendwie brachialen Nachwirken noch ein Stück besser wird, sondern auch wieder mal eigene Erfahrungen spiegelt und damit herauskitzelt. In diesem Fall müssen das gar nicht besondere Erlebnisse sein, es kann sich auch auf Gefühlswelten beziehen, die man damit betreten hat. Wie oft oder manchmal, wenn es gut genug war, tritt man aus dieser anderen, gelegentlich so fremden Welt hinaus in die eigene Lebenswirklichkeit, die dann nie wieder so richtig die gleiche zu sein scheint. Irgendein Aspekt hat sich verändert und vielleicht merkt man das die meiste Zeit gar nicht, aber situativ erkennt man es. In so einem Fall wie diesem genügte die Mischung aus U-Bahnfahrt, Regen und dem vorzüglichen Counting Crows-Album "August And Everything After", um die nun vorherrschende Gefühlswelte zu begehen, um nicht nur vom Kino aus fortzugehen, sondern um schlicht irgendwo hinzugehen. Auch wenn das Ziel in diesem Fall mein derzeitiges, bescheidenes Zuhause eines Zimmers in einer Studentenwohnheim-WG ist. Mir gegenüber saß ein groß gewachsener Mann, tiefschwarze Haare und Bart, etwas dunklerer Teint, in schickem, beigen Mantel, polierten Schuhen und einem staunenden, verwirrten oder sogar ängstlichen Gesichtsausdruck, der mich faszinierte und anzog, aber gleichzeitig verunsicherte. Ich konnte nicht richtig einschätzen, was in ihm vorging und zeitgleich stellte ich die Annahme generell in Frage (weil so modernistisch). Schweißperlen rannen an seinen Schläfen hinunter und seine weit aufgerissenen Augen offenbarten ein weiß, unterbrochen von roten Äderchen. Seine Atmung schien jedoch ruhig zu sein, vielleicht schlug das Herz etwas schneller als üblich, womöglich war er zur Bahn gerannt; vielleicht war das alles. Ich traute mich jedoch nicht, ihn anzustarren, weil ich es unhöflich fand und ihn auch nicht verunsichern wollte. Während nun der Regen an die Fensterscheibe prasselte, die Bahn über die Schienen bretterte und in meinen Ohren diese selige Stimme so melancholisch erklang, stellte ich mir selbst die Frage, was ich tun würde, wenn ich mit einer emotionalen Situation derartig überfordert wäre. Eigentlich bin ich gar nicht der Typ, der Flucht ergreifen würde, von meiner Mutter habe ich den Tick geerbt, das alles immer möglichst harmonisch sein sollte, auch wenn ich das genau ihr manchmal, verrückt wie es klingt, vorwerfe und mich oft dagegen sträuben kann und auch mit dem resultierenden Chaos einer unharmonischen Situation gut leben kann. Doch im Ernstfall würde es mich wohl sehr bestimmen. Also nein, ich würde stets alles regeln wollen, vermutlich, weil ich so sehr in den großen Erzählungen gefangen bin, mein Leben doch bestimmten Parametern und Zielen zu leben. Ich mein, scheiß auf Regelstudienzeit, aber es ist dann doch nur ein Semester länger geworden als das, weil ich manchmal einfach zu gewissenhaft bin und auch nicht einfach mal etwas schleifen lassen kann (für längere Zeit), obwohl ich so verdammt faul bin...
                                  Wie so oft in letzter Zeit, hätte ich in der all der Gedankenverlorenheit dann beinahe meine Haltestelle verpasst (aber natürlich nur beinahe, mir passiert das nämlich nie wirklich), durfte nicht erfahren, was es mit dem Mann mit den weit aufgerissenen Augen auf sich hatte und ob er sich auch in irgendeiner Gefühlswelt oder Erzählung verloren hatte oder ob er, wie Protagonist Travis, gar nicht wusste, wer, was, wohin und wieso.
                                  Aber so ergeht es uns ja meistens.

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                                    Worum es sich in zeitgenössischen Prozessen, die sich aus literarischen, filmischen oder anderen künstlerischen Werken ergeben, spiegeln und wiederholen, häufig zu drehen mag, sind die zunehmende Problemfrage von "Identität" und "Identitätskonstruktionen" und dem Ausdruck bzw. der Wahrnehmung dieser. Viel wird über den Umschwung vom Modernismus zu einer diesen und die vorläufige Romantik aufbrechenden Postmoderne geredet. Was wiederholt aufzutreten scheint, ist die Annahme über die (Selbst-)Erzählungen über das Selbst und gerade in diesem, nun ja, zeitgenössischen Kontext, die Übersättigung des Selbst. In pluralisierter, globalisierter und entgrenzter Lebens-, Welt- und Gesellschaftsform lebt es sich unsicher, instabil, immer und überall und dadurch womöglich mit Unbehaglichkeiten behaftet. Die Frage nach einem "Sinn des Lebens" ist womöglich fast so alt wie das intelligente Leben selbst, die großen Erzählungen von Bestimmungen, Schicksal, göttlicher Fügung wurden als Meta-Konstrukte des (manchmal) westlichen Wahrnehmungskonzepts von Realität identifiziert und dann steht man wieder am Anfang: was tun wir denn nun und warum und wer ist eigentlich wir?

