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Soundtrack: Life

01.03.2016 - 00:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
You like The Smiths?!
20th Century Fox, bearbeitet von Grimalkin
You like The Smiths?!
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In diesem Monat geht es um „The Sound of Music“ und für mich stellt das eine Herzensangelegenheit dar; ich hatte so viele verschiedene Vorstellungen, wie ich meine Liebe zum Filme und die damit verbundene Musikleidenschaft adäquat im geschriebenen Wort unterbringen kann. Letztlich floss es nur so aus mir, wie Tränen, die ich vergießen möchte, jedes Mal, wenn ich „There is a light that never goes out“ höre.

Zwischen frohsinnlicher Hingabe und melancholischer Verzweiflung erklingt die sanfte Tonhöhe von ihrer Stimme in den Abgründen der Sehnsuchtsmanifestation von Morrisseys Gesang. „To die by your side is such a heavenly way to die“ schwingt sanft durch die schmale, nach oben rasende Einzwängung des Aufzuges, seine Lippen umspielen ein überraschtes, vermeintlich etwas von tragender Bedeutung realisierendes Lächeln. Mit einem erfreuten Schock in den Augen blickt er ihr hinterher und bleibt verdutzt stehen.

*Schnitt*

Von seltsamen Kopfschmerzen geplagt verharrt er, den Schmerz des Verlustes nicht im Ansatz fühlend oder gar begreifend, auf dem Sitz und ist von fader Stille umgeben. Doch diese wird unterbrochen von dem etwas komischen Mädchen mit dem süßen Lächeln. Den störenden Hund ignorierend blickt er mehr gleichgültig als wirklich interessiert zu ihr herüber und merkt auch nicht auf Anhieb, dass sie eine verboten-schräge Lügnerin ist. Aber mit einem hat sie definitiv recht, nämlich, wenn sie ihm zuflüstert: „You gotta hear this one song, it’ll change your life, I swear!”

*Schnitt*

Filme haben mein Leben verändert. Sie tun es noch jedes Mal, wenn ich sie wieder schaue und sehe, was ich erlebe und fühle, was ich sehe. Und das ist auf so vielen Ebenen, in etlichen Momenten und Situationen passiert, dass man sie gar nicht aufzählen kann. Aber gerade die Musik war und ist ein zentraler Bestandteil meiner cineastischen Erfahrung; und das so sehr, dass sich beinahe mein ganzer Musikgeschmack auf Filme stützt, denn sie haben mich zu so vielen wunderbaren Künstlern geführt, die ich ohne sie nie oder erst viel später entdeckt hätte.

*Schnitt*

Die Sonne geht fast unter, als er ihr entgegen fährt. Der gesamte Laderaum des Pkw ist voll mit seinen Sachen. Es fühlt sich an, als hätte er sein gesamtes bisheriges Leben eingepackt und das, was davon noch übrig und nicht zu transportieren war, zurückgelassen. Zuhause weint die Mutter vor Trauer, Angst und Stolz; einer wesentlich verständlicheren und normaleren Mischung, als es auf Anhieb den Anschein trägt. „So let me go, I don’t wanna be your hero, I don’t wanna be your big man, just wanna fight with everyone else”. Die Emanzipation, die über die jugendlichen Jahre so schrittweise erfolgt und befreiend wirkt, ist im entscheidenden Moment ganz gegenteilig bedrückend und bringt eher Tränen als Lachen hervor. Aber das ist zu überwinden, wenn man den sanften Klängen der Zukunft lauscht. Denn es ist in Ordnung, sich vor dem, was kommt, zu fürchten. Solange man noch etwas fühlt, ist alles okay. Irgendwie.

*Schnitt*

Sie liegen sich in den Armen. Verträumt blicken sie in den Himmel und für den Moment verschwindet die unsichere Zukunft hinter den bunt-leuchtenden Raketen, die am Himmel des Independence Days explodieren. „Hey now, hey now, don’t dream it’s over” erklingt ganz konträr, aber so kitschig-schön mit dem idealistischen Blick in die Ferne verbunden, dass diese Hymne der Sehnsucht gerne ewig spielen dürfte – wenn der Moment sich so in ewige Dauer verwandelt. Es ist eine Sequenz, aneinandergereihte Momente des Abschaltens und letztlich der Unendlichkeit. Gleich im Augenblick danach müssen sie sich wieder dem Ernst des Lebens, der unentweglichen Realität stellen. Doch im Augenblick sind sie frei und letztlich ist dieser doch vielleicht alles?

*Schnitt*

Ob „The Smiths“, „The Shins“ oder unzählige weitere, sich teilweise auch daran anschließende Bands und Künstler: ich habe der Filmwelt nicht nur die lehrreichen Stunden mit ihnen selbst zu verdanken, sondern auch eine nicht endende, vermutliche Ewigkeit mit ihren Soundtracks und Songs und ihrem Gefühl, welches sich stets neu entfaltet.

*Schnitt*

„Well I have been searching all of my days, all of my days. Many a road, you know, I've been walking on, all of my days“. Werden sie es schaffen? Unter bittergrauen Wolken, mit kaltem Wind im Rücken, schweift der Blick über die grünen Felder, leer gefegt wie das innere Gefäß der Hoffnung. Alles scheint immer zur falschen Zeit zu passieren, alles scheint immer zu zerbrechen. Doch mit erstaunlichem Sanftmut und einem unheimlich entschleunigenden Optimismus beruhigt er sie und ihr Gewissen; so gut es eben geht, denn letztlich kann man nie ganz befreit werden von dem Schrecken, der über der Angst des Versagens, Verlustes oder schlicht dem, was kommen mag und wird, liegt.

