Pfizze - Kommentare

Alle Kommentare von Pfizze

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    Wenn Suizid zum Spektakel wird: Dafür, dass sich hier auf die Fahne geschrieben wird, unangenehme Probleme von Teenagern furchtlos anzusprechen und auseinander zu nehmen, wird an der Selbstmord-Front ordentlich fetischisiert. Eigentlich ja ein wichtiges Thema und die guten Ansätze sind auch nicht von der Hand zu weisen, aber mit welcher Schamlosigkeit hier Traumata permanent als voyeuristische Antriebsfeder für den gesamten Plot herhalten müssen ("Du denkst das ist schon krass? Ja dann warte mal ab, bis du DEINE Kassette gehört hast!"), ist nicht zu fassen. Jeder Schicksalsschlag eine Punktemaschine am schönen bunten Flippertisch der pubertären Depression.

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      Iñárritu goes slapstick.

      Keine Ahnung, wie der Gute das hier noch überbieten will, aber in puncto Leidporno-Ästhetizismus hat er endlich (!) seinen Zenit erreicht. Ich vermisse eine Szene, in der Leo vom Kometen getroffen wird. Aber, klar, aus Sicht der Produktion eine absolute Meisterleistung. Außerdem geil: Bär, Tom Hardy. Nicht so geil: Jede Szene, in der Iñárritu durchprügeln will, dass er wirklich WIRKLICH was wichtiges zu erzählen hat. So biblisch wie möglich. Bah.

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        Pfizze 28.04.2015, 02:11 Geändert 28.04.2015, 10:56

        Spoiler

        Inherent Vice bezeichnet in der Seeversicherung alles, was sich nicht vermeiden lässt.

        Eggs break, chocolate melts, glass shatters, heißt es dazu im Film. Zeit lässt sich nicht vermeiden. Das ist weder für uns, noch für die Figuren in INHERENT VICE eine Neuigkeit, doch das macht es nicht weniger tragisch: Zeit zerstört alles und sie heilt keine Wunden, so viel steht fest. Doc hat das verstanden, zu gut vielleicht, und so treibt er vor sich hin, mit einem Fuß in der Vergangenheit. Eine Vergangenheit, von der wir nicht besonders viel wissen, ausser dass es sich dort besser gelebt hat. Unbeschwerter zumindest. Oder vielleicht gab es dort auch einfach mehr und bessere Drogen, aber das spielt überhaupt keine Rolle. Doc lebt sein Leben mit der Bürde, auf diese Vergangenheit etwas folgen lassen zu müssen, das den gigantischen leeren Raum seiner Zeit mit Shasta zu füllen vermag. Dass das vollkommen unmöglich ist, scheint er schon vor langer Zeit erkannt zu haben und so sehen wir diesem Nostalgiker dabei zu, wie er sich ziellos treiben lässt.

        Das einzige, was ihm bei der Orientierung hilft, ist sein moralischer Kompass: Er erkennt die Chance, Coy Harlingen dabei zu helfen, die Zeit vielleicht nicht unbedingt zu vermeiden, sie aber zumindest hinter sich zu lassen. Sie zu nutzen bedeutet, sich schamlos von Bigfoot für seine Rachepläne manipulieren und benutzen zu lassen, aber wen interessiert das schon? Doc jedenfalls nicht, der im ganzen Film nie so zufrieden aussieht, wie in dem Moment, in dem er Coy zuhause absetzen darf. Denn Coy hat es geschafft, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen, etwas, das Doc niemals gelingen wird. Auch nicht mehr mit Shasta an seiner Seite, die mit den selben Problemen zu kämpfen hat. Und so fahren sie gemeinsam durch den Nebel, ohne zu wissen was vor ihnen liegt. Hinter ihnen leuchtet irgendetwas, zumindest reflektiert der Rückspiegel ein Licht und wirft es auf ihre Gesichter, die bloß ein Lächeln erwidern und dann weiter geradeaus in den Nebel schauen.

