Johnzy - Kommentare

Alle Kommentare von Johnzy

  • Ich möchte mich an dieser Stelle bereits bei den treuen Moviepiloten bedanken,
    die mir jedes Jahr wieder ihre Filme spenden!

    • 8 .5

      Die Konstante im Werk Lanthimos bildet Unruhe, die sich stets auf den Zuschauer überträgt. Wie der Grieche das Auslösen dieser im konventionalisierten Genre des Kostümfilms unterzubringen sucht, ist definitiv einen Blick wert.

      Das historische Setting im französischen Krieg ist MacGuffin, ein weit entferntes Anliegen, welches im Vordergrund stände, wenn nicht permanente Komplotte das Bewusstsein am englischen Hof einnehmen würden. Die Strenge höfischer Regeln löst sich dabei immer wieder auf, wenn die Favoritinnen beginnen ihre Fäden zu ziehen. Dann wird unter der Fassade sozialer Sitten Platz gemacht für Suche nach Unterhaltung, die sich in Obszönitäten und bissiger Sprache niederschlägt. Eine Stilisierung und gleichzeitige Ächtung all der schönenden Umsetzungen historischer Stoffe, die im transgressiven Kino eines Lanthimos logisch erscheint, die sich andererseits aber auch aus dem Setting selbst begründet. In harten Zeiten wählte auch der Adel eine direkte Sprache, die eigene Anliegen ohne Umstände hervorbrachte. In Konsequenz entwickelt das virtuose Drehbuch drei Frauen auf Augenhöhe, die ihre sich oft gar wiedersprechenden inneren Impulse direkt auszuleben suchen. Dass die emotionale Ebene so direkt in Handlung gespiegelt wird, ermöglicht dabei dem Zuschauer einen vereinfachten Zugang in die absurde Welt der Figuren. Ein Zugang, um in den abrupten Stimmungswechseln der sich in haarscharfem Dialog stetig hochschaukelnden Dreiecksbeziehung nicht unterzugehen. Strukturiert wird das emotionale Qui pro quo durch stimmungsreiche Kapitelansagen, welche als wörtliche Zitate aus nachfolgenden Szenen gegriffenen sind. Meist unverblümt, manchmal mit metaphorischem Unterton, deuten sie Kommendes an. I dreamt I stabbed you in the eye. Der schwarze Humor ist aus dem Werk Lanthimos nicht wegzudenken. Statt in der üblichen Irritation durch Verhaltensumstände, welche bei Zeiten überfordertes Lachen auslösen, findet sich der Witz hier deutlich mehr in dem Spiel mit Sprache und Macht. Dies bietet sich im Kostümgenre auch offensichtlich an, wenn die Figuren in puppenhafter Bekleidung unnötig weitläufige Räume und Korridore entlangeilen, in denen nur die Stärksten nicht untergehen.

      Die Stränge ihrer Püppchen zieht Queen Anne, eine Figur der Akzeptanz, geformt durch vielzähligen Verlust und daraus hervorgegangener Depression. Dass unter dem Makeup aus Hysterie und Gebrechlichkeit noch immer eine kluge Frau durchleuchtet, ist dem grandiosen Schauspiel Olivia Colemans geschuldet, die ihre Rolle im Dreieck der Intrigen nicht hinter einer Karikatur zurückstellt. Unter dem ersten Eindruck der Dekadenz, ausgelöst im Bild von haustierischen Hof-Kaninchen, öffnet sich in der tragischen Bedeutung ein tiefer Brunnen der Trauer, der den gesamten Film über unter der humoristischen Oberflächenstruktur brodelt. Die Vergegenwärtigung der verloren Kinder und verbundenen Freude in Gestalt von 17 Kaninchen ist eine bravouröse Visualisierung des Gemütszustandes der Königin. Eine Charakterisierung, deren Wankelmütigkeit erst das hohe Tempo generiert und den gesamten Film zum reinsten Ritt macht. Denn die labile Königin lässt sich von ihren Mädchen nicht nur belachen und unterhalten, sie ist auch jederzeit bereit auf deren Avancen einzugehen. Augenhöhe der Figuren ist im Auf und Ab dadurch erreicht, dass die Königin ihre Willensschwäche über die Position enormer Macht auszugleichen vermag. Sowieso existieren die Favoritinnen am Hof nur über die Dynamik ihrer Macht zur Königin und gleichen ihr Verhalten, je nach ihrer Wahrnehmung der eigenen Stärke im Beziehungsdreieck, immer wieder neu an.
      Beide sind sie aus dem selben Holz geschnitzt, nur wenige Jahre bilden einen jedoch merklichen Altersunterschied. Rachel Weisz Sarah ist schon lange an der Seite der Königin und verweist als Grundlage komplexer Liebe auf absolute Ehrlichkeit. Love has Limits - It should not. Die Liebesfrage ist das Destillat ihres Konfliktes. In diesen wird sich Emma Stones Abigail drängen, wenn sie die Königin in bedingungslose Freundlichkeit bettet. Abigail wurde mit 15 im Kartenspiel an einen fetten Deutschen verloren und sucht, zunächst durch ihre Verwandtschaft zu Sarah, wieder aus dem Dreck aufzusteigen, bevor sie dieser schließlich ihre Ersetzbarkeit vorführt. Der schelmische Funke des Dialogs ergibt sich natürlich aus solch charakterstärkender Vergangenheit, ebenso, wie die verbale Stählung Sarahs durch Jahre der Machtausübung. Das Aufeinanderstoßen zweier Konkurrentinnen, die wissen, was sie wollen und wie sie es erreichen, bildet den Kern des Lustspiels. Stetiges gegenseitiges Wiederholen von Wortfetzen mit jeweils neuer Betonung signalisiert den flüssigen Übergang der Machtverhältnisse. Aus dem Ringen um absolute Dominanz ergibt sich wiederum offene Sexualität. I will not dismiss her, I like it when she puts her tongue inside me.