*Schnitt*

Ein Schritt, zwei Schritte, dann immer schneller und schon erhöht sich das Tempo, die schmalen Rollen drehen und drehen und drehen und er steht oben; schmeißt seine Arme empor zum Himmel und lächelt. Einfach, weil er es in diesem Moment möchte; weil er es kann; weil er ausblendet, was ansonsten war, ist und sein wird. Einmal nur leben, atmen, singen, tanzen, die Welt spüren und sich dem eigenen Enthusiasmus ob der bloßen Existenz im Augenblick ganz und gar hingeben. „I don’t believe that anybody feels the way I do about you now“. Es hält nicht länger als den Moment; aber das ist immerhin etwas und nichts, was man einfach so unterdrücken möchte, sollte oder müsste. Vielmehr liegt etwas sehr Erstrebenswertes in dieser Konstruktion. „And after all, you’re my wonderwall“.

*Schnitt*

Nun verharre ich manchmal und in meinem Kopf spielen sich die Szenen immer und immer wieder ab und dann möchte ich etwas ändern, doch kann es nicht. Nicht nur das, sondern eigentlich viel mehr parallelisiert mein repetitives Leben; Erfolge und Niederschläge, Freude und Traurigkeit, Liebe und Sehnsucht, Einsamkeit, Angst und Hoffnung. Im Augenblick bin ich glücklich, aber nie schafft man es darüber hinaus. Denn wie schon?

*Schnitt*

Die Kamera folgt dieses Mal nicht ihm, sondern er folgt ihr. Mit dem Blick der Klarheit passiert er die folgenschwere Eskalation. Zwischen dem Eskapismus des Alltags, der in nichts als einem derart dekadenten Hedonismus mündet, dass man sich fragen muss, welchen Sinn alles denn noch ergeben kann; da erkennt er den Wert der Liebe und des Liebens. Zum Glück findet er diesen Augenblick, um sich schließlich auf der Bank niederzulassen und gen Horizont zu starren. Denn dort sitzt sie und sie hat schon gewartet. Dass sie nur wenig später aufbricht und ganz, ganz weit weg in die Ferne verschwindet, ist für diesen Moment doch unwichtig. „Oh, baby, baby, it’s a wild world. It’s hard to get by, just upon a smile“.

*Schnitt*

Der Tunnel. Auf der Ladefläche des Pick-ups sitzen, die besten Freunde an der Seite wissen und realisieren, dass Erwachsenwerden doch nur mal wieder etwas ist, was man durchstehen muss. Oder? Vielleicht ist der Prozess auch letztlich (sinnbildlich oder sogar im Ganzen) das ganze Leben. Eine Analogie wird zur Synthese. Die flackernden Lichter der Laternen, in schön poetischer Art orange wie die Gesichter der Menschen, stehen dem blauen Dunst der Nacht gegenüber und spielen in den funkelnden Augen der Adoleszenten verstecken. Irgendwann werden alle Augenblicke nur Fotos in der Erinnerung sein, aber jetzt gerade ist es real, jetzt ist wirklich und jetzt ist es wichtig. Wirklich wichtig, denn die Gefühle, die sich so intensiv in der Jugend ausbreiten, umspannen die ganze (Selbst-)Definition der Identität. „We can be heroes, forever and ever“.

*Schnitt*

Vielleicht spielt es aber auch keine Rolle, dass man nur im Augenblick spürt, was ist, was man ist. Denn der Augenblick ist das ganze Leben. Nichts davor, nichts danach spielt so sehr eine Rolle wie der Moment, der dich selbst zu jederzeit vereinnahmt. Denn nicht ich nutze den Moment, er nutzt mich. Und das wiederholt sich immer und immer wieder. Unaufhörlich; doch es muss uns gar nicht bitter aufstoßen, denn wir haben diesen Augenblick doch immer wieder. Ich spüre sooft, wie sich mein Leben scheinbar von Filmen inspirieren lässt; weil man wieder scheitert, manchmal an den einfachsten Dingen. Meistens aber an den ganz großen, abstrakten, so ungreifbaren Dingen. Die Liebe zum Beispiel. Und Musik ist wie Liebe, Film ist Liebe und der Augenblick läuft geradezu über davon. Man muss es nur zulassen.

„Please please please let me get what I want, this time!"

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Meine Kolleginnen und Kollegen:

Grimalkin: Joe und Takeshi am Strand

chita91: Soundtracks und Filme oder leg da einfach einen Song drunter

ElsaWaltz: Fantasia - Disneys ganz besonderer Zauber

Absurda.: Was ist Rock'n'Roll und wie viel ist davon noch übrig geblieben?

HannaLotta: And in this moment I swear, we are infinite

pleasant28: Rhythmus und Percussion in der Filmmusik

(VINCENTVEGA): Eine verkannte Legende

Amarawish: Eine musikalische Geschichte

Friedsas: Zwischen Gewallt und dem Groove


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THEMA FÜR DEN 1. APRIL: Animalisch

Ein Monat für Tierfreunde! Alles, was mit Tieren zu tun hat, ob real oder animiert, ob Tintenfischszene aus "Oldboy", der Bär aus "The Revenant", "My Little Pony: Friendship is Magic", Disney's "Der König der Löwen" oder ganz neu: "Zoomania". Dieses Thema wird ein tierischer Spaß!

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