Marvel-Star Oscar Isaac im Moon Knight-Interview: "Es ist schwer, am Leben zu sein"

21.03.2022 - 14:00 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Oscar Isaac in Moon KnightDisney
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Moon Knight ist eine besondere Marvel-Serie – und das auf mehreren Ebenen. Wir haben mit Oscar Isaac über schwierige Drehs, MCU-Klischees und den Wunsch nach Leichtigkeit inmitten der Dunkelheit gesprochen.

Wenn der Name Oscar Isaac fällt, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass jede:r eine komplett andere Assoziation im Kopf hat. Timothée Chalamets Vater aus Dune! Der Pilot aus den neueren Star Wars-Filmen! Oder: Der Typ, der wegen seines global akzeptierten Sex Appeals regelmäßig zum Meme wird. In jedem Fall aber einer der meistgefeierten Schauspieler seiner Generation.

Als ich Oscar Isaac in Berlin treffe, trägt er einen schwarzen Faltenrock und spielt einen Charakter, den ich bisher noch in keinem seiner Filme gesehen habe: sich selbst. Es ist Pressetag für Moon Knight, die neue Marvel-Serie, die ab dem 30. März bei Disney+ läuft. Später wird er im Bode-Museum die ersten beiden Folgen einer übersichtlichen Gruppe aus Influencer:innen, Schauspieler:innen und Journalist:innen wie mir vorstellen. Flächendeckendes Urteil: Moon Knight ist gut. Und passt so gar nicht zu dem, was wir bisher im MCU gesehen haben.

Moon Knight ist die bisher düsterste Marvel-Serie – und "erschüttert" selbst Oscar Isaac

Wer ist Moon Knight?
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In Moon Knight geht es um einen Mann, in dessen Körper zwei Persönlichkeiten leben: Der schüchterne Museumsmitarbeiter Steven Grant und der kompromisslose Söldner Marc Spector. Letzterer entpuppt sich als Reinkarnation einer ägyptischen Gottheit und ist somit die einzige Person, die die Erweckung einer ungleich mächtigeren mythologischen Figur verhindern kann. Der wahre Kampf von Moon Knight findet aber im Inneren seiner Hauptperson statt. Eine Tatsache, die Oscar Isaac während des Drehs sehr mitgenommen hat.

Moviepilot: Ich habe den Großteil der bisherigen MCU-Shows gesehen und muss sagen: Moon Knight fühlt sich sehr anders an. Ist das einer der Gründe, warum du die Geschichte für dich spannend fandest?

Oscar Isaac: Ich glaube, ich habe mich deswegen so von ihm angezogen gefühlt, weil ich eine interessante Möglichkeit gesehen habe, mit etwas wie einer Dissoziativen Identitätsstörung umzugehen. Das ist eine fast traumähnliche, albtraumhafte, höchst symbolische Störung, bei der du diese organisierenden Prinzipien für die verschiedenen Persönlichkeiten entwickelst, die in dir leben.

Diese organisierende Struktur kann zum Beispiel ein Schloss oder ein Labyrinth ein. Etwas, das bereits sehr visuell ist und der Natur der verschiedenen Persönlichkeiten entspricht. Den sehr symbolischen Charakter eines Superhelden und der ägyptischen Ikonografie zu nutzen, um eine sehr internalisierte, psychologische Geschichte zu erzählen, fühlte sich für mich sehr passend an.

Das passt natürlich zur Superhelden-Erzählung an sich, bei der es meistens um zumindest zwei Persönlichkeiten geht, die ein Mensch in sich trägt.

Genau. Bei Superheld:innen geht es generell um das Thema Identität. Clark Kent und Superman. Bruce Wayne und Batman. Iron Man und Tony Stark. Mein 5-jähriger Sohn will immer wissen: Wer ist er, wenn er nicht Iron Man ist? Wer ist dieser Typ, wenn er nicht Captain America ist? Es geht immer um die andere Persönlichkeit, die andere Identität. Wir haben also schon diese grundlegende Struktur.

Aber was passiert, wenn diese Person eine Dissoziative Identitätsstörung hat und eine ihrer Persönlichkeiten ein Superheld ist – oder zumindest zu sein scheint? Woher willst du wissen, ob er wirklich ein Superheld ist? Vielleicht ist er auch ein Bösewicht. Wer ist diese andere Persönlichkeit, die in dir lebt? Wir versuchen diese Ideen zu unterwandern. Für mich persönlich geht es in der Geschichte darum, irgendwann zu begreifen: Eigentlich ist Steven der Superheld.

In Oscar Isaacs Marvel-Charakter leben zwei Persönlichkeiten

So einen tiefen Einblick in das Thema psychische Störungen zu bekommen, ist sicherlich nicht nur für das Publikum schwierig. Gab es Situationen oder Szenen, die für dich als Schauspieler besonders belastend waren?