      Die angewandte Hinterlist der Favoritinnen ist in ihrer Absurdität natürlich zum Schreien, denn in diesem fiesen Spaß ist nie klar, wer denn die Hand Queen Annes behalten wird. Die Dialogführung, prägnanter als in den meisten Theaterstücken, erinnert in ihrem Tempo an Aaron Sorkin und sollte Deborah Davis und Tony McNamaramit zum Oscar für das Original-Drehbuch führen. Ausbalanciert werden die schnellen Wortwechsel durch ihre Ablösung im Score, der viele Szenen trägt. Der Misch klassischer und moderner Werke ist in seinem Einsatz oft treibend und nahezu immer stimmungsprägend. Ergänzt wird dieser technische Aspekt durch den außergewöhnlich fließenden Schnitt, der die drei Frauen stärker als üblich verbindet, Abhängigkeiten suggeriert und immanẹnte Szenenwechsel zulässt. Ebenso stützt die Kamera die Motive des Films. Während die Wahl der eingesetzten Objektive die Figuren im großen Goldfischglas des Palastes gefangen hält, zitiert die optische Verzerrung der Räume das Breitwandformat der Kostümfilme vergangener Zeiten. Auch das eingesetzte natürliche Licht erinnert an die Vorgehensweise Kubricks, der in Barry Lyndon quasi-barocke Kino-Gemälde schuf, diese aber nicht zur rein visuellen Spielerei verkommen ließ. Dass Dunkelheit hier noch wirklich dunkel ist, die Kerzen stetig gegen die Größe der Räume ankämpfen müssen, betont die klaustrophobische Stimmung und ruft in dieser düsteren Groteske Anklänge der Gothic Romanze hervor. Isolation ergibt sich auch daraus, dass die Kamera den Käfig des Palastes nie verlässt. Eine Einschränkung, welche Macht nur absoluter wirken lässt und aus dieser unlimitierten Macht wiederum sexuelle Spannung entwickelt. Wenn die Perspektivierung des Fish-eye, im Gegensatz zum Schnitt, die Distanz betont, durch Unter- und Aufsicht Machtverhältnisse verdeutlicht und in ihrem modernen Flair Konventionen bricht, dann bildet dies ein aufregend frisches Gesamtbild gefährlicher Liebschaften.

      Ein Sittengemälde, in dem letztlich immer klarer wird, dass in einem Spiel, in dem Mittel der Macht die drastische Wirkung aufbrodelnder Emotionen stützen, niemand als der Sieger hervorgehen kann. Dies bestätigt sich in Sarah, wenn sie in ihren Erpressungsversuchen der Königin nur sich selbst verstößt. Lanthimos führt in seinem Update des Kostümdramas Geiz, Selbsterhaltungswille, Angst und Liebe als Gründe des Machtstrebens vor, während er gleichzeitig dessen ätzende Wirkung verdeutlicht. Dass weder das Ringen um Macht oder Liebe ein Nullsummenspiel darstellen, ist pointiert in Abigails Schicksal der erneut abhängigen Hure, der Rolle, der sie zu entfliehen suchte. Wir bleiben wissend zurück.

      Some wounds do not close, bei Lanthimos gewinnt niemand.

      2
      • 6

        Was für billige emotionale Manipulation.
        ´feel good´ durch kapitalistische Ideale, manch einer würde gar sagen Wohlstandsporn, garniert mit kaum zündendem Humor, stereotypen Figuren und anstrengenden Popsongs.
        und ich bin voll drauf reingefallen.
        mei o mei,
        halbwegs vernünftig geschriebene starke Frauenfiguren haben halt was..