        INHERENT VICE ist – ja, ich sage es – deshalb Paul Thomas Andersons bester Film, weil er der ehrlichste ist. Viel zu oft und völlig zu Unrecht auf seine komödiantischen oder (noch viel absurder) auf seine Qualitäten als Krimi reduziert, interessiert sich der Film ausschließlich für das Innenleben seines tragischen Helden, der in erster Linie ein sensibler Melancholiker und in zweiter ein Privatdetektiv ist. INHERENT VICE ist ein zweieinhalbstündiger, bis in die letzte Ecke aufrichtiger Trip durch die Gefühlswelt dieses naiven Romantikers, der sich mit seinen Idealen vielleicht ein bisschen verrannt hat, aber doch bloß Gutes will. Am Ende bleibt für ihn, wie für alle Figuren in diesem Film, nicht mehr viel übrig ausser die Einsamkeit. Die Einsamkeit, ein starrer Blick nach vorne in den tristen Nebel und ein gelegentliches Zurückschauen auf eine hoffnungsvoll leuchtende Vergangenheit, die zwar niemals wiederkommen wird, sich aber zumindest jederzeit und wohlbehütet im Rückspiegel anschauen lässt.

        Dieser nackte, ehrliche Blick auf Doc Sportello wird vor allem durch Paul Thomas Andersons erfrischend leichtfüßige Inszenierung ermöglicht. Zum ersten Mal trägt sein Film nicht die tonnenschwere Last mit sich, ein Meisterwerk sein zu müssen. INHERENT VICE' inszenatorische Brillanz lässt sich im Gegensatz zu der von beispielsweise There Will Be Blood nicht mathematisch eklären. Sie ist intuitiv und gefühlvoll und damit so humanistisch und verträumt wie der Held ihrer Geschichte. Es scheint, als konnte Anderson zum allerersten Mal vergessen, dass er sich am Ende seiner Karriere doch bei Kubrick, Altman und Scorsese einreihen wollte. Und damit hat er genau das getan.

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        • Dieser eine Moment, wenn im Hintergrund Wonderwall ertönt & die Leinwand regelrecht aufreißt, war die schlimmste Kinoerfahrung meines Lebens. Aber es sei dir gegönnt. ;)

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            Narzissmus - Der Film

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            • Einen Pluspunkt gibts für Hafti. <3

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              • Public Service Announcement:
                Sat.1 wird aufgrund niedriger Quoten die letzten sechs Folgen von House of Cards am Stück in der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember zeigen. Wir werden unser wöchentliches Format jedoch noch bis zum Ende der Staffel beibehalten.

                (Quelle: http://www.serienjunkies.de/news/house-cards-sat1-versendet-rest-55837.html)

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                  • Ich verstehe nicht, inwiefern eine nachweislich von Seekühen geschriebene Serie auch nur ansatzweise auf einem ähnlichen Level wie die Simpsons und vor allem South Park betrachtet werden kann...

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                    • Jeder Children of Men-Fan ist eine kostbare Bereicherung für die Redaktion.

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                      • "He made a famously brief stab at film school at NYU, quitting after two days because one professor dissed Terminator 2 and another gave him a C for a prose sample that was actually written by David Mamet." Hihi.

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                        • Da hat sich jemand meinen Dachzeilen-Traum erfüllt...

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                              • "There's an old Hollywood legend that when Michael Caine saw Mr. Van Dyke confidently slaughter any semblance of a Cockney accent, he did nothing, because back in the 60s Michael Caine was too busy fucking everything to death."

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                                • Achtung: Text kann Handschrift eines Fanboys enthalten.

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                                  • Der blutige Pfad Gottes > L.A. Confidential ... ?

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                                    • Alle Wertungen so um 3-4 Punkte runtersetzen, dann passts :D

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                                      • Zweifellos dein Opus magnum, Christoph. Ein bedeutender Moment für die Geschichte der Paginierung.

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                                        • Cronenberg auf der 97? I can not approve this list.

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