Ist Call of Duty brutaler als Mortal Kombat?

10.04.2015 - 19:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Ist Mortal Kombat X wirklich das brutalste Spiel?
Warner Bros.
Ist Mortal Kombat X wirklich das brutalste Spiel?
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Demnächst müssen wir mit der Indizierung von Mortal Kombat X in Deutschland rechnen: Durch den extremen Gewaltgrad katapultierte sich das Spiel ins Aus — doch ergibt das Urteil wirklich Sinn? Ist ein Call of Duty nicht sogar brutaler als die Fantasieprügelei?

Bevor wir uns der Frage zuwenden, ob der Gewaltgrad eines gängigen Call of Duty-Spiels nicht doch schärfer zu verurteilen sein sollte als die Brutalität etwa von Mortal Kombat X , drehen wir zuvor unsere Köpfe nach hinten und blicken auf eure Antworten zur letzten Community-Frage der Woche: Sind Easter Eggs nervig oder netter Fan-Service? 

User Veldrin teilte uns hierzu seine interessante Perspektive mit:

Generell sind Eastereggs eine nette Sache. Für mich spielts dabei auch keine Rolle wie aufwändig sie gestaltet und prinzipiell auch nicht wie schwer sie zu finden sind. Ich z.B. tauche gerne so richtig in Spiele ein und Eastereggs haben das Potential die Immersion sofort zu killen. Gerade bei storylastigen Spielen, da möchte ich, wenn überhaupt, nur dezente Eastereggs die man eben nicht direkt als Eastereggs wahrnimmt. Aber auch in storylosen Spielen bzw. Spielen mit belangloser Story welche einen ernsthaften Tenor anschlagen, können Eastereggs störend wirken, wenn sie zu arg sind. Beispielsweise die Halbnackten in Hitman wären mir schon zu viel. Sowas möchte ich da nicht haben – Ausnahme natürlich, wenn das Easteregg schwer zugänglich oder wirklich dezent sind, beispielsweise Goosemaneastereggs aus Counterstrike.
Aber auch bei nichternsten Spielen, wenn die Eastereggs das Gameplay negativ beeinflussen würden mich Eastereggs stören. Die Balance muss halt stimmen, damit die Immersion und Spielerlebnis nicht darunter leiden."

Die Frage dieser Woche entstand in Anbetracht der drohenden, wohl unabwendbaren Indizierung von Mortal Kombat X , das eigentlich am 14. April weltweit erscheinen soll — außer in Deutschland, wie es scheint. "Ist doch klar, echt brutal das Spiel!", rufen viele. Aber ergibt das wirklich Sinn? Ist die Gewalt eines Mortal Kombats nicht derart ins Fantastische gehoben und unrealistisch, dass sie dadurch sich selbst entschärft? Immerhin vertreten die Entwickler diese Meinung.  Sollte man sich stattdessen nicht überlegen, ob die realistische Gewalt eines Call of Duty, in dem reihenweise Menschen erschossen und misshandelt werden, nicht viel schwerer wiegen sollte als der Schlagabtausch im Fantasy-Gewand?

Hannes findet, dass Blut und gebrochene Knochen mit Gewalt verwechselt werden

Hier macht eben der Kontext die Musik, denn meiner Meinung nach ist nicht Gewaltdarstellung als solche problematisch, sondern wenn sie das reale Verhältnis zu tatsächlicher Gewalt beeinflusst. Und ich kann mir eben nicht vorstellen, dass jemand emotional verroht oder an empathischen Fähigkeiten einbüßt, nur weil auf dem Bildschirm Wirbelsäulen mit einem einzigen Griff aus dem Rücken gerissen werden. Nur weil es "realistisch" dargestellt ist, bedeutet dies nicht, dass uns eine derartige Gewalt im realen Leben begegnet. Ich bin kaum stark genug, meine eigenen Pickel auszudrücken, wo soll da denn noch mein Bezug zu solchen absurd tödlichen Prügeleien Platz finden?