Ich will nichts spoilern, aber die fünfte Episode entwickelt sich in eine Richtung, die sehr heftig ist. Wir erfahren langsam, was wirklich passiert ist, welche Art von traumatischen Erlebnis zu dieser Störung geführt hat. Der Moment, in dem einen das wirklich klar wird, ist absolut erschütternd. Das war für mich sehr herausfordernd, auch wenn ich es nur spielen musste. Ich habe meinen Bruder ans Set kommen lassen, der ein sehr guter Schauspieler ist und manchmal eingesprungen ist. Das hat mir sehr geholfen.

Nach Batman war ich mir nicht sicher, ob ich gerade wirklich noch eine extrem düstere Superhelden-Geschichte ertragen kann. Aber ich war dann sehr überrascht, wie witzig die Serie trotzdem ist. Ich habe öfter gelacht als bei Loki.

Das freut mich. Das war mir so wichtig. Die Art von Humor ist auch sehr anders. Niemand macht bewusst einen Witz. Steven weiß nicht, dass er witzig ist. Er versucht einfach nur irgendwie mit den Ereignissen zurecht zu kommen – und zufällig tut er das auf eine sehr komödiantische Art und Weise. Er sprengt diese eigentlich sehr ernsten Comic-Buch-Momente, weil er überhaupt nicht in so eine Geschichte reinzupassen scheint. Das liebe ich an diesem Charakter.

Findest du es wichtig, dass Superheld:innen-Geschichten immer auch eine unterhaltsame Komponente haben? Dass sie nicht zu düster werden?

Ich habe kein Problem damit, wenn etwas sehr, sehr, sehr abgründig ist. Solange es sich frisch anfühlt und etwas Neues zu sagen hat. Bei Moon Knight war mir eine gewisse Leichtigkeit wichtig, weil einfach nur düster zu sein in sich ein Klischee ist. Und was ein Superheld:innen-Film nie sein sollte, ist ein Klischee. Oder eine Wiederholung von etwas, was wir schon gesehen haben. Das ist langweilig. Die Frage war also: Wie nehmen wir ein schwieriges Thema auch emotional sehr ernst und finden trotzdem einen Weg, es nicht prätentiös zu machen?

Es gibt diese niemals endende Diskussion darum, ob das MCU wirklich etwas Wertvolles, Tiefgreifendes erzählen kann – oder schlussendlich nur oberflächliche Unterhaltung bleibt. Wie stehst du dazu als jemand, der einerseits viele Blockbuster, andererseits aber auch Indie- und Arthouse-Filme gedreht hat?

Ich finde, dass jeder das Recht hat, etwas nicht zu mögen. Aus welchen Gründen auch immer. Also, fair enough. Ich mag Sachen, die ein bisschen komplizierter sind. Das klingt jetzt vielleicht sehr prätentiös, aber: Ich will mit meiner Arbeit etwas aussagen können, was Menschen dabei hilft, besser mit dem generellen Problem des Lebens umzugehen. Es ist nicht einfach, am Leben zu sein. Es ist nicht einfach, zu leben.

Ich habe mit Moon Knight eine Chance gesehen, über genau diese Fragen zu sprechen. Die Ikonografie und den Symbolismus dieser Welt mit den Ressourcen von Marvel zu verbinden, um etwas wirklich Kompliziertes, Vielschichtiges zu thematisieren. Etwas, wo es eben nicht so einfach ist, eine klare Meinung dazu zu haben.

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Moon Knight - S01 Introducing Moon Knight Featurette (English) HD
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Du arbeitest aktuell an mehreren Comic-Projekten. Ist das etwas, was dich schon als Kind sehr beschäftigt hat?

Oh ja, Spawn mochte ich immer sehr. Apocalypse auch, weil es da thematisch um die Apokalypse und das Ende der Welt ging. Gedanken, mit denen ich aufgewachsen bin. Generell war ich ein riesiger X-Men-Fan und habe die Comics gesammelt. Ich erinnere mich daran, dass ein Freund und ich uns immer überlegt haben, welche Schauspieler:innen wir für die Rollen casten würden. So in Richtung: "Stell dir vor, Tom Cruise wäre Cyclops und Julia Roberts Jean Grey! Oder Jack Nicholson als Wolverine!"

Dass ich mir das in meiner Jugend alles ausgemalt habe und wir jetzt an einem Punkt sind, wo diese Dinge wirklich produziert werden, weil es technisch möglich ist – das ist schon ziemlich verrückt. Aber ich muss sagen, dass Moon Knight für mich alles andere verdrängt hat. Ich bin einfach nur glücklich, dass dieser Charakter existiert.

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Wie findet ihr Moon Knight?

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