                                    Interessant ist hier, wie David Foster Wallace (dessen Buch ich dann endlich mal lesen muss) die Ablenkungen, Verführungen, "Süchte" (die nicht so sexy sind) des Amerikaners (und natürlich meinen wir damit immer den West'ler) beschreibt und sich hoffnungslos-hoffnungsvoll-verwirrt-sicher in den Strudel von einer "spiritual crisis" (eigene Vermutung) begibt und (ganz unsexy wieder) schlicht "depressed" war/ist. Unreflektierte Menschen bezeichnen dies gerne als First-World-Problems, aber solche, wenn ernstgemeinte, "Feststellungen" sollte man sowieso ins Reich der Dummheiten und Fabeln verbannen. Die große Krise des eigenen Lebens als absolut notwendig für die eigene Identität, das hat schon klassisch Erik H. Erikson erkennen wollen, aber auch wenn wir heute mit den Ideen von "narrativem Selbst" weiter sein könnten (da haben wir jedoch wieder eine Fortschrittserzählung), kann man Aspekte davon immer noch benutzen und erkennen.

                                    Abschließend: fühlt man sich nicht total ertappt, wenn Wallace von der großen Fernsehsucht und deren Niederungen erzählt, während man nun, logischerweise, diesen Film sieht und dieser womöglich nicht der erste an diesem Tag, in dieser Woche, ... ist? Ironie, dieses teuflische Mittel.

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                                      Desmond: "No, I was just thinking that you're the most beautiful thing I've ever seen."
                                      Dorothy: "It must be because you see me in the dark."
                                      Desmond: "No, just're beautiful."

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                                        John Carney ist einer dieser Menschen, die man ganz offen mit diesem Klischee „Träumer“ labeln muss. So implementiert er doch stets märchenhafte Erzählungen in realitätsnahe Konstrukte. „Sing Street“ ist so ein, ja, modernes Märchen mitten in den Suchprozessen der 1980er-Jahre, eingeklemmt zwischen finanziellen Nöten, partnerschaftlichen Streitereien und sozialen Konflikten (jederzeit, immer wieder gesehen). Mit poetischem Charakter durchstreift Protagonist Conor („Cosmo“) bekannte Gefilde des Erwachsenwerdens; und doch scheint es, dass er viel mehr – im Gegensatz, als Gegenrede zu seinen Pendants – weiß, was er will, nur ihm die, wenn immer die Rede von der „schnöden Realität“ ist, genau diese einen Strich durch die Rechnung macht. Schließlich wird die Zukunft stets nach Risiken und Chancen kalkuliert (dabei wird ersteres bewusst an die erste Stelle gepackt); doch er entledigt sich dieses Gewichts, welches ihn immer wieder auf den Boden der tragischen Alltagssituation zurückzieht. Gut zu erkennen im Blick, den er und seine Schwester sich zuwerfen, wenn die Eltern mal wieder im Clinch liegen und ein Donnerwetter der Unstimmigkeit das Haus beinahe erschüttern lässt. Dann zieht Conor sich in seine Cosmo-Rolle zurück und – ganz gleich, ob mit Bowie’schem Make-Up oder dem Adam Smith-Style – er verfällt seiner Träumerei immer ganz und gar, wenn seine Liebe einfach singt. Das ist das befreiende Moment des Films, ausgezeichnet präsentiert in der „Prom“-Montage, in der sich Carney an dem amerikanischen Abschlussball-Klischee bedient und hier eine mögliche, völlig unrealistische Version seines Lebens (für den Moment) zeigt. (Sowas hatten wir ähnlich bei „La La Land“, nur in Gänze und ohne Moment-Charakter, weil sich beide Filme in einem wichtigen Detail auch unterscheiden).

                                        Das Beste am ganzen Film ist aber wohl, dass man es ihm einfach nicht übelnehmen kann, dass er so herrlich naiv und gutgläubig, sowie darin konsequent ist. Diesen Zucker muss man erst mal erträglich machen, John Carney gelingt das.