Die Gewalt in Mortal Kombat ist ein fantastisch überdrehtes Stilmittel, ohne jeden Einfluss auf echte Gewalt. Vielleicht lernen wir etwas über Anatomie aber moralisch fragwürdig ist hier gar nichts. Dem gegenüber stehen moderne Militär-Shooter wie Call of Duty oder Battlefield. Mit realistischen Ansprüchen wird der Kampf auf dem virtuellen Schlachtfeld zum Leistungssport erhoben. Reale bewaffnete Konflikte werden mit übermächtigen Soldaten inszeniert, in denen das Töten stets gerechtfertigt ist, schließlich sind das doch alles die Bösen. Hier wirkt die Brutalität und Gewalt viel stärker, auch wenn weniger Blut fließt.

Phil findet, dass Gewalt nicht wegen der Gewalt eingesetzt werden sollte

Es gibt sehr viele Videospiele, in denen mich die Gewalt stört. So weiß ich beispielsweise bis heute nicht, warum Fallout 3  unbedingt auf das V.A.T.S.-System setzen musste, hier hatte ich eher das Gefühl, dass es tatsächlich nur darum ging, Gewalt in das Rollenspiel einzubauen, die keinen weiteren Zweck erfüllt.

Dem gegenüber stehen noch viel mehr Videospiele, in denen Gewalt essentiell ist. Sowohl Mortal Kombat als auch Call of Duty gehören dazu. Im Falle des Beat 'em Ups kann ich die Entwickler verstehen, die erklärten, dass Gewalt hier im Rahmen von Fantasie passiert. Die blutigen Fatalities dienen aus meiner Sicht dazu, den Siege über den Gegner zu visualisieren – in einer absurden und damit passenden Art und Weise.

In Activisions Shooter-Franchise ist Gewalt hingegen komplett anders zu verstehen. Der Titel soll Krieg bis zu einem gewissen Grad möglichst realistisch darstellen und dazu gehört eben auch, Schusswunden und Blut zu zeigen. Ganz zurecht bekommt Call of Duty dafür auch das rote USK-Siegel.

Dass Mortal Kombat genau das nicht bekommt, liegt meiner Meinung nach an grundsätzlich falscher Interpretation: Die Gremien scheinen Gewalt nur in ihrer vermeintlichen Wirkung, nicht aber in ihrer Intention zu prüfen.

Rae glaubt, dass Gewalt nicht gleich Gewalt ist

Gewalt in Spielen ist ein spannendes Thema, über das sich ebensolange sprechen und streiten lässt wie darüber, wie viel nun angemessen ist oder nicht. Wie Hannes bereits sagte, kommt es auf den Kontext an, in dem sie existiert. Hätte ein postapokalyptisches aber dennoch realistisches The Last of Us  ohne seine Brutalität funktioniert? Wie steht es mit dem Bürgerkrieg in BioShock Infinite , das allerdings schon eine ganze Spur fantastischer in seiner Darstellung ist, wenn ihr eure Gegner von Krähen zerfetzen lassen könnt? Sowohl Handlung als auch emotionale Atmosphäre verlangen es von diesen Spielen, einen gewissen Grad der Gewalt an den Tag zu legen. Gerade der emotionale Unterton ist es, der diese Brutalität besonders harsch wirken lässt – und genau der fehlt in Spielen wie Mortal Kombat.

Hier wird, wie Phil sehr richtig sagte, Gewalt um der Gewalt willen eingebaut und diese ist so überzogen, dass wir entweder lachen oder mit den Augen rollen, nicht aber traumatisiert werden. Mortal Kombat ist das Videospiel-Äquivalent zu überzogenen Splatterfilmen, die wir einfach nicht ernst nehmen können, weil sie nicht ernst genommen werden wollen.

Trotzdem werden sie mit demselben Ernst behandelt wie andere Spiele für Erwachsene. Anstatt aber auf den Kontext zu achten und sie danach zu beurteilen, wird bei der Einordnung nur auf die Darstellung selbst geachtet und das halte ich für einen Fehler. Verdienen Spiele wie Mortal Kombat ein rotes Siegel, das sie nur einer mündigen Zielgruppe zugänglich machen? Absolut. Gehören sie wegen ihrer Gewalt in Deutschland verboten? Nein. Damit bestätigen wir nur wieder einmal mehr das Klischee des humorlosen Deutschen, der nicht zwischen realistischer und satirischer Gewalt unterscheiden kann. Humor ist zwar bekanntlich Geschmackssache, trotzdem sollte das jeder mit seinem Geldbeutel selbst entscheiden dürfen.

Wie ist eure Meinung zu dem Thema?

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