Silent Hills wurde also eingestellt. Na und?

08.05.2015 - 15:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Angst, etwas zu verpassen
Konami
Die Angst, etwas zu verpassen
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Der Rosenkrieg zwischen Konami und Hideo Kojima sorgte nicht nur im Bezug auf Metal Gear Solid für Irritationen. Silent Hills wurde trotz Medienhype eingestellt und weltweit brechen die Fans in Tränen aus. Aber warum eigentlich?

Eigentlich passt es ganz wunderbar, dass die PlayStation 4 in einem schlichten Schwarz daherkommt, denn damit fügt sie sich der allgemeinen Trauerstimmung, die sich nach dem Bekanntwerden  der Einstellung von Silent Hills  über die sozialen Netzwerke dieser Welt gelegt hat. Die Quintessenz aus dem Unmut und den Tränen der Enttäuschung und Wut, mit denen der renommierte Publisher momentan zurechtkommen muss, ist relativ eindeutig.

Fuck Konami!

Hätte, wenn und aber

Aber wieso reagiert die Spielerschaft überhaupt so emotional auf das Ende von Silent Hills? Was unterscheidet Silent Hills von anderen Spielen, die vor ihrer Zeit (sogar vor der Bekanntgabe erster Details) eingestellt wurden? Zugegeben, schon auf dem Papier klang die theoretische Zusammenarbeit von Hideo Kojima und Guillermo del Toro nach einer wahren Verheißung.

Die beiden kreativen Köpfe gehören zu den großen Geschichtenerzählern unserer Zeit und haben mehrfach ihr Händchen für erzählerische Ansätze bewiesen, die aus der grauen Masse herausstachen. Vielleicht wäre hier wirklich ein Dream Team entstanden, womöglich wären aber auch einfach zwei exzentrische Köpfe aneinander geknallt.


Tatsächlich geht es bei dem Hype um Silent Hills gar nicht um Hideo Kojima oder Guillermo del Toro und schon gar nicht um Norman Reedus. Die große Vorfreude auf den nächsten Silent Hill-Ableger nährt sich ganz allein aus der schauderhaften Effektivität von P.T., dem Playable Teaser, der uns Silent Hills damals überhaupt erst ankündigte. Innerhalb von zwei Stunden schaffte es der ewigliche Rundgang durch den Hausflur, klassische Horror-Mechaniken an die Hand zu nehmen und in ein kompaktes, mystisches Geflecht einzupflegen, das uns noch heute beschäftigt. Wenn der Teaser schon derartig großartig war, wie gut muss dann erst Silent Hills werden?

Das andere Paar Schuhe

Wir wissen so gut wie gar nichts darüber, wie Silent Hills im Endeffekt ausgesehen hätte, aber eine Sache ist für mich klar: Silent Hills hätte rein gar nichts mit P.T. gemein. Wie könnte es denn auch? Das besondere Spielgefühl des Teasers baut auf spielmechanische Entscheidungen und einer Erzählweise auf, die mit einem Großprojekt, wie es Silent Hills wohl geworden wäre, nicht vereinbar ist. P.T. war ein kostenloses Marketing-Experiment, das sich keinen finanziellen Zwängen unterwerfen musste. Erst durch diesen wirtschaftlichen Glücksfall konnten die Entwickler überhaupt ihre kreativen Freiheiten entnehmen, die für P.T. nötig waren.

Silent Hills wäre für Konami aber ein definitives Risiko gewesen. Wo bei P.T. noch die aktuellen Gepflogenheiten des Horror-Genres ignoriert werden konnte, hätte Silent Hills unter dem Druck gestanden, nicht nur die Brücke zu den früheren Silent Hill-Spielen zu schlagen, sondern auch gegenwärtige Survival-Mechaniken zu integrieren. Ich halte es für wahrscheinlich, dass Norman Reedus auch mit Waffengewalt in der Stadt hantiert hätte, die er am Ende des Teasers mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck betritt.

Wer originellen Grusel sucht, kommt an P.T. wortwörtlich nicht vorbei

P.T. zeichnet sich durch die Kompaktheit von Raum und Zeit aus, die jeweils den erzählerischen Ansprüchen der Entwickler zuspielten. Zum einen erlaubte die minimale Spielwelt, das Problem von unzureichenden Ressourcen zu umgehen und gleichzeitig mit der Loop-Mechanik für ein originelles, alptraumhaftes Szenario zu sorgen. Die geringe Spieldauer hielt den hohen Informationsgehalt des Spiels nah beieinander und nahm damit Rücksicht auf das Kurzzeitgedächtnis des Spielers.

Übertragen auf Silent Hills würden sich diese Aspekte aber kaum aufrecht erhalten lassen, denn der finale Abgang in die Straßen einer Stadt deutet auf eine weitläufige Spielwelt hin, die wohl kaum die narrative Dichte des Teasers aufweisen könnte. Die Spielzeit dürfte ebenso rasant steigen, wenn wir uns vor Augen halten, dass das zweistündige P.T. eben "nur" einen Teaser darstellt.

Tränen der falschen Enttäuschung

Die Effektivität des Playable Teasers ensteht durch eine sehr spezifische Auswahl an spielerischen Aspekten, die allein in Verbindung mit dem Konzept von P.T. Früchte tragen konnten. Silent Hills hätte anders funktioniert und P.T. würde allenfalls als Mood Piece dienen. So schade es auch immer ist, wenn Spiele eingestellt werden, so wenig müssen wir Silent Hills nachweinen. Der Einfluss des spielbaren Teasers auf Spieler sowie Entwickler bleibt aber bestehen und wenn auch nur ein einzige Idee für ein ähnliches Projekt geboren wurde, hat P.T. seinen Soll erfüllt.

Einzig die Tatsache, dass sich Konami dazu entschieden hat, den Playable Teaser aus dem PSN-Store zu entfernen  und ihn damit einer barrierefreien Archivierung zu entziehen, ist ein Grund, den Publisher unhöflich anzurempeln, solltet ihr ihn gedankenverloren an der Tiefkühltheke im Edeka stehen sehen.

"Ups. Na, das tut mir aber leid."

Disclaimer: QWER ist eine Kolumne der gamespiloten. Die hier getroffenen Aussagen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der gesamten Redaktion wider, sondern beziehen sich auf den jeweiligen Autor selbst. Erst lesen, dann kommentieren.

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