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                                          alex023 18.01.2017, 17:39 Geändert 18.01.2017, 17:43

                                          Neuerdings übt sich der Feuilleton diesseits und jenseits des Atlantiks munter darin, beinahe jegliche künstlerische Erzeugnisse mit "Trump's America" zu labeln, weil sie es, nun ja, einfach können. Ist immer trés chic, sich dem aktuell brodelnden politischen Reizthema anzunehmen und es möglichst auf alles herauf zu projizieren. In "Hell or High Water" geht es tatsächlich irgendwie um die ökonomisch Abgehängten, im Angesicht des gegenwärtigen Kapitalismus und inmitten neoliberaler Ideologie als Verlierer abgestempelte Südstaatler, die so ganz zumindest ein wenig cleveren Drehbuch-Schachzügen folgend, die Bank ausraben, welche sie zuvor beraubt habe. Hier übt sich der Film auch gut darin, seine Energie auf Vergleiche zwischen dem großen Diebstahl des Landes von den Native Americans durch die Weißen mit dem der Banken (und sehr wohl auch Konzerne) von den reichen Weißen zu verwenden. Dabei fungieren die Brüder Toby und Tanner auf der einen und Ranger Marcus auf der anderen Seite als Scharniere der verbreiteten Narrative der 2010er-Jahre (welche schließlich aus Entwicklungen der Nuller-Jahre resultieren).
                                          Wie üblich, arrangiert auch dieser Neo-Western eine einzige moralische Grauzone und verwehrt sich jeglicher Antwort oder Zukunftsprognose auf der Oberfläche. Die Verzweiflung des einfachen (weißen) Mannes (denn Frauen spielen hier eigentlich kaum eine Rolle) wird mehrfach ausgedrückt in Szenerien von Cowboys in ihrer traditionellen Aufgabe (die Flucht vor dem Feldbrand hier als Allegorie auf einer dem Untergang geweihten Subsistenzwirtschaft?) oder in einheimischen Kleinstädtern, die sich grob verächtlich und spöttisch über ihre großen Feine, die Banken, auslassen. Zum Schmunzeln anregend die alte Dame - manch einer würde sie selbst als wie aus der Zeit gefallen bezeichnen - welche ganz autoritär die Ranger zurechtweist und damit davon kommt, weil hier die Einfachheit der Alltagswelt um jeden Preis vor dem Pluralismus-Angebot der, nun ja, Postmoderne geschützt wird.
                                          Es scheint, als erlebten wir momentan diesen (letzten?) verzweifelten Reflex des Konservatismus, der noch alle letzten Kräfte mobilisiert, um der viel zitierten liberalen Fortschrittsgesellschaft die Stirn zu bieten. Wenn aber der Kapitalismus weiter in eigener Logik fortfährt, steht die Zukunft einer Gesellschaft in globalen Kontexten und Zusammenhängen auf arg unsicherem Fundament.
                                          Das ist zwar "Trump's America", aber eben auch eigentlich nichts weiter als eine logische Konsequenz aus jahrezehntelanger Entgrenzung jeglicher sozialen Räume und Zusammenhänge.

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                                          • Lesen Sie morgen auf moviepilot.de: wie Jimmy Smits es schaffte, den starken Wandel seiner Figur "Senator Bail Organa" im neuen STAR WARS-Film "Rogue One: A Star Wars Story" (jetzt im Kino, Tickets hier*) so darzustellen, als sei er nur eine Randfigur und wieso er bei den Oscars jetzt als Geheimfavorit für den Hauptdarsteller-Preis gilt.

                                            *Link funktioniert nur in Afghanistan

                                            WERBUNG: Jetzt im Kino: La La Land

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                                            • Star Wars - Warum alterte Luke Skywalker so schnell?

                                              In Krieg der Sterne lernten wir Luke Skywalker, gespielt von Mark Hamill, als jungen Mann kennen, der seine Tage auf dem Wüstenplaneten Tatooine verbrachte, bis er eines Tages auf Obi-Wan Kenobi traf.

                                              Vergleichen wir doch mal das Alter der Filmfigur Luke Skywalker mit dem tatsächlichen Alter des Schauspielers. Mark Hamill war bei seinem ersten Auftritt als Feuchtfarmerjunge gerade mal 26 Jahre alt, während Luke Skywalker in Krieg der Sterne 19 war - ein Unterschied von 7 Jahren. Im Gegensatz dazu altert Luke Skywalker zwischen Das Imperium schlägt zurück und Die Rückkehr der Jedi-Ritter 3 Jahre, während die Zeit dazwischen nur 1 Jahr beträgt - ein Unterschied von 2 Jahren.

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                                              • alex023 17.01.2017, 17:20 Geändert 17.01.2017, 17:20

                                                Warum alterte Senator Organa so langsam? Der Vergleich mit Obi-Wan Kenobi deckt auf: sie haben einfach denselben Schauspieler zwei Mal benutzt (Bild 4/7 in Galerie.)

                                                Wie sie das geschafft haben, obwohl die Prequels später gedreht wurden, nächste Woche bei Spiegel TV.

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                                                • Verspätetes Dankeschön! Ein guter Beitrag zum vergangenen Kinojahr, empfinde es immer wieder ähnlich: mittlerweile glaube ich in jedem Film den gesellschaftlichen Kontext zu lesen - was ja nur richtig ist, irgendwie.

                                                  • Den Gus van Sant muss ich mir schon mal merken, vom Rest habe ich noch nie was gehört. (Und da denkt man, man sei ein paar Jahre älter und wisse nun ein wenig mehr...pustekuchen!)

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