Mass Effect, Steam & Co.: Ist Fan-Einfluss schädlich?

01.05.2015 - 18:00 Uhr
Mass Effect 3
Electronic Arts
Mass Effect 3
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Mit Plattformen wie Kickstarter und dem immer größer werdenden Austausch zwischen Entwickler und Fans wachsen eure Einflussmöglichkeiten auf den Entstehungsprozess eines Spiels stetig. Aber bringt diese Entwicklung nur Positives mit sich?

Letzte Woche  stellten wir euch die Frage, ob Modder in ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden sollten, da sie mitunter nicht nur liebevolle Fan-Projekte entwickeln, sondern auch durchaus bedenkliche Inhalte entstehen (Stichwort: Vergewaltigungs -Mod). Gerade darauf bezogen sich viele unserer Leser in ihren Antworten.

Stefan Vitman, der uns via Facebook  schrieb, vertritt diesbezüglich eine deutliche Haltung:

NEIN zu solchen Mods. Irgendwo sind Grenzen gesetzt, egal ob virtuell oder nicht.

Auch Lukas Kunert Chicote lehnt derartige Mods ab und frag sich:

Vergewaltigungs-Mod, wie schrecklich, wie kann man so etwas machen?

Andere Leser stellen diese fragwürdigen Inhalte allerdings in Relation zur den sonstigen Gewaltdarstellungen vieler Spiele, wobei Fisnik U. Canolli mit Blick auf den Kommentar von Lukas einwirft:

Der junge Mann hat mit 13 eine bessere Ansicht über dieses Thema als einige Menschen, die ein Vielfaches seines Alters sind. Ich gebe dir sehr recht Lukas. Finde es auch mehr als fragwürdig, wie man so eine Mod erstellen kann. Mit so jemandem kann doch irgendwas gewaltig nicht stimmen.

Gamespilot-Nutzer Thyred wiederum fasst das Thema etwas weiter und bezieht es nicht auf inhaltliche Beschränkungen, sondern die Vertriebsmöglichkeiten und greift die Diskussionen  um käufliche Skyrim -Mods auf:

Monetarisierung ja, aber nur, wenn es ein durchdachtes System ist, das Missbrauch nicht so extrem leicht macht und die Käufer nicht so benachteiligt.

Wo wir auch schon beim Thema der aktuellen Community-Frage wären. Valves 180-Grad-Wende in dieser Sache verdeutlicht, wie viel Druck Spieler mittlerweile auf Firmen ausüben können. Auch das kontrovers diskutierte Ende von Mass Effect 3  und seine Folgen verdeutlichen diesen Einfluss, zeigen aber auch die Schattenseiten auf. Neben zumindest einigermaßen kreativen  (dennoch kindischen) Arten des Protests musste Entwickler BioWare vor allem im eigenen Forum wüste Beleidigungen über sich ergeben lassen, was einige Entwickler zum Anlass nahmen, ihre Aktivitäten dort weitestgehend einzustellen.

Fan-Liebling Morrigan spielt in Dragon Age: Inquisition eine tragende Rolle.

Daher möchten wir wissen, ob Entwickler wie Publisher eurer Meinung nach nur davon profitieren können, wenn sie sich den Wünschen ihrer Community beugen oder ob die Forderungen der Spieler ab einem gewissen Punkt auch negative Folgen haben könnten? Im Folgenden lest ihr dazu die Meinungen aus unserer Redaktion.

Tim lehnt Fan-Einflüsse nur in Extremfällen kategorisch ab

Das Feedback der Spieler bewerte ich positiv, solange es konstruktiv formuliert ist und die Entwickler nicht grundsätzlich in ihrer künstlerischen Freiheit einschränkt, weil ich besonders die Spiele schätze, die ihre Vision ohne zu viele Zugeständnisse verfolgen. BioWare beispielsweise balanciert bislang recht geschickt auf der viel zitierten goldenen Mitte. Sie haben ein gutes Gespür dafür, wenn Charaktere in der Community auf viel Gegenliebe treffen, räumen ihnen in weiteren Serienteilen dementsprechend eine größere Rolle ein, aber bestimmen immer noch selbst, wie genau sie diese ausgestalten.