        5
        • 3

          Soll das Satire der Jugend sein?

          • 9
            Johnzy 07.12.2017, 02:16 Geändert 07.12.2017, 02:16

            Mein Indiedarling´17
            Soundtrack&Kamera... wunderbar anders und so besonders,
            Qualität in Ruhe und Detail
            Song des Jahres
            <3

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            • 8
              • 7

                Season 1
                The National Anthem 6/10
                15 Million Merits 8/10
                The Entire History of You 8/10

                Season 2
                Be Right Back 6/10
                White Bear 6.5/10
                The Waldo Moment 6/10
                White Christmas 7.5/10

                Season 3
                Nosedive 7/10
                Play Test 8/10
                Shut Up and Dance 5/10
                San Junipero 8/10
                Men Against Fire 4/10
                Hated in the Nation 7/10

                macht eine alles in allem interessante Serie mit wenigen ausrutschern

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                  • 1. Quentin Tarantino
                    2. Christopher Nolan
                    3. Andrei Tarkowski
                    4. David Fincher
                    5. Gonzalez Innaritu

                    • Nach meinem Revenant Tippdesaster vom letzten Jahr endlich wieder ein paar Filme für die Sammlung.
                      Dank an die Mittombolanten und Glückwunsch den anderen beiden

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                      • 18/24, mal schaun ob man mit 6 falschen die tombola noch gewinnen kann ;)

                        • 10

                          Nicht makellos,
                          doch Ausdruck purer Liebe für das Kino <3

                          10
                          • Die zu grunde liegende Trilogie ist eine der besten der modernen Fantasy, im Auge behalten ;)

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                            • 88 texte? das ist ja fast schon mehr als ein ganzes buch... hui :D
                              viel spaß jedem beim lesen

                              • 1

                                Erst im direkten Kontrast zum Rest der Darsteller fiel dem Casting-Director auf, dass es nicht die beste Entscheidung war den ersten Namen auf der von Google erstellten Liste der "like-able old actors for supporting Roles" zu wählen. Denn Morgan Freeman spielt hier nicht nur einen mittelalterlichen Burgheeren, er ist auch der einzige Schwarze vor der Kamera und somit selbstverständlich der erste Charakter der stirbt, hingerichtet durch das Urteil des bösen "Emperor" auf Grund einer we are the people-we have the power Rede.
                                -Allegorie für die Qualität des Films "Last Knights".

                                Join our heroic hero on his quest to take revenge for the death of his master, wich contains everything you expect from such a movie. One dimensional charakters, senseless dialoge, poor world building, weak acting, the most generic plot of the year and to top it off even a bad production with poor camera, soundtrack, lightning and some colour grading as black&white as the storyline. Don't dare to forget all the entertaiment you will get out of waiting 90 minutes for the first actual green-screen action-scene to happen, wich, of course, will be given a cool look through the use of slow-motion.

                                So do not loose your head laughing out loud about the highly original modern ending and leave the theater asking existential questions such as. "Why are those films even produced? -everybody knows they wont gross any money" & "How the heck did not one decent middle-age action-adventure flick come out in years?"

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                                  • Ich ärgere mich grade, nicht eine große Menge Geld gewettet zu haben.
                                    Aber hei, der gewaltige Pott is ein ganz wunderbarer "Trostpreis", der mich wohl recht effektiv von der Abiturvorbereitung abhalten wird :)
                                    Ein Danke an alle Moviepiloten die den Gewinn möglich machten!

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                                    • hei hei hei, glaube nur bei big hero 6 und regie daneben gelegen zu sein... Hoffentlich kommt meine tombola bluray auch an :D

                                      • Birdman, great Film 9 Nominations. So how does it feel to not be nominated?

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                                        • Will ich mal nicht so sein und auch mitmachen/ein paar DvDs abstauben :)

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                                            • Eine Minute "Fakten" über... Natalie Dormer ;)
                                              https://www.youtube.com/watch?v=l_gcCoqcgAk

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                                              • https://www.youtube.com/watch?v=OLZJ-E2CWuw
                                                "Alight" -ganz große, wunderschöne 2 Minuten! :)

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                                                  Der zweite Hobbit ist genau der Film den ich mir schon beim ersten erhofft habe. Fantasievoll, beeindruckend bebildert und mit einer fantastischen Besetzung (Cumberbatch!) sowie trotz der langen Laufzeit zu keiner Minute langweilig. Peter Jackson hat sich nach dem eher schwachen Einstand wieder gefangen, denn für mich ist Smaugs Einöde auf HDR Niveau und somit herausragende Unterhaltung sowie einer, wenn nicht der beste Blockbuster des Jahres.!

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                                                    A Beautiful Experience.!

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