Phil ist zwiegespalten

Die Aktion von Valve war ein ziemlicher Griff ins Klo. Ohne Zweifel war sich der Steam-Betreiber im Voraus darüber bewusst, wie die Community reagieren wird. Womit nicht gerechnet wurde, ist offenbar das Ausmaß des Protests. Ich könnte so eine kleine Rebellion auch tatsächlich gutheißen – wenn sie nicht auf so abscheuliche Art und Weise passieren würde.

Wagt ein Entwickler Schritte, die die Community nicht gut findet, wird er schnell mit Beleidigungen, Spott und sogar Morddrohungen dafür bestraft. In so einem Fall sollten Studios keinesfalls darauf eingehen und solchen Idioten nicht auch noch das geben, was sie lauthals fordern. Denn wer mich am liebsten umbringen würde, ist auch nicht mein Fan.

Dom denkt: "Wer Wind säät, wird Sturm ernten."

Viele Spieler diagnostizieren den großen Studios der Spieleindustrie aktuell eine akute Schwäche, sich gegen die Wünsche, fast schon Anordnungen ihrer Communities durchzusetzen. Doch für die Opfer dieser Kritiken, die Entwickler und Publisher selbst, gibt es nur schwerlich einen Ausweg aus der selbstgebauten Sackgasse.

Kaum eine Industrie ist so nah am Konsumenten wie die Spielebranche: Diese Entwicklung wurde durch Kickstarter, Early Access und Alpha/Beta-Phasen bis heute konsequent immer weitergetrieben. Daraus resultiert ein gewisses Selbstbewusstsein der Spieler, die sich immer häufiger im Recht sehen, wenn sie bestimmend in die Geschäftspläne der Industrie eingreifen. Mittlerweile gehören Morddrohungen und Beschimpfungen zum normalen Umgangston mit der Branche: Ein deutliches Zeichen für die Industrie, ihr Verhältnis zu den Communities zu überdenken und dort einen Mittelweg zu finden, wo man sich bisher mit Hoffnung auf Maximalprofit den Anordnungen der Fans beugte.

Rae kommt es auf die Balance an

Einer der Gründe, warum ich BioWare so mag, ist weil sie auf Fan-Feedback eingehen. Dragon Age II  zum Beispiel wurde von vielen hart für seine Monotonie und sein Level-Recycling kritisiert, in den DLCs war davon allerdings nichts mehr zu spüren und sie waren großartig abwechslungsreich. Das Ende von Mass Effect 3 wurde hart kritisiert, also folgte ein Extended Cut. Hat er alle Fans glücklich gemacht? Absolut nicht. Trotzdem finde ich, dass BioWare richtig gehandelt hat.

Ich habe meine eigene Meinung über das Ende der Shepard-Trilogie (das hier ist das wahre Ende  und jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein dreckiger Lügner), trotzdem respektiere ich, dass BioWare sich damals dafür entschied, unter ihren eigenen Bedingungen einen Schritt auf die Fans zuzumachen.

Es kommt eben auf die Balance an, wie man mit Kritik umgeht und wie man sie umsetzt. Dass man nie alle Fans glücklich machen kann ist ebenso klar wie die Tatsache, dass sie immer mehr fordern werden als Entwickler bereit sind zu geben. Solange aber beide Seiten im vernünftigen Dialog miteinander stehen und keine Drohungen, Beleidigungen, ... ausgetauscht werden, begrüße ich persönlich den Einfluss von Spielern auf die Branche.

Wünscht ihr euch mehr Einfluss seitens der Fans auf die Spieleindustrie